Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda (SPD) will mit einem künstlerischen Wettbewerb eine Gegenposition zum umstrittenen Bismarck-Denkmal schaffen. "Ich glaube, eine Tafel, in der wir erklären, das war Bismarck, ist zu wenig", sagte Brosda der Deutschen Presse-Agentur (dpa). "Wir brauchen etwas, was alle, die das Denkmal sehen, jenseits des 'Ich erkläre euch das mal' - anspricht. Da kann ich mir viel vorstellen: Von radikalen Gegenpositionen, die diesem heroischen Gigantismus eine ironische Brechung entgegen setzen - bis hin zu digitalen Applikationen."
Dafür brauche es etwas, was hinausgehe über die bereits beschlossene Ausstellung über Otto von Bismarck (1815-1898) im Sockel-Geschoss. Zumal diese Ausstellung auch eine Schwierigkeit habe, weil der im Sockel befindliche ehemalige Bunker mit seinen Nazi-Emblemen auch ein sehr problematischer Ort sei. "Wir brauchen etwas Sichtbares im öffentlichen Raum. Etwas, worüber man buchstäblich stolpert, wenn man sich durch diesen Park bewegt. Das zeigt, dass da etwas ist, mit dem man sich auseinandersetzen muss, zu dem man eine Haltung entwickeln muss. Das ist das, was wir da entwickeln wollen", sagte Brosda.
Er sei kein Fan davon, solche Spuren des Erinnerns aus dem Stadtbild zu tilgen. "Das Denkmal gehört zu unserer Geschichte", meinte der Senator. "Sich immer wieder auch mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen, halte ich für eine Tugend unserer Gesellschaft." Ziel sei es, diesen künstlerischen Prozess parallel zu den Sanierungsmaßnahmen zu verfolgen und nicht nacheinander. "Nicht nach dem Muster: Erst machen wir ihn ein bisschen hübsch und wenn er dann wieder steht, fangen wir an, darüber nachzudenken." Unter anderem mit dem Beirat zur Aufarbeitung Hamburgs kolonialer Vergangenheit solle das weitere Verfahren besprochen werden.
Das Bismarck-Denkmal im Alten Elbpark oberhalb der Landungsbrücken ist mit 34,3 Metern Gesamthöhe das größte Bismarck-Denkmal weltweit. Die Statue des ersten deutschen Reichskanzlers selbst ist 14,8 Meter hoch. Sie wurde auf Initiative Hamburger Bürger von 1901 bis 1906 errichtet. Seit Anfang des Jahres wird das Denkmal, das im Laufe der Jahre in Schieflage geraten und rissig geworden ist, für neun Millionen Euro saniert. Der Großteil des Geldes kommt vom Bund.
Otto von Bismarck, Reichskanzler von 1871-1890, bekämpfte Katholiken und Sozialisten und führte dennoch die fortschrittlichsten Sozialgesetze der Welt ein. Vielen gilt er als Wegbereiter des deutschen Kolonialismus. Vor einer Woche hatten die Initiativen "Intervention Bismarck-Denkmal Hamburg" und "Decolonize Bismarck" gegen die Sanierung des Denkmals demonstriert.