Als der Museumsleitung 2021 erstmals Diebstahlvorwürfe zu Ohren gekommen seien, habe man schnell gehandelt, teilte Hartwig Fischer am Mittwoch der britischen Nachrichtenagentur PA mit.
"Es wurden nur Bedenken hinsichtlich einer kleinen Anzahl von Gegenständen geäußert, und unsere Untersuchung kam zu dem Schluss, dass alle diese Gegenstände vorhanden waren", betonte der Deutsche. "Wir haben nun Grund zu der Annahme, dass die Person, die Bedenken geäußert hatte, viel mehr Gegenstände in ihrem Besitz hatte, und es ist frustrierend, dass uns dies nicht offenbart wurde, da es unseren Ermittlungen geholfen hätte." Nähere Angaben zu der Person und wie diese in den Besitz der Gegenstände kam, machte Fischer nicht.
Das British Museum hatte in der vergangenen Woche mitgeteilt, dass mehrere Objekte gestohlen oder beschädigt worden seien. Unter anderem gehe es um Goldschmuck, Juwelen aus Halbedelsteinen und Glas. Die Gegenstände stammen den Angaben nach teilweise aus dem 15. Jahrhundert vor Christus bis zum 19. Jahrhundert nach Christus.
"Ein größeres Problem"
Im Verdacht steht ein früherer Mitarbeiter, der im Zusammenhang mit den Vorfällen entlassen wurde und gegen den rechtliche Schritte eingeleitet wurden. Medienberichten zufolge sollen deutlich mehr als 1000 Gegenstände über einen Zeitraum von mehreren Jahren gestohlen worden sein. Zudem soll es bereits 2021 Hinweise gegeben haben, dass Objekte aus dem Museum auf einer Online-Auktionsplattform zum Verkauf angeboten wurden - die jedoch ignoriert worden seien.
Erst im Zuge einer größeren Untersuchung 2022 sei "ein größeres Problem" ans Licht gekommen, hieß es in Fischers Mitteilung weiter. Daraufhin habe man die Polizei eingeschaltet und ein Disziplinarverfahren eingeleitet, "das zur Entlassung eines Mitarbeiters führte". Fischer, der das Museum seit 2016 führt, hatte jüngst seinen Rücktritt für 2024 angekündigt. Britischen Zeitungen zufolge fordern Mitarbeiter angesichts der zögerlichen Aufklärung rund um den Diebstahl den sofortigen Rücktritt Fischers.
Die Institution in London gilt als eines der wichtigsten Museen weltweit. Es beherbergt einige der bedeutendsten Kulturschätze der Menschheit. Dazu gehören ein erheblicher Teil der Parthenon-Skulpturen, der Stein von Rosetta und ägyptische Mumien. Vor allem Griechenland fordert seit Langem eine Rückgabe von Kulturgütern aus dem British Museum.
"Unverhohlener Opportunismus"
Der Diebstahl löste nun eine Debatte über die Sicherheit der dort aufbewahrten Kulturgüter aus. Der britische Abgeordnete Tim Loughton, der einer parteiübergreifenden Parlamentariergruppe zum British Museum vorsteht, beschwerte sich über "unverhohlenen Opportunismus" aus Griechenland nach Bekanntwerden der Vorfälle.
Anlass war eine Äußerung der Chefin des griechischen Archäologenverbands, Despina Koutsoumba, die in Frage gestellt hatte, ob griechische Altertümer in London sicher seien. "Wir wollen dem British Museum sagen, dass sie nicht mehr behaupten können, griechische Kulturgüter seien im British Museum besser aufbewahrt", hatte Koutsoumba der BBC gesagt.