Ein quirliger Geist wie David Hockney macht nicht einfach Schluss mit der Malerei. Er lässt seinen Fokus wandern und landet beim Farbdrucker, Faxgerät und schließlich iPhone, um Werke in die ganze Welt zu verschicken. Zuletzt montierte der 84-Jährige mittels Software großformatige Bilder aus Fotos von in 360-Grad-Ansichten aufgenommenen Objekten. Während der Lockdowns bekamen seine Freunde täglich digitale Gartengemälde aus der Normandie, wo sich der Brite nach zuletzt Paris und London niedergelassen hatte. Verspielter kann man ein Lebenswerk nicht auf die Höhen der Zeit treiben, Hockney ist schließlich seinem Image, Lebensgefühl einzufangen, etwas schuldig.
Strohblond gefärbte Haare und überdimensionale Brillen – die Kunst der Selbstinszenierung beherrschte er spätestens seit seinem Aufenthalt in Kalifornien in den wilden 1960er-Jahren derart vergnüglich, dass selbst Rassenunruhen und Vietnamkrieg sein homoerotisches Paradies nicht stören konnten. 1967 entstand "A Bigger Splash", der Zenit seiner Serie von Swimmingpool-Bildern: Palme, Sprungbrett, das Wasser spritzt auf, und der Mensch geht auf Tauchgang, um sich den Übeln der Welt zu entziehen.
Eine Retrospektive jagt die nächste
Heiter-plakative Lebensfreude ist seitdem aus seiner in kräftige Farben getauchten Motivwelt nicht wegzudenken. Sammler bedanken sich für die ewig junge, pseudonaturalistische Pop-Art mit astronomisch steigenden Preisen. Und nicht nur die. Eine Retrospektive jagt die nächste. Nach "Insights" in Wien bereitet Luzern gerade "Moving Focus" für den Sommer vor.
Der gleichnamige Katalog, reich illustriert, spannt den Bogen von der Londoner Studienzeit über die Landschaftsmalerei in den 1980ern bis hin zu den monumentalen iPad-Zeichnungen. Aus der Masse der Hockney-Literatur ragen 23 Essays, sie tasten sich an Aspekte wie Hockneys Sozialisation in der jungen queer culture Englands heran, an das Zustandekommen des üppigen Bestands in der Tate oder die Rolle der Mutter des Künstlers.
Und selbst wenn man Freundschaften in der kompetitiven Kunstwelt nicht überbewerten sollte, scheinen die mitunter wehmütigen Texte eines Frank Gehry, Ed Ruscha oder einer Rineke Dijkstra das Gegenteil zu beweisen. Die Malerin Christine Streuli, die 2007 die Schweiz auf der Venedig-Biennale vertrat, bewundert nicht nur das nicht nachlassende Vorwärtsdrängen. Sie verneigt sich vor dem "großen Meister" und pustet "vital drei Dunstschleier in die Luft: einen energisch dunkelblauen, einen zögerlich hellblauen und einen hoffnungsvoll grünen".