Vertraulichkeit in der Politik einzuhalten, gelingt eher selten. Es kommt alles ans Tageslicht, zumal wenn es ohnehin veröffentlicht werden sollte. So auch die Streichliste des Berliner Landeshaushalts 2025. Sie erblickte am Dienstagabend das Licht der Öffentlichkeit – Zeit genug für die Betroffenen, sich vor der abschließenden Senatssitzung in der kommenden Woche in Position zu bringen. Erst am Abend des 26. November wird man definitiv wissen, wo was eingespart werden muss.
Die Liste, vereinbart von den Koalitionären aus CDU und SPD, birgt durchaus Überraschungen. Denn von der pauschalen Kürzung der bisher gültigen Haushaltsansätze um zehn Prozent – später hieß es dann präziser 11,6 Prozent – kann nicht die Rede sein. Die Senatskulturverwaltung hat, wie die übrigen Verwaltungen auch, mit spitzem Bleistift gearbeitet und sich genau überlegt, was wegfallen soll.
Ganz gestrichen werden "Zuschüsse zur Berliner Wirtschaft in Notlagen", was immer sich dahinter verbergen mag, schließlich befinden wir uns in Einzelplan 08 Kultur. Bringt aber glatt zehn Millionen ein. Knapp ebenso viel, nämlich 9.697.830 Euro, erbringt die Auflösung von "Haushaltsresten" quer durch den ganzen Kulturetat. Das sind nicht ausgegebene Mittel, also wohl das, was normalerweise kurz vor Jahresschluss verteilt wird, auf dass es nicht ins allgemeine Staatssäckel zurückfalle.
Kostenloser Museumssonntag gestrichen
So weit, so gut. So richtig schlimm aber wird es bei der Position "Zuschuss an Serviceeinrichtungen zur Bestandssicherung von Arbeitsräumen für Künstlerinnen und Künstler". Von den dafür bemerkenswert groß dimensionierten 24 Millionen wird die Hälfte, also 12 Millionen, als "Sparpotenzial" ausgewiesen. Etwas kryptisch wird angefügt "Prüfung bestehender Bindungen". Andererseits bleiben von den "Zuschüssen für den Ausbau von Arbeitsräumen für Künstlerinnen und Künstler" gut 19 von 21,3 Millionen Euro übrig. Gleichwohl darf man erwarten, dass sich Künstlerverbände wie der BBK zu diesem Komplex noch geräuschvoll melden werden, zumal das Kulturwerk des BBK knapp anderthalb Millionen Euro weniger sehen wird als erwartet.
Die beiden Kunstvereine, nGbK und N.b.k., werden um 126.000 beziehungsweise 120.000 Euro geschröpft, das Künstlerhaus Bethanien um 148.900 und die KunstWerke (KW) um 256.800 Euro. Hier nennt die Streichliste nicht die ursprünglichen Ansätze, aber aus der Addition ergibt sich, dass der Globalposten "Sonstige Zuschüsse zu Einrichtungen der bildenden Kunst" um glatt 20 Prozent erleichtert worden ist.
Vollständig weggespart werden die "Diversitätsoffensive", für die bislang 500.000 Euro vorgesehen waren, sowie der wegen Antisemitismus-Verdacht umstrittene Verein Oyoun. Der verbirgt sich in der Liste hinter der kryptischen Bezeichnung "Kulturstandort Lucy-Lameck-Straße" und wird um die zuvor vorgesehen 1.073.878 Euro erleichtert.
Die Berlinische Galerie muss 700.000 von 9,29 Millionen Euro wegsparen, das sind "nur" 7,5 Prozent; beim Bauhaus-Archiv fallen 500.000 Euro weg, beim Bröhan-Museum 200.000. Und eine Maßnahme, auf die die Kulturverwaltung doch stolz war, wird gestrichen: der "kostenlose Museumssonntag", der eben nicht kostenlos ist, sondern nur für die Nutzer unentgeltlich und ansonsten mit immerhin zwei Millionen Euro zu Buche schlägt.
Ausstieg des Stadtmuseums aus dem Humboldt Forum
Nicht nur eine finanzielle Maßnahme, sondern ein kulturpolitischer Richtungsentscheid verbirgt sich in der Position "Stiftung Stadtmuseum Berlin". Ihr werden mit 3,6 Millionen genau 11,6 Prozent von 31,126 Millionen Euro gekürzt – aufzubringen offenbar durch "Ausstieg Stadtmuseum aus dem Humboldt Forum", wie dazu lapidar vermerkt wird. Das bedeutet, dass Berlin – nach dem Ausstieg der Landesbibliothek bereits vor Eröffnung des Humboldt Forums – künftig gar nicht mehr im Schlossnachbau vertreten sein wird. Lieber Bund, mach' und zahl' du mal alleine, heißt das ins Praktische übersetzt.
Ob die Leitung des Humboldt Forums die Gelegenheit nutzen wird, den Geburtsfehler des Hauses zu beheben, dass allein Europa nicht in den ethnologischen Schausammlungen vertreten ist – eine Fehlkonzeption, die Institutionen wie das Museum der Kulturen in Basel oder das Musée d’ethnographie de Genève längst überwunden haben?
Es läppert sich so zusammen, am Ende sind 130 Millionen Euro beieinander. Anderswo ist mehr zu holen: Allein der Verzicht auf den direkt aus dem Steuersäckel bezahlten Neubau des Charité-Herzzentrums durch Umstellung auf Kreditfinanzierung spart – zunächst jedenfalls – 52 Millionen Euro ein. Dass da mal keiner einen Herzschlag bekommt!