Amy Sherald malt Breonna Taylor

Ein Monument aus Farbe

Im März wurde die 26-jährige Breonna Taylor in Kentucky von Polizisten erschossen. Nun hat die Künstlerin Amy Sherald ihr Porträt als Mahnung gegen Polizeigewalt für das Cover der "Vanity Fair" gemalt

Dass die US-Künstlerin Amy Sherald zu den besten Porträtmalerinnen der Gegenwart gehört, hat sie bereits mehrfach bewiesen. 2018 schuf sie ein Bild der ehemaligen First Lady Michelle Obama für die National Portrait Gallery in Washington, das zur Instant-Ikone wurde und als Zeugnis der Schönheit, des Stolzes und der Macht einer Schwarzen Frau gelesen wurde.

Nun hat Sherald eine andere Afroamerikanerin porträtiert - diesmal aus einem sehr viel grausameren Anlass. Für das Cover des Magazins "Vanity Fair" malte sie die Rettungssanitäterin Breonna Taylor, die am 13. März dieses Jahres in Louisville, Kentucky, bei einem Polizeieinsatz in ihrer eigenen Wohnung erschossen wurde. Die Beamten, die die Wohnung stürmten, offenbar ohne sich als Polizisten zu erkennen zu geben, hatten dort Drogen vermutet, es wurden jedoch keine illegalen Substanzen in dem Apartment gefunden. Taylors Lebensgefährte hatte, nach eigener Aussage in Notwehr gegen vermutete Einbrecher, einen Schuss auf die Beamten abgegeben und einen Polizisten am Bein verletzt. Daraufhin erwiderten die Einsatzsatzkräfte das Feuer. Breonna Taylor wurde von acht Projektilen getroffen und starb.

Im Zuge der "Black Lives Matter"-Bewegung wurde ihr Name neben George Floyd, Tamir Rice, Trayvon Martin und vielen anderen zu einem Mahnmal gegen Polizeigewalt in den USA, der überproportional viele Schwarze zum Opfer fallen. Auch in anderen Ländern wurde der Fall Breonna Taylor zu einem Fanal für grassierenden systemischen Rassismus. Unter dem Hashtag #Sayhername kursieren bereits mehrere Illustrationen von Taylors Gesicht in den sozialen Medien, um einem Vergessen entgegenzuwirken.

Entrückt und trotzdem im Hier und Jetzt

Amy Sherald ist nun die bisher bekannteste Künstlerin, die sich des Motivs annimmt. Für eine Sonderausgabe der "Vanity Fair" zu den Themen Rassismus und Aktivismus, die vom Schriftsteller Ta-Nehisi Coates ("We Were Eight Years in Power" / "Between The World And Me") konzipiert wurde, hat die Malerin Breonna Taylor in zartem Aquamarinblau vor einem flächigen, ähnlichfarbigen Hintergrund gemalt. Der Figur haftet etwas Entrücktes, Ephemeres an, als könne sie gleich in die monochrome Umgebung verschwinden. Gleichzeitig ist ihre Pose selbstbewusst, der Blick trifft die Betrachtenden direkt. Um den Hals trägt sie ein filigranes Kettchen mit Goldkreuz, am Finger den Verlobungsring, mit dem ihr Freund eigentlich bald um ihre Hand anhalten wollte.

"Breonna Taylor ist ein American Girl, sie ist eine Schwester, eine Tochter und eine harte Arbeiterin", sagt Amy Sherald in "Vanity Fair". "Zu dieser Art von Menschen fühle ich mich hingezogen." Für die Künstlerin ist ihr Bild ein "Beitrag zum Moment und zum Aktivismus". Breonna Taylor zu malen, heiße, sie am Leben zu halten. 

Amy Sherald (46) gehört zu einer Generation von Schwarzen Malerinnen und Malern, die die Darstellungen von Menschen politisch denken und Fragen der Repräsentation aufwerfen. Die die Abwesenheit Schwarzer Subjekte in der Kunstgeschichte thematisieren und gleichzeitig neue Bilder aus der Black Community produzieren, die mit den Attributen der westlichen, von Weißen geprägten Kunstgeschichte spielen und sie in neuem Kontext benutzen."Für mich als figurative Malerin tat sich da diese Lücke auf. Als Schwarze Frau und als jemand, der Amerika malt, wollte ich einfach, dass diese Bilder existieren und im Museum hängen“, sagte Amy Sherald 2018 in Monopol. Nach Michelle Obama ist das Porträt von Breonna Taylor erst die zweite Auftragsarbeit, die die Malerin aus Baltimore angenommen hat - vor allem, sagt sie, weil sie Taylors Familie dieses Gemälde widmen wollte. Und vielleicht verkörpern diese beiden Pole ihrer Künstlerinnenlaufbahn - eine stolze First Lady und eine junge Frau, die von Polizisten getötet wird - genau die Pole, zwischen denen sich das Amerika der Gegenwart bewegt.