Ein New Yorker Gericht hat die Hochstaplerin Anna Sorokin des Betrugs schuldig gesprochen. Es sei erwiesen, dass sich die 28-Jährige unter dem Namen Anna Delvey Leistungen im Wert von mehr als 200.000 Dollar (rund 180.000 Euro) erschlichen habe.
Zudem habe sie versucht, mit weiteren Betrügereien Millionenbeträge zu ergaunern, teilte Bezirksstaatsanwalt Cyrus Vance am Donnerstagabend (Ortszeit) mit. Das Strafmaß soll am 9. Mai verkündet werden. Sorokin drohen laut "New York Times" 15 Jahre Haft.
Der Fall hatte über Wochen international Aufsehen erregt. Die in Russland geborene Sorokin war im Alter von 16 Jahren nach Deutschland gezogen, in Eschweiler bei Aachen zur Schule gegangen und hat in London Kunst studiert. Mit immer neuen Lügen und Ausflüchten soll sie sich als falsche Millionenerbin in der New Yorker High Society Geld für Restaurantbesuche, Geschenke und Hotelübernachtungen erschlichen haben.
Zur Inszenierung gehörte auch der Umgang mit Kunst: Sorokin postete Fotos von Kunstwerken und Museumsbesuchen auf ihrem Instagram-Account (darunter auch Bilder aus Berliner Galerien). "Nachmittags-Bellini", schrieb sie etwa von der Biennale in Venedig 2015, wo sie von dem Sammler Michael Xufu Huang begleitet wurde, der nach eigenen Angaben hohe Kosten für Flüge und Hotel übernahm. Sie sprach davon, einen privaten Club mit Filialen in Los Angeles, London, Hongkong und Dubai öffnen zu wollen, dessen Herzstück ein Kunstzentrum sein sollte, für das die Künstler Urs Fischer, Damien Hirst und andere Werke beisteuern sollten. Die New Yorker Filiale sollte nach Wunsch von Delvey von Christo eingepackt werden.
Bezirksstaatsanwalt Vance dankte den Ermittlern und der Jury, die dazu beigetragen hätten, dass Sorokin nun "für ihre zahlreichen Diebstähle und Lügen" zur Rechenschaft gezogen werde. Neben einer Haftstrafe droht der Verurteilten die Abschiebung nach Deutschland - ihr 90-tägiges Besuchervisum in den USA ist schon lange abgelaufen.
Während des Prozesses hatte Verteidiger Todd Sprodek von Anfang an eine aggressive Strategie verfolgt. Er hatte argumentiert, Sorokin habe das Geld stets zurückzahlen wollen. Zum Ende der Verhandlung hatte Sprodek erklärt, dass Sorokin letztlich nur so vorgegangen sei, wie einst von Frank Sinatra im Lied "New York, New York" besungen. "Sinatra hat in New York einen brandneuen Start hingelegt, genauso wie Miss Sorokin", sagte Sprodek laut "New York Post".
Berichten zufolge will nun nicht nur der Streamingdienst Netflix Sorokins Schicksal verfilmen. Ein Opfer der Hochstaplerin, die ehemalige "Vanity Fair"-Fotoredakteurin Rachel Williams, verkaufte ihre Geschichte nach eigener Aussage an den Buchverlag Simon & Schuster und an den Sender HBO.
Vor Gericht fand Sorokins Kleiderwahl besondere Beachtung. Über Wochen hatten Medien über die stets eleganten Outfits der Angeklagten diskutiert. Am letzten Verhandlungstag trug sie ein kurzes Kleid - laut "New York Times" in "jungfräulichem Weiß", das eher für eine "Kommunionfeier als für einen Gerichtssaal" geeignet gewesen sei. Die Mode-Kritikerin des Blattes, Vanessa Friedman, mutmaßte nun auf Grundlage von Sorokins Kleiderwahl, die Hochstaplerin könne ihren Schuldspruch erahnt haben. Am Donnerstag war sie im schwarzen Minikleid vor Gericht erschienen.