Trotz Zweifeln an der Echtheit will ein Hamburger Auktionshaus für Industriegüter ein angeblich von Vincent van Gogh (1853-1890) stammendes Gemälde versteigern. Es beruft sich dabei auf die Expertise des Kieler Kunsthistorikers Ulrich Kuder (77). Der emeritierte Professor ist davon überzeugt, dass es sich um ein Frühwerk van Goghs handelt, wie er am Montag bei der Präsentation des Bildes in Hamburg sagte. Es sei eine von dem Maler angefertigte Kopie eines anderen Werks. Van Gogh habe sich damals für den niederländischen Maler Jacob van Ruisdael begeistert, der um 1760 "Die Mühle von Wijk bij Duursted" gemalt habe.
Die Kopie trägt den Titel "Die Mühle von Wijk". Das Bild soll am 1. September in einer Online-Auktion unter den Hammer kommen. Das Mindestgebot beträgt 500.000 Euro. Das Amsterdamer Van-Gogh-Museum, die führende Instanz bei der Beurteilung der Echtheit, teilte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) mit: "Das Museum hat dieses Gemälde untersucht und denkt nicht, dass das Werk von Vincent van Gogh gemacht wurde."
Das Auktionshaus, das auf die Versteigerung großer Bagger, Industriemaschinen und anderer Anlagen spezialisiert ist, verweist auch auf ein chemisches Gutachten zur Farbe des Bildes. Diese sei von schlechter Qualität, die in der Hochzeit der Van-Gogh-Fälscher nach 1900 wahrscheinlich nicht mehr im Handel gewesen sei, erklärte Kuder.
Indizien zur Echtheit
Der Kunsthistoriker glaubt, dass das Gemälde in die Frühphase van Goghs gehört. Es passe zur Haager Schule, der auch die frühen Werke van Goghs zugerechnet werden. Außerdem trage das Bild die ungewöhnliche Signatur "van Gogh". "Das macht kein Fälscher", betonte der Professor. "Ein Fälscher weiß, dass van Gogh mit 'Vincent' signiert hat." In einem Brief habe sich van Gogh einmal beschwert, dass Franzosen seinen Nachnamen nicht richtig aussprechen könnten. Das könne erklärten, warum er in der Signatur vom Nach- zum Vornamen wechselte. Der Schriftzug auf der "Mühle von Wijk" entspreche ansonsten genau van Goghs Handschrift. Nur der Maler selbst habe den schwungvollen Bogen zwischen dem G und dem H so in die noch nasse Ölfarbe pinseln können.
Das Gemälde soll 1904 von einem Leipziger Kaufmann in Paris erworben worden sein. Er vererbte es an seine Enkelin, die es nach ihrem Umzug nach Neustadt in Holstein an die gegenwärtigen Privatbesitzer in der Nähe von Kiel verkaufte. Der Projektleiter bei Dechow, Jens-Peter Franz, sagte, es habe 1994 für einen fünfstelligen D-Mark-Betrag den Besitzer gewechselt.
"Man muss schon vorsichtig sein, wenn von van Gogh die Rede ist. Der erste Gedanke ist: Fälschung", sagte Kuder. Aber er habe von keinen stichhaltigen Gegenargumenten gehört. Franz bedauerte, dass das Amsterdamer Museum seine Einschätzung nicht begründet habe. Das Auktionshaus gehe mit den Zweifeln ganz transparent um: "Wir können nicht beweisen, dass es echt ist, aber es gibt sehr viele Indizien."
Kuder erklärte, die großen Auktionshäuser für Kunst würden niemals ein Bild versteigern, dessen Echtheit nicht vom Amsterdamer Van-Gogh-Museum bestätigt worden sei. Aber die niederländischen Experten hätten sich schon einmal geirrt. Sie hätten einen Ruf zu verlieren. Er hoffe, dass die Monopolstellung des Museums gebrochen werde. Ein Hamburger Interessent sagte am Montag, er nehme das Risiko in Kauf: "Wenn es kein echter van Gogh ist, dann habe ich ein schönes Bild."