Man kann dem zukünftigen britischen Premierminister Boris Johnson einiges vorwerfen. Aber nicht, dass er nicht die Phantasie von Künstlern und Karikaturisten anregen würde. Auch am gestrigen Dienstag, als im Queen Elizabeth II Center in London noch die Abstimmung der Tories lief, formierte sich draußen schon kreativer Protest gegen Johnson und seinen Brexit-um-jeden-Preis-Plan. Der Karikaturist Kaya Mar hatte direkt ein Gemälde dabei, das den neuen Premierminister nackt auf einem Esel zeigt. Mit der nationalen Karotte vor der Nase lockt er sein Reittier, dem mit der englischen Flagge die Augen verbunden wurden, in den No-Deal-Abgrund des ungeordneten Brexit.
Schon bevor er sein Amt angetreten hat, gibt es den Ex-Bürgermeister von London in allen möglichen visuellen Verfremdungen: als Joker, als cholerischer Monarch und Andy-Warhol-Muse. Auch seine Mutter Charlotte Johnson Wahl ist übrigens Malerin. Ihr Sohn gehört zu ihren bevorzugten Motiven, und sie bescheinigt ihrem Ältesten selbst ein gewisses künstlerisches Talent.
Fast prophetische Qualitäten hat ein Graffito bewiesen, das schon 2016, also vor dem Brexit-Referendum, in Bristol und London auftauchte. Es zeigt die beiden Frisurverwandten Boris Johnson und Donald Trump beim Bruderkuss à la Leonid Brezhnev und Erich Honecker. 2016 war das Bild eine Kampagne der Anti-Brexit-Aktivisten von "We Are Europe" - und sollte eigentlich eine Horrorvision sein. "Not In For This?" steht über den küssenden Politikern. Dann bitte für den Verbleib in der EU abstimmen. Drei Jahre später sind Trump und Johnson tatsächlich beide Staatsoberhäupter. Donald Trump gratulierte euphorisch per Twitter: "Er wird großartig sein".
Ein Interview über das Verhältnis von Kunst und Brexit lesen Sie hier.