Jura kann pure Poesie sein: "Straßenbahnen, die nicht im Verkehrsraum einer öffentlichen Straße liegen, werden, wenn sie Eisenbahnen kreuzen, wie Straßen, wenn sie Straßen kreuzen, wie Eisenbahnen behandelt", heißt es in Artikel 1, Absatz 5 des deutschen Gesetzes über Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen. Das muss man erstmal verdauen. Oder im Preußischen Fischereigesetz: "Soweit das Gewässer (...) zur Fischerei benutzt wird, erstreckt sich das Fischereirecht auch auf Frösche."
Schon die Punkband Ramones schrie in ihrem Song "Commando" heraus: "First rule is: 'The laws of Germany', Second rule: 'Be nice to Mommy'". Mit der sprichwörtlichen Gesetzesliebe der Deutschen und der ganz besonderen Sprache der Juristerei beschäftigen sich auch Dirk von Selle, Richter am Bundesgerichtshof in Karlsruhe, und der Designer und Fotograf Andreas Hahm-Gerling. In ihrer Serie "Laws of Germany" haben sie den "diskreten Charme" von Gesetzestexten mit Fotografien zu Bildtafeln kombiniert. "Recht war historisch immer bildhaft.", sagt Dirk von Selle. Davon überzeugte der Jurist auch Andreas Hahm-Gerling, der die Bilder zu den Paragrafen liefert. "Gesetzestexte gelten zu Unrecht als blutleer", sagt er. "Unser Projekt spannt den Bogen vom Ernsten zum Absurden."
Lernen kann man von den Bildtafeln nicht nur Juristendeutsch, sondern auch philosophische Heimatkonzepte und Besitzverhältnisse: "Ein gezähmtes Tier wird herrenlos, wenn es die Gewohnheit ablegt, an den ihm bestimmten Ort zurückzukehren."