"Die andere Seite vom Ölfleck" von Georg Baselitz wurde verkauft, ebenso "Splendor in the Grass" von Mary Weatherford. Gleich zu Beginn der Kunstmesse Art Basel / Hong Kong waren im Viewing Room des Branchenriesen Gagosian von ingesamt zehn Werken schon sieben veräußert. Der US-Händler war einer der 235 Aussteller der Kunstmesse, die wegen Covid-19 erstmals im Internet stattfand - mit 2000 Werken im Wert von 270 Millionen Dollar (250 Mio Euro).
Es war ein Versuch, einen Teil der Verluste für die Händler abzufedern, nachdem die Art Basel im Kongress- und Ausstellungszentrum von Hongkong im vergangenen Monat abgesagt worden war - so wie viele andere Branchenmessen. Rund 90 Prozent der Aussteller entschieden sich daraufhin für die kostenlose Online-Teilnahme an der Veranstaltung, die vom 18. bis 25. März dauerte. Die ersten beiden Tagen waren für VIPs reserviert, wie bei der realen Messe, die die Schweizer Muttermesse Art Basel 2013 gegründet hatte.
Jede Galerie stellte zehn Werke in ihrem Viewing Room aus - identische virtuelle Messestände, die aus einer weißen Wand bestanden mit einer Bank davor, um eine Vorstellung vom Umfang der Arbeiten zu geben. Auf der Wand folgten durch Klicken nach einem Präsentationstext nacheinander die Werke, daneben erschienen die Preise.
Kein sehr spektakuläres Online-Surfing. Doch schon kurz nach dem Start verzeichneten die Galerien den ersten Online-Zustrom wie etwa der österreichische Händler Thaddaeus Ropac. Der Galerist verkaufte eine Arbeit von Jules de Balincourt zu einem Preis von 140 000 Dollar eine Stunde nach der VIP-Eröffnung. Das Werk war nicht das einzige, das bei Ropac den Besitzer wechselte.
Man habe angesichts der Krise keine großen Erwartungen gehabt und habe die teuersten Werke nicht ausgestellt, sagte der 60-jährige Ropac der Deutschen Presse-Agentur in Paris. Die Internet-Messe sei ein interessanter Weg, aber vor allem sei sie eine Art Schaufenster, die die Kunstwelt untereinander in Verbindung halte. "Nach den ersten Stunden haben wir viele Kontakte gemacht, vor allem in Asien", erzählte der Händler mit Galerien in Paris, London und Salzburg.
Trotz des Verkaufserfolgs ersetzen virtuelle Räume für ihn keine wirklichen Messen: "Wir werden Sammler immer ermutigen, die Werke zu sehen." Ein Beispiel hat er gleich zur Hand: Ein Kunde habe großes Interesse an einem Werk des US-Malers Robert Rauschenberg (1925-2008) für über eine Million Dollar gezeigt, erklärte er. Nach der Krise wolle der Interessent nach Paris reisen, um es dort zu sehen. In Frankreich herrscht Ausgangssperre, Ropacs Galerie dort ist bis auf Weiteres geschlossen.
David Zwirner gehörte zu den ersten, die 2017 mit den Viewing Rooms, Online-Betrachtungsräume, gestartet sind. Laut Elena Soboleva, der Online-Verkaufschefin des in Köln geborenen Galeristen mit Filialen in New York, London und Paris, sind die Verkäufe im Netz seitdem ständig angestiegen: 2018 um 159 Prozent, 2019 um 400 Prozent. Auf der virtuellen Art Basel Hongkong hat Zwirner unter anderem für 2,6 Millionen Euro ein Gemälde der südafrikanischen Künstlerin Marlene Dumas verkauft.
40 Prozent der Verkaufsanfragen seien von neuen Kunden gekommen, sagte Soboleva der dpa. Dies bestätige, dass Online ein wichtiger Kanal sei, nicht nur für die bereits existierenden Kunden. Das Ende des klassischen Geschäftsmodells der Galerien und Messen sieht sie dadurch jedoch nicht gefährdet. Virtuelle Betrachtungsräume seien eine Alternative für Sammler, die unter anderem auch mit Blick auf Klimaschutz nicht mehr von einer Messe zur anderen reisen wollen.
Laut Art Basel hatten die Online-Viewing-Rooms in den sieben Tagen 250.0000 Besucher aus aller Welt. In den kommenden Monaten will die Schweizer Messegesellschaft dieses neue digitale Projekt weiterentwickeln.