Panoramafreiheit?

BGH prüft Urheberrecht bei Drohnen-Aufnahmen von Kunstwerken

Eine Drohne mit einer Kamera
Foto: dpa

Eine Drohne mit einer Kamera 

Aus dem technischen Fortschritt ergeben sich neue juristische Probleme: Der BGH befasst sich nun mit Drohnen-Aufnahmen von Kunstinstallationen. Kommt es beim Urheberrecht auf die Perspektive an?

Wer ohne Hilfsmittel Fotos von öffentlich zugänglichen Kunstwerken macht, braucht sich gemeinhin keine Gedanken um Urheberrechte zu machen. Geschieht dies aber per Drohne aus der Luft, sieht das unter Umständen anders aus. Der Bundesgerichtshof (BGH) prüft derzeit, ob man mit einer Drohne Aufnahmen von urheberrechtlich geschützten Kunstwerken machen und diese verbreiten darf. Wann die Karlsruher Richterinnen und Richter eine Entscheidung verkünden, war zunächst unklar. (Az. I ZR 67/23)

Hintergrund ist ein Rechtsstreit zwischen der Verwertungsgesellschaft (VG) Bild-Kunst, die Rechte und Ansprüche von Urhebern wahrnimmt, mit einem Buchverlag. Dieser hatte in den Jahren 2010 und 2016 Bücher mit Ausflugstipps zu Halden der Schwerindustrie im Ruhrgebiet veröffentlicht. Darin: Luftbildaufnahmen verschiedener Kunstinstallationen. Deren Schöpfer wiederum haben Verträge mit der VG Bild-Kunst abgeschlossen.

Diese argumentiert, die per Drohne gemachten Bilder seien nicht von der sogenannten Panoramafreiheit gedeckt. Daher verletzten die Publikationen Urheberrechte. Die VG Bild-Kunst hat nach Angaben einer Sprecherin für beide Führer 2.676 Euro Lizenzgebühren - einschließlich einem 100-prozentigen Zuschlag wegen unlizenzierter Nutzung - und Schadenersatz für die Einschaltung eines Anwalts in Höhe von gut 2.000 Euro angesetzt.

Fliegende Fotoapparate

Die "Panoramafreiheit" schränkt Urheberrechte ein. Zulässig ist es, Werke, "die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, mit Mitteln der Malerei oder Grafik, durch Lichtbild oder durch Film zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben". Die bisherige Rechtssprechung erlaube, was man mit eigenen Augen sehen kann, erläuterte der Vorsitzende Richter des ersten Zivilsenats am BGH, Thomas Koch.

Das schließe Hilfsmittel wie Leitern oder auch das Absägen einer Hecke aus, erklärte Koch weiter. Eine Grundsatzentscheidung des BGH hierzu betraf vor rund 20 Jahren ein Haus des Malers Friedensreich Hundertwasser in Wien. Ein Fotograf hatte sich für eine Aufnahme Zugang zu einer Privatwohnung im gegenüberliegenden Haus verschafft. Das geht nicht.

Der Anwalt der Verwertungsgesellschaft, Thomas Winter, knüpfte an Kochs Ausführungen an: "Inzwischen kann ich die Leiter in der Garage lassen, denn die Fotoapparate haben das Fliegen gelernt." Dennoch dürften die Drohnen dann nur auf Höhen steigen, die auch ein Mensch auf natürliche Weise erreiche - etwa auf einem Hügel. Die strittigen Fotos seien daher nicht von der "Panoramafreiheit" gedeckt. Weiter führte er aus, dass Künstler eine Vorstellung davon hätten, wie Betrachter ihre Werke sehen. "Das ist das menschliche Maß."

Auch die Vorinstanzen hatten der VG mit Verweis auf die "Panoramafreiheit" recht gegeben. Die Perspektive mittels einer Drohne sei davon nicht erfasst, weil der Mensch den Luftraum allein mit seinen naturgegebenen Fortbewegungsmöglichkeiten nicht erreichen könne.

Nächste Runde am EuGH?

Aus Sicht des Anwalts des Buchverlags, der die Haldenführer veröffentlicht hatte, hingegen sind die Kunstinstallationen frei und kostenlos zugänglich. "Für diese Unentgeltlichkeit haben sich die Urheber entschieden", sagte Thomas von Plehwe. Sie selbst strebten auch keine Verwertung an, daher bräuchte es auch keine "sekundäre Vergütung" geben.

Zudem argumentierte er, man könnte auch aus Flugzeugen oder als Gleitschirmflieger aus der Luft Fotos machen. Er sehe keine Gründe, hier Unterschiede zu unbemannten Drohnen zu machen. Von Plehwe bezog sich wiederum auf ein BGH-Urteil zum Kussmund-Logo auf Schiffen der Kreuzfahrtreederei Aida Cruises. 2017 hatte der Senat unter anderem entschieden, dass ein Schiff auch vom Wasser aus fotografiert werden dürfe.

Laut von Plehwe könnte der Fall ein Thema für den Europäischen Gerichtshof (EuGH) werden, weil es um Auslegungsfragen von EU-Regeln gehe. Zumal die sogenannte Panoramafreiheit nicht überall in der EU gleichermaßen umgesetzt wurde. Richter Koch nannte hierfür Italien als Beispiel.