Sumpfwiese bis Schlossersatz

Das Humboldt Forum und seine Vorläufer 

Im Zentrum des heutigen Berlin wird seit Jahrhunderten mächtig geplant, gebaut, abgerissen - und gesprengt. An dem historischen Ort gegenüber der weltberühmten Museumsinsel hat das dort seiner Eröffnung harrende Humboldt Forum einige spektakuläre Vorgänger. Ein Überblick

SUMPFWIESE

Zwei Arme der Spree, dazwischen ein Sandplateau aus der Eiszeit und viel Sumpf - was heute als Berlins Mitte bekannt ist, präsentiert sich einst als extrem schlüpfriger Untergrund.

STADTVIERTEL

Auf der Insellage zwischen den beiden Spreearmen entsteht aus einer Kaufmannssiedlung im 13. Jahrhundert die Stadt Cölln - Reste des Stadtnamens finden sich heute noch im Berliner Bezirk Neukölln. Zusammen mit der benachbarten Schwesterstadt Berlin wächst Cölln zu einer Gemeinde zusammen. Wegen der größeren Fläche und der etwa doppelten Einwohnerzahl setzt sich Berlin als Stadtname durch.

KLOSTER

Gegen Ende des 13. Jahrhunderts siedeln sich Dominikaner in Cölln an. Sie errichten ein Kloster mit gotischer Kirche. Mit Übertritt der Herrscher zum Protestantismus werden die letzten Dominikaner nach Brandenburg geschickt, die Kirche zur lutherischen Domkirche umgewidmet. Friedrich II. lässt den gesamten Kirchenbau Mitte des 18. Jahrhunderts abreißen und den heutigen Dom am benachbarten Lustgarten bauen.

RENAISSANCESCHLOSS 

Kurfürst Joachim II. machte Berlin im 16. Jahrhundert zur festen Residenz der Hohenzollern. Als sichtbares Zeichen lässt er die ein Jahrhundert zuvor erbaute Burg "Zwing Cölln" abgetragen und an der Stelle ein Renaissanceschloss errichten. 

BAROCKSCHLOSS

Brandenburgs Kurfürst Friedrich III., der spätere preußische König Friedrich I., lässt den Komplex zwischen 1698 und 1713 nach Plänen des Architekten und Bildhauers Andreas Schlüter in ein barockes Schloss umbauen. Bis zum Ende des Kaiserreiches 1918 dient der Bau als Stadtschloss der Hohenzollern. Im Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstört und ausgebrannt, werden die Schlossreste 1950 in der DDR gesprengt. 

PARADEPLATZ

Mit der DDR verwandeln sich Lustgarten und Schlossplatz in den Marx-Engels-Platz. Hier gibt es viel Raum für einen Aufmarschplatz nach sowjetischem Vorbild für Menschenmassen vor einer Ehrentribüne mit der versammelten SED-Führung.

PALAST DER REPUBLIK

Ein zentrales Gebäude soll als «Volkshaus» in der Mitte von Berlin und damit der DDR-Gesellschaft entstehen. Der Palast der Republik basiert auf der Idee eines Kulturhauses als ebenso öffentlicher Ort der Bevölkerung wie repräsentativ für die Selbstdarsteller des Staates. 1976 eröffnet, ist das Prestigeobjekt sowohl Tagungsort des DDR-Parlaments Volkskammer als auch Jugendtreff mit Bowlingbahn. Nach der Wende kommt der Asbestbefund. Am Ende langer Diskussionen wird der Palast der Republik bis 2008 abgerissen.

HUMBOLDT FORUM

Eine Expertenkommission rät Bund und Land 2002 zu einer Neubebauung des Platzes mit Ausrichtung am Erscheinungsbild des Schlosses. In der Folge beginnt der Streit um die barocken Fassaden an drei Außenseiten. Die Rekonstruktion steht für die Zeit der Hohenzollern, unter deren Herrschaft das Deutsche Reich Kolonialmacht wurde, von 1884 bis 1915 auch im heutigen Namibia. Dort wurden Aufstände von Volksgruppen unter deutschem Befehl brutal niedergeschlagen. Historikern zufolge wurden etwa 65 000 der 80 000 Herero und mindestens 10 000 der 20 000 Nama getötet. Kritik gibt es auch um Kreuz und Kuppel mit einem weithin sichtbaren Bibelspruch. Damit wird nicht weniger gefordert als die Unterwerfung aller Menschen unter das Christentum.

Hinter den Fassaden entwirft der italienische Architekt Franco Stella einen hochmodernen, inzwischen 677 Millionen Euro teuren Bau. Das rund 40 000 Quadratmeter umfassende Humboldt Forum nutzen künftig zwei Museen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, das Land Berlin und die Humboldt-Universität. Gezeigt werden Exponate aus Asien, Afrika, Amerika und Ozeanien sowie Objekte zur Geschichte Berlins.