Art-Cologne-Woche

Die beste Kunst im Rheinland

Zur Kunstmesse zeigen die Institutionen im Rheinland, was sie können. Die wichtigsten Ausstellungen, Blockbuster und Geheimtipps der Saison 

Ein nicht zu unterschätzender Standortvorteil der Messe Art Cologne ist ihre Lage direkt am Bahnhof Köln-Deutz. Es spielt eigentlich keine Rolle, in welchen Zug man sich setzt, in allen Richtungen liegen sehenswerte Kunstorte an der Strecke. Erster Halt: Düsseldorf. Im K21 zieht Ed Atkins wieder einmal alle Register der digitalen Hyperrealität mit seinen äußerst berührenden und gleichzeitig bedrohlichen Avataren. Denen laufen die Tränen so lebensecht aus den Augen, dass man versucht ist, tröstend die Hand auszustrecken, wären sie nicht gleichzeitig so unheimlich in ihrer Künstlichkeit.

Irgendwo zwischen künstlich und sinnlich lassen sich auch die Skulptur-
Hybride des Düsseldorfer Künstlers Andreas Schmitten einordnen, die in der privaten Sammlung Philara gezeigt werden. In beleuchteten Plexiglasschaufenstern baut er Gebrauchsgegenstände wie Küchenwaschbecken oder Kinosessel nach, deren ursprünglicher Zweck nur darin besteht, das menschliche Leben bequemer zu machen – hier wirken sie als unberührbare, fast sakrale Schätze. 

In Bonn zeigt die Künstlerin Guan Xiao, spätestens seit der vom Kollektiv DIS kuratierten Berlin Biennale 2016 in Deutschland keine Unbekannte mehr, ihre Material- und Stilcollagen im Kunstverein. Die Fantasiewesen ihrer "Root Sculptures", Assemblagen aus in Bronze gegossenen Baumstücken und Industrieprodukten, könnten dem surrealen Bilderkosmos von Max Ernst entsprungen sein. In der Jetztzeit verankert sind sie durch von der Decke hängende Spanngurte und Autokabel. Dazu passen die hybriden Skulpturen von Anna Uddenberg, die in der Bundeskunsthalle zu sehen sind, perfekt. Post-Internet-Art in allen Facetten.

Die Ausstellung "Lust der Täuschung" im Ludwig Forum Aachen lässt dazu allerlei Spielformen von Schein und Simulationen zusammenkommen, von Nancy Graves und Thomas Demand bis hin zu zeitbasierten Arbeiten und Augmented-Reality-Installationen von Tim Berresheim oder Toast VR. 

Ganz und gar nicht digital geht es in der Temporary Gallery in Köln zu. Dort stellt die neue Leiterin Aneta Rostkowska unter anderen den belgischen Maler Bram Demunter aus, der außerhalb Belgiens bislang kaum zu sehen war. Seine bunten, wimmelnden Verhaltensstudien von Menschen und anderen Lebewesen in Gemeinschaften verschleiern ihre visuellen Anleihen nicht. Man sieht, dass der Künstler seinen Blick an den mittelalterlichen Meistern in seiner Heimat Flandern geschult hat. 

Am Ende einer Kunstwoche bleiben neben vielen Eindrücken häufig auch die gesammelten Plastiktüten aus verschiedenen Museumsshops als Zeugnisse der besuchten Stationen.Vielleicht begegnet man der einen oder anderen davon im Museum Ludwig wieder, in einer großflächigen Wandcollage von Jac Leirner. Die brasilianische Künstlerin ist die Gewinnerin des Wolfgang-Hahn-Preises 2019, ihr Werk "Museum Bags" (1985/2018), ein buntes Tableau aus gesammelten Plastiktüten aus Museumsshops, wird aus diesem Anlass von der Gesellschaft für Moderne Kunst für die Museumssammlung angekauft. Wenn man schon mal im Haus ist, sei neben der ersten großen Ausstellung der türkischen Künstlerin Nil Yalter in Deutschland mit dem schönen Titel "Exile Is a Hard Job" unbedingt ein Blick in die Kabinett-Ausstellung "Expanded Graphics" mit grafischen Arbeiten von David Hockney und Richard Hamilton empfohlen, mit hinreißenden Drucken und vor allem zwei Filmen von James Scott, die das bunte Pop-Art-Getöse der Zeit höchst clever auf den Punkt bringen und den Schatten hinter den dauerlächelnden Marilyns zeigen. 

Im vergangenen Jahr fand die schönste Veranstaltung nach der Messeeröffnung im Projektraum im Kunstwerk, einem gerade noch nicht gentrifizierten Fabrikgelände direkt hinter der Messe, statt. Diesmal kuratiert Juliane Duft dort die Gruppenschau "Access", die sich mit der Idee des Zugangs beschäftigt – zur Welt durch endlos einprasselnde Bilder, zu Waren, aber auch zu Menschen und Dienstleistungen, getrieben von einem unstillbaren Begehren. Mit dabei sind unter anderen Michael E. Smith und Tobias Donat. Der Zugang zur Kunst ist in diesen Tagen jedenfalls gesichert