Antisemitisums-Eklat

Documenta-Forum fordert Fehleranalyse und Dialog

Wieder miteinander statt übereinander sprechen, sachliche Fehleranalyse statt Ruf nach personellen Konsequenzen - das wünscht sich das Documenta-Forum von den Verantwortlichen in Kassel, Berlin und Wiesbaden. Das sei man auch den vielen Künstlern schuldig, die in in der nordhessischen Stadt zu Gast sind

Im Antisemitismus-Eklat bei der Documenta fifteen hat das Documenta-Forum die Verantwortlichen in Kassel sowie beim Bund und Land Hessen zu einer Fehleranalyse und zum Dialog aufgerufen. Für die antisemitischen Elemente sei die Weltkunstschau zu Recht kritisiert worden. "Der Schaden, welcher der Documenta damit zugefügt wurde, ist erheblich", erklärte das Forum am Montag in Kassel. "Leider haben eine Reihe Kasseler, Wiesbadener und Berliner Debatten der letzten Tage eher verstört, statt Klarheit zu schaffen. Statt eines orientierenden Dialogs der wichtigen Institutionen und der demokratischen Parteien war er eher von punktuellen Selbstdarstellungen und Betonierungen der jeweils individuellen Position geprägt."

Das Documenta-Forum ist eine Art Freundeskreis, der die Weltkunstschau unterstützt, aber auch eigene Projekte umsetzt. Man bedauere, dass die Bitte des Kuratoren-Kollektivs Ruangrupa um Entschuldigung "und ihre nachdenkliche, ernsthafte und reflektierende Haltung, eventuell inkriminierte Exponate zurückzunehmen, nahezu wirkungslos" geblieben sei. Mehr als 1500 Künstler seien Gäste Kassels. "Sie haben es nicht verdient, unter Generalverdacht gestellt zu werden", erklärte das Forum. "Sie zeigen uns eine andere Sicht auf die Kunst der Welt, das sollten wir wertschätzen und sie hier nach wie vor willkommen heißen."

Im Kern gehe es bei der Auseinandersetzung um die Freiheit der Kunst, die wie jede Freiheit ihre Grenzen habe und ohne Verantwortung nicht zu haben sei. Man respektiere die selbstkritische Sicht der Documenta-Verantwortlichen. "Ihre aufreibende Arbeit darf – gerade auch unter Corona-Bedingungen – nicht in Bausch und Bogen verurteilt werden", hieß es. "Statt jetzt vordringlich nach personellen Konsequenzen zu rufen, sollte eine Fehleranalyse erstellt werden." Angesichts der weit über Deutschland hinausreichenden Bedeutung der Ausstellung wäre zudem "dringend zu wünschen, dass die Verantwortlichen in Kassel, Wiesbaden und Berlin mehr miteinander als übereinander sprächen".

Kurz nach der Eröffnung der Schau, die neben der Biennale in Venedig als wichtigste Ausstellung für Gegenwartskunst gilt, war eine Arbeit mit antisemitischer Bildsprache entdeckt worden. Das Banner "People's Justice" des indonesischen Kunstkollektivs Taring Padi war daraufhin abgehängt worden. Die Organisatoren der Ausstellung hatten als Konsequenz unter anderem angekündigt, alle weiteren Werke auf antisemitische Inhalte zu prüfen.