Der Direktor der Stiftung Jüdisches Museum Berlin, Peter Schäfer (75), ist zurückgetreten. Schäfer habe Kulturstaatsministerin Monika Grütters am Freitag seinen Rücktritt angeboten, "um weiteren Schaden vom Jüdischen Museum Berlin abzuwenden", teilte das Museum am Abend mit. Grütters erklärte, sie respektiere die Entscheidung Schäfers. "Alle Verantwortlichen müssen dazu beitragen, dass sich das Jüdische Museum Berlin wieder auf seine inhaltlich wichtige Arbeit konzentrieren kann", hieß es weiter.
Bis ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin gefunden sei, übernehme der Geschäftsführende Direktor Martin Michaelis die Leitung. Am 20. Juni werde Grütters eine Sondersitzung des Stiftungsrats einberufen, erklärte das Museum.
Der Zentralrat der Juden in Deutschland teilte auf Twitter mit, er begrüße die Entscheidung Schäfers. "Es ist ein wichtiger Schritt, um weiteren Schaden von der Institution abzuwenden."
Um das Haus hatte es in den vergangenen Monaten politische Turbulenzen gegeben. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte in einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gefordert, eine Ausstellung zu schließen. Die Sonderschau "Welcome to Jerusalem", die bis Ende April zu sehen war, präsentiere eine einseitige, "palästinensisch-muslimische Sicht" auf die Stadt. Schäfer und Grütters hatten die Vorwürfe als politische Einmischung deutlich zurückgewiesen.
Die "Süddeutsche Zeitung" berichtet in ihrer Wochenendausgabe (15./16. Juni) zudem, dass die Sprecherin des Museums freigestellt worden sei, nachdem sie vom Twitter-Account des Hauses einen Artikel empfohlen hatte. Darin ging es um die Kritik von jüdischen und israelischen Wissenschaftlern an einem Beschluss des Bundestags, in dem die BDS-Bewegung als antisemitisch eingestuft worden war. Die Bewegung fordert unter anderem ein Ende der israelischen Besatzung des Westjordanlandes, des Gazastreifens und Ost-Jerusalems, die Israel 1967 erobert hat, außerdem den Boykott israelischer Waren.
Mit dem Tweet sei das Gebot der Neutralität verletzt worden, schreibt die Zeitung. Der Zentralrat der Juden in Deutschland hatte, ebenfalls auf Twitter, scharf reagiert: "Das Maß ist voll. Das Jüdische Museum Berlin scheint gänzlich außer Kontrolle geraten zu sein." Das Jüdische Museum hatte dagegen erklärt, man habe sich nicht gegen den Bundestagsbeschluss positioniert, sondern auf einen Diskussionsbeitrag hingewiesen.
Erst Anfang Mai war Schäfers Vertrag um ein Jahr verlängert worden - er hätte eigentlich im August 2020 aufhören sollen. Eine Kommission arbeitete bereits daran, eine Nachfolge zu finden. Diese Suche werde nun fortgesetzt, sagte Grütters.
Die neue Dauerausstellung und das geplante Kindermuseum in dem Bau von Stararchitekt Daniel Libeskind werden gemeinsam im Mai 2020 eröffnen. Das Jüdische Museum Berlin ist eines der größten jüdischen Museen Europas. Pro Jahr kommen rund 650 000 Besucher. Die erste Ausstellung zur deutsch-jüdischen Geschichte hatten seit der Eröffnung 2001 rund 11,4 Millionen Menschen gesehen.