Die vergangenen drei Jahre waren wieder wichtige Jahre für Dieter Rams, den berühmtesten deutschen Produktdesigner, der ab den 50er-Jahren die Firma Braun zu Weltruhm brachte und bis 1995 für sie tätig war. Er eröffnete Retrospektiven in Osaka, London und Frankfurt. Dazu gab es einen Katalog, erschienen beim Gestalten-Verlag, der das Potenzial zum Standardwerk hat. Darum wartete der britische Phaidon-Verlag noch ein bisschen, damit seine schon lange geplante Rams-Monografie mit gebührendem Abstand herauskommt.
„Brauchen wir wirklich noch ein Buch über mich?“ fragte Rams die Herausgeberin Sophie Lovell. Er glaubt grundsätzlich, dass es zu viele Dinge in der Welt gibt. Und einige davon beziehen sich auf ihn, wie er immer wieder überrascht feststellt.
Die größte Aufmerksamkeit verschaffte ihm die Firma Apple. Der iPod-Designer Jonathan Ive bedankte sich bei Rams für die Inspiration (mit einem Brief, einem iPhone und einem iPod Touch) und machte öffentlich, was Liebhaber schon immer wussten, spätestens seit dem iPod, der aussieht wie das Radio „T3“ aus dem Jahr 1958: Der Computerhersteller bedient sich bei Rams’ Formgebung. Seine Kultur des Weglassens betreibt Apple sogar bis zum Selbstzweck, sodass die Schnittstelle zwischen Fabrikat und Benutzer inzwischen nur noch eine verschämte Mulde im ansonsten makellos glatten Gehäuse bildet.
Aber was heißt schon einfach? Und für wen eigentlich? Dieter Rams’ Rationalismus mochte rigoros wirken; die Technik kommt ins Gerät, nur das Nötigste davon ist außen sichtbar, die Knöpfe erklären sich von selbst. Doch in der sorgsamen Ausarbeitung der Details – den Abständen der Dinge zueinander, den Übergängen, der Anordnung nach Wichtigkeit und dem Umgang mit Farbe – steckte auch der Wunsch, es dem Anwender so leicht wie möglich zu machen. Ein Anliegen, das bisher noch kein Produzent von Hard- oder Software erfüllen konnte oder wollte.
„As Little Design as Possible“ widmet sich dieser Kluft zwischen theoretischem Anspruch und brauchbarer Praxis, wenn Rams in seinem privaten Umfeld, der durch und durch nach seinen Maximen gestalteten Villa in Kronberg, besucht wird. Dort lebt ein Gedanke weiter, der im Bauhaus begann, von den Nationalsozialisten verboten und nach dem Zweiten Weltkrieg in der Bundesrepublik von Egon Eiermann oder eben Dieter Rams wieder aufgenommen wurde: Wie kann man einer Zivilgesellschaft durch Gestaltung helfen, besser zu werden? Rams hat die Rechnung damals ohne die Verführungskraft des „Mehr!“ und „Neu!“ gemacht, die auch seine alte Firma Braun inzwischen dominiert. Sicherlich wäre er jederzeit für „Wohlstand ohne Wachstum“ (Tim Jackson) zu gewinnen.
„Design sollte nicht Dinge dominieren und auch nicht Menschen“, sagt Rams, dessen Produkte über Jahrzehnte in die Sammlung des New Yorker Museum of Modern Art aufgenommen wurden. „As Little Design as Possible“ beginnt mit einem Vorwort von Jonathan Ive, als ob man Rams Aktualität geben müsste. Dabei hat sein Ethos nichts mit der Welt von Apple zu tun, sein Design im Prinzip genauso wenig. 2012 überhäufen ihn dann wieder Leute mit Komplimenten, die wünschen, von ihm bemerkt worden zu sein, denn da wird Dieter Rams 80.
Sophie Lovell (Hg.): „As Little Design as Possible. The Work of Dieter Rams“. Auf Englisch. Phaidon, 400 Seiten, 75,00 €
„Brauchen wir wirklich noch ein Buch über mich?“ fragte Rams die Herausgeberin Sophie Lovell. Er glaubt grundsätzlich, dass es zu viele Dinge in der Welt gibt. Und einige davon beziehen sich auf ihn, wie er immer wieder überrascht feststellt.
Die größte Aufmerksamkeit verschaffte ihm die Firma Apple. Der iPod-Designer Jonathan Ive bedankte sich bei Rams für die Inspiration (mit einem Brief, einem iPhone und einem iPod Touch) und machte öffentlich, was Liebhaber schon immer wussten, spätestens seit dem iPod, der aussieht wie das Radio „T3“ aus dem Jahr 1958: Der Computerhersteller bedient sich bei Rams’ Formgebung. Seine Kultur des Weglassens betreibt Apple sogar bis zum Selbstzweck, sodass die Schnittstelle zwischen Fabrikat und Benutzer inzwischen nur noch eine verschämte Mulde im ansonsten makellos glatten Gehäuse bildet.
Aber was heißt schon einfach? Und für wen eigentlich? Dieter Rams’ Rationalismus mochte rigoros wirken; die Technik kommt ins Gerät, nur das Nötigste davon ist außen sichtbar, die Knöpfe erklären sich von selbst. Doch in der sorgsamen Ausarbeitung der Details – den Abständen der Dinge zueinander, den Übergängen, der Anordnung nach Wichtigkeit und dem Umgang mit Farbe – steckte auch der Wunsch, es dem Anwender so leicht wie möglich zu machen. Ein Anliegen, das bisher noch kein Produzent von Hard- oder Software erfüllen konnte oder wollte.
„As Little Design as Possible“ widmet sich dieser Kluft zwischen theoretischem Anspruch und brauchbarer Praxis, wenn Rams in seinem privaten Umfeld, der durch und durch nach seinen Maximen gestalteten Villa in Kronberg, besucht wird. Dort lebt ein Gedanke weiter, der im Bauhaus begann, von den Nationalsozialisten verboten und nach dem Zweiten Weltkrieg in der Bundesrepublik von Egon Eiermann oder eben Dieter Rams wieder aufgenommen wurde: Wie kann man einer Zivilgesellschaft durch Gestaltung helfen, besser zu werden? Rams hat die Rechnung damals ohne die Verführungskraft des „Mehr!“ und „Neu!“ gemacht, die auch seine alte Firma Braun inzwischen dominiert. Sicherlich wäre er jederzeit für „Wohlstand ohne Wachstum“ (Tim Jackson) zu gewinnen.
„Design sollte nicht Dinge dominieren und auch nicht Menschen“, sagt Rams, dessen Produkte über Jahrzehnte in die Sammlung des New Yorker Museum of Modern Art aufgenommen wurden. „As Little Design as Possible“ beginnt mit einem Vorwort von Jonathan Ive, als ob man Rams Aktualität geben müsste. Dabei hat sein Ethos nichts mit der Welt von Apple zu tun, sein Design im Prinzip genauso wenig. 2012 überhäufen ihn dann wieder Leute mit Komplimenten, die wünschen, von ihm bemerkt worden zu sein, denn da wird Dieter Rams 80.
Sophie Lovell (Hg.): „As Little Design as Possible. The Work of Dieter Rams“. Auf Englisch. Phaidon, 400 Seiten, 75,00 €