Ausstellungstipps

5 Museumsschauen, die Sie im Rheinland nicht verpassen sollten

Am ersten Septemberwochenende feiern die Kölner und die Düsseldorfer Galerien mit dem DC Open Saisoneröffnung. Aber auch in den Museen, Kunsthallen und Sammlungen gibt es einiges zu entdecken. Fünf Highlights

Festessen - Der Schweizer Künstler Daniel Spoerri bringt die Langen Foundation in Unordnung

Eine geplünderte Festtafel mit dreckigem Geschirr, Essensresten und Rotweinflecken auf der Tischdecke hat gerade eine etwas unheimliche Anmutung. Wirkt es doch noch immer, als seien mit Beginn der Corona-Krise alle hektisch von ihren Galeriedinners, Sonntagsbrunchs und Familienfeiern aufgesprungen und bis heute nicht mit derselben vorpande­mischen Unbeschwertheit an die gedeckten Tische zurückgekehrt.

Das gemeinsame Essen, das so schmerzlich vermisst wird, war für den Schweizer Künstler Daniel Spoerri schon immer eine Kunstform; eine sinnlich-lustvolle Sozialperformance voller Geschmäcker, Gerüche und Gefühle, die es sich einzufangen lohnt. Für seine ikonisch gewordenen "Fallenbilder" fixierte er ab den 1960er-Jahren die Überbleibsel von opulenten Mahlzeiten mit Kunstharz und hängte die vollgestellten Tischplatten wie Gemälde an die Wand.

Dass diese schlauen und formal wegweisenden Momentinstallationen nur einen Teil von Spoerris vielseitigem Werk ausmachen, lässt sich nun in der Langen Foundation besichtigen. Das Haus auf der Raketenstation Hombroich widmet dem 1930 in Rumänien geborenen Künstler leicht verspätet zum 90. Geburtstag die Retrospektive "Ein Museum der Unordnung" – ein bemerkenswerter Titel, wenn man bedenkt, dass in dem minimalistisch strengen Haus des Architekten Tadao Ando eigentlich die Klarheit regiert.

Daniel Spoerri, der die Künstlergruppe der Noveaux Réalistes mitbegründete und auch als Balletttänzer, Regisseur und Dichter in Erscheinung getreten ist, darf in dem Museum also einiges durcheinanderbringen. Kunstbegriffe, Genres und Materialien wirbeln unbekümmert herum.

In der Ausstellung soll es auch um die Bezüge des Künstlers zum Rheinland gehen. Der Weggefährte von Joseph Beuys betrieb in Düsseldorf das "Restaurant ­Spoerri" und die "Eat Art Gallery" und lehrte danach auch in Köln. In einem Interview hat Daniel Spoerri mal gesagt, dass Beuys "wie ein Bauer" gekocht und beim Hering die Gräten mitgegessen habe. Dass man beim Essen etwas über die Menschen lernt, weiß wohl kaum jemand so gut wie er.

"Daniel Spoerri. Ein Museum der Unordnung", Langen Foundation, Neuss, 7. September bis 13. März 2022


Künstliche Wucherung in Neuss

In der Nähe von Düsseldorf in einer ländlichen Gegend wurde ein ehemals militärisch genutztes Gelände zum Landschaftspark für Kunst – dank privater Initiativen. Die Thomas Schütte Stiftung liegt zwischen dem Gelände des Museums Insel Hombroich, dem Kirkeby-Feld, der ehemaligen Raketenstation und der Langen Foundation. Die Ausstellungshalle ist nach einem Modell von Thomas Schütte gebaut, eine weitere ist gerade im Entstehen.

Hier eröffnet zur DC Open eine Ausstellung mit raumgreifenden Installationen der spanischen Künstlerin Cristina Iglesias aus Metall oder Ton. Ihre skulpturalen Interventionen erinnern an pflanzliche Wucherungen, lavahafte Auswürfe oder verschmorte Architektur. Sie verwandeln den Ort gewissermaßen wieder zurück in die dystopische Gegend, der er einst war, nur natürlich viel attraktiver. Unbedingt auch die fantastisch wuchernde Natur der Museums­insel Hombroich besuchen!

"Cristina Iglesias", Thomas Schütte Stiftung, Neuss, 3. September bis 19. Dezember


Austausch - Die Kunsthalle Düsseldorf feiert die Freundschaft zu Japan

Als japanische Unternehmen nach dem Zweiten Weltkrieg Mitte der 1950er-Jahre den Weg zurück nach Deutschland suchten, wurde Düsseldorf dank gezielter Wirtschaftsförderung und früher Unterstützung im Aufbau einer japanischen Infrastruktur bald zum bevorzugten Ansiedlungspunkt.

