Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz ist die größte und wichtigste Kultureinrichtung Deutschlands – und eines der größten Sorgenkinder der deutschen Kulturpolitik. 15 Sammlungen sind unter ihrem Dach versammelt, dazu die Staatsbibliothek und andere kleinere Einrichtung. Und die bürokratische Unbeweglichkeit der Stiftung ist ungefähr so berühmt wie seine Nofretete.
Überfordert, dysfunktional, so lautete 2020 das Urteil des Wissenschaftsrats, der grundlegende Reformen bis zur Zerschlagung der Stiftung empfahl. Dazu ist es nicht gekommen – Bund und Länder, die beide am Stiftungsrat beteiligt sind, beschlossen 2022 eine Strukturreform, die auf eine größere Autonomie der einzelnen Einrichtungen zielt. Im Zuge dessen sollen auch die notorischen Finanzierungslücken zumindest verkleinert werden: Stiftungspräsident Herrmann Parzinger hat in diesem Frühjahr einen Mehrbedarf von mindestens 30 Millionen Euro angemeldet, bei einem Gesamtetat von 400 Millionen Euro.
Selbst zu Ende bringen wird Parzinger, der im kommenden Jahr in Pension geht, die Reform aber nicht mehr. Man würde es ihm auch nicht wirklich zutrauen, nach 16 Jahren Amtszeit, in der Veränderungen eher im Schneckentempo abliefen. An seiner Stelle wird nun Marion Ackermann den komplexen Umbau des Institutionenmonsters weiter begleiten. Und die Stiftung darf sich glücklich schätzen, dass sie sich der Aufgabe stellen will, denn man hätte wohl kaum eine bessere Nachfolgerin finden können.
Kein einfacher Job in Dresden
Ackermann, die vorher das Kunstmuseum Stuttgart und die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf leitete, ist seit 2016 war Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und konnte hier bereits ihre Erfahrungen mit einem komplexen Museumskonglomerat machen, Krisenmanagement inklusive, denn in ihre Amtszeit fiel auch der spektakuläre Raub im Dresdner Grünen Gewölbe 2019.
Auch was die politische Lage angeht, hatte Ackermann in den letzten Jahren in Dresden keinen leichten Job: Die illiberalen Kräfte in der Stadt nutzen jede Gelegenheit für einen Shitstorm, und sei es wegen der Umbenennung von Gemälden, und auch der Umgang mit der Kunst der DDR wurde hier zum Anlass aggressivster Angriffe gegen das Haus und seine Mitarbeitenden. Doch Ackermann blieb auf ihrem progressiven, international anschlussfähigen Kurs. Gleichzeitig gelang es Dresden beispielsweise, den Berliner einige interessante Sammlungen wegzuschnappen, wie die Sammlung Erika Hoffmann oder das gerade eröffnete Archiv der Avantgarden von Egidio Marzona.
In Berlin wird Ackermann wohl weniger Scharmützel mit AfD-Vertretern erwarten. Dafür muss sie dafür sorgen, dass die Strukturreform ein Erfolg wird, mit sehr begrenzten finanziellen Mitteln. Ein Vorteil wird sein, dass seit diesem Jahr die unproduktive Doppelstruktur in der Leitungsebene abgeschafft ist und es keinen Generaldirektor mehr gibt.
Ackermann weiß, wie moderne Museumsarbeit aussieht
Und Institutionen wie die Nationalgalerie können sich freuen, dass sie dann eine Präsidentin an der Seite haben, die eine ausgewiesene Expertise in der Kunst hat und ihre Bedürfnisse und Strategien versteht – das ist nicht zuletzt wichtig für das entstehende Museum Berlin Modern, das auf die richtige Spur gebracht werden muss.
Ackermann weiß, wie moderne Museumsarbeit aussieht, und sie weiß auch, dass man sie richtig vermitteln muss. Sie ist versiert im Einwerben von Drittmitteln, sie kommuniziert klar und gut, und bei der Mitarbeiterführung steht ihr kein aufgeblähtes Ego im Wege.
Die Löcher in den öffentlichen Haushalten werden größer, die fetten Jahre in der Kultur sind vorbei, die Verteilungskämpfe werden unangenehm werden in den kommenden Jahren. Gefragt sind nun gute Managerinnen, die flexibel agieren und das Beste aus der eigentlich so reichen Kulturlandschaft machen – und das darf man von Marion Ackermann erwarten.