Neuerscheinung: „Falsche Bilder, echtes Geld."

Die Täter sind unter uns

Der Betrieb ist längst zurück im Normalzustand. Die Frühjahrsauktionen verliefen, wie immer, überraschend erfolgreich, Edvard Munchs „Schrei“ erzielte einen Weltrekord, und wenn in ein paar Monaten der Film über den Kunstfälscher Wolfgang Beltracchi, gedreht vom Sohn seines Anwalts, in die Kinos kommt, wird man sich höchstens noch einmal lächelnd über diesen Lausbuben wundern.

Die beiden Journalisten Tobias Timm und Stefan Koldehoff, der auch für Monopol arbeitet, haben mit ihren Recherchen und ihren Artikeln in der „Zeit“ den Fall Beltracchi frühzeitig und intensiv begleitet. Im Buch „Falsche Bilder, echtes Geld“ rollen sie den größten Fälschungsskandal der Nachkriegsgeschichte jetzt mit einer Unnachgiebigkeit auf, die das Kölner Landgericht vermissen ließ, als es den Prozess gegen die Bande nach einem Deal zwischen Verteidigung und Anklage und nur neun Verhandlungstagen enden ließ.

Der Prozess habe „bestenfalls die Spitze des Eisbergs aus Leichtgläubigkeit, Schludrigkeit und Geldgier des internationalen Kunstmarkts gezeigt“, schreiben die Autoren. Statt Wolfgang Beltracchi zum Ausnahmefall zu ernennen, decken sie die Strukturen und Gewohnheiten der Branche auf, die dessen Machenschaften erst möglich machten. Teils Kunstkrimi, teils Sachbuch, führt der Band von Zollfreilagern über Nummernkonten bis zu karibischen Steueroasen, legt Geschäftsgebaren offen, die weniger mit Leidenschaften als mit Investmentmodellen zu tun haben, und endet mit der Forderung nach einem Kodex für den Kunsthandel. Bitte aufmerksam lesen!

Stefan Koldehoff, Tobias Timm: „Falsche Bilder, echtes Geld. Der Fälschungscoup des Jahrhunderts — und wer alles daran verdiente“. Galiani, 260 Seiten, 19,99 Euro