Mit aktuell rund 8400 Personen beheimatet die Landeshauptstadt heute die drittgrößte japanische Community Europas. Die japanisch-deutsche Freundschaft hat Düsseldorf nicht nur um eine Reihe fantastischer Restaurants, einen authentischen japanischen Garten, eine florierende Cosplay-Szene und wichtigen interkulturellen Austausch bereichert, sondern der Stadt auch beachtenswerten künstlerischen Nachwuchs beschert. Seit 1960 haben mehr als 300 japanischstämmige Künstlerinnen und Künstler ein Studium an der Kunstakademie Düsseldorf absolviert. Fünf von ihnen hat die Kunsthalle Düsseldorf nun zur Gruppenschau "tomodachi to. Mit Freund*innen" eingeladen und sie gemäß des Ausstellungstitels angehalten, eine befreundete Person mitzubringen.

Zu den bekanntesten japanischstämmigen Kunstakademie-Absolvierenden zählt zweifelsohne Yoshitomo Nara, dessen Malereien trotzig dreinblickender Tiere und Kleinkinder 2001 in Takashi Murakamis genredefinierender "Superflat"-Ausstellung zu sehen waren und seitdem emblematisch für die japanische Pop-Figuration geworden sind. Selbst eingeladen hat er den nach wie vor in Düsseldorf ansässigen Akademie-Absolventen Masao Nakahara, dessen Figuren ebenfalls häufig kindliche Züge tragen, mit ihren fragilen Körpern aus Pappmaschee und Bienenwachs und ihren von deutlichen Pinselstrichen markierten Gesichtern jedoch der Textur gegenüber der Flachheit den Vortritt lassen.

Yukako Andō, deren Skulptur "Präzision und Veränderungsmöglichkeiten" den einstigen Düsseldorfer Wohnort Ludwig van Beethovens markiert, bringt ihre Kunstakademie-Professorin Magdalena Jetelová mit; Kyōko Murase hat ihre aus Budapest stammende Konrad-Klapheck-Klassenkameradin Anca Muresan eingeladen. Yūji Takeoka und Karin Sander verbindet zwar keine Kunstakademie-Studienzeit, dafür aber der Hang zu einem feinsinnig-humorvollen skulpturalen Minimalismus. Als jüngste Kunstschaffende vertreten sind Ryō Kinoshita, der sich die Permeabilität der Leinwand für seine komplexen Werke zwischen Quilt und Reliefmalerei zunutze macht, und sein Gast Sōya Arakawa, dessen Performances und autofiktionale Skulpturen sowohl von seiner Ausbildung in traditioneller japanischer Töpferkunst als auch von seinen zahlreichen Besuchen im Düsseldorfer Puppentheater zehren. Mit den in fünf verschiedenen Dekaden geborenen Protagonistinnen und Protagonisten bildet die Schau ein Stück international verwobener, lokaler Kunstgeschichte ab.

"tomodachi to. Mit Freund*innen", Kunsthalle Düsseldorf, bis 24. Oktober


Wohnwelten

Für manche geht es darum, die Traumwohnung zu finden – bodentiefe Fenster und genug Platz für die Haustiere. Für andere darum, überaupt ein Dach über dem Kopf zu haben. Wohnen ist ein Menschenrecht, und die Frage nach bezahlbarem Raum eine der wichtigsten, die unsere Gesellschaft zur Zeit zu lösen hat. In dieses Themenfeld hinein stößt die Ausstellung "Der Traum vom Wohnen" im Museum Ratingen. Sechs internationale Künstlerinnen und Künstler zeigen, wie Menschen im Ruhrgebiet oder in China wohnen, gestalten architektonische Visionen und fassen die Hoffnungen und Sehnsuchten in Bilder, die die Menschen mit dem Wohnen verbinden. eb

"Der Traum vom Wohnen", Museum Ratingen, bis 1. November


Frauen in die Akademien!

Künstlerinnen gab es zu allen Zeiten, doch erst 1919 wurden mit der Einführung des Frauenwahlrechts in Deutschland auch die ersten Frauen als Kunststudentinnen angenommen. Die Düsseldorfer Kunstakademie gesellte sich 1921 als letzte Institution dazu. Nach der Unterzeichnung der Weimarer Verfassung im August 1919 hat die Einrichtung sich erst im darauffolgenden Jahr zur Bewerbungs­möglichkeit für Frauen gesetzlich verpflichten müssen – und das bis zuletzt ausgereizt. Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums dieses Ereignisses zeigt die Düsseldorfer Sammlung Philara die Gruppenschau "Mirrors and Windows": Werke ehemaliger und aktueller Professorinnen wie Keren Cytter, Sabrina Fritsch, Dominique Gonzalez-Foerster, Katharina Grosse, Rita McBride, Rosemarie Trockel und Katharina Wulff. Was wären wir heute ohne sie! dv

"Mirrors and Windows", Sammlung Philara, Düsseldorf, bis 3. Oktober