Dass einen die richtige Kreditkarte mit dem richtigen Vermögen im Hintergrund in der Kunstwelt ziemlich weit bringen kann, dürfte keine allzu überraschende Erkenntnis sein. Dass die Platin-Kreditkarte selbst ein Kunstwerk ist, ist dagegen nicht ganz so selbstverständlich. Der Finanzdienstleister American Express hat in den USA nun zwei neue Versionen seiner exklusiven Consumer Platinum Card in Umlauf gebracht, die von Kehinde Wiley und Julie Mehretu gestaltet wurden.
Wiley, der für seine herrschaftlichen Porträts Schwarzer Menschen zwischen Alte-Meister-Optik und Hip-Hop-Kultur bekannt ist, verzierte das Plastikgeld mit filigranem Blümchenmuster. Auch seine Modelle, wie den früheren US-Präsidenten Barack Obama, platziert der Künstler gern inmitten symbolisch aufgeladener Pflanzen-Ornamente. "Ich bin stolz, dass Platinum-Card-Mitglieder jeden Tag ein wenig künstlerische Inspiration genießen können", kommentiert Kehinde Wiley seinen Entwurf auf der Amex-Website.
Die äthiopisch-amerikanische Malerin Julie Mehretu hinterlässt auf der "Mini-Leinwand" Kreditkarte hingegen abstrakte Linien und gestische Schlenker wie sie auch auf ihren Werken zu finden sind. Mehretu beschäftigt sich in ihren großformatigen abstrakten Gemälden mit urbanen Strukturen und Zeichen, globalen Verbindungen und Überschreibungen sowie mit der Geschichte und dem Verschwinden von Orten.
Sowohl Kehinde Wiley als auch Julie Mehretu lassen sich als politische Künstler im engeren Sinne bezeichnen, geht es ihnen respektive doch um die Auflösung einer hierarchischen Bildtradition und die sozialen Verwerfungen, die durch die oft gewaltsame Aneignung von Orten entstehen. Dass sie ein so offensichtliches Statussymbol wie eine Platin-Kreditkarte gestalten, passt da auf den ersten Blick nicht ins Bild - oder ist die American-Express-Kooperation ein subversiver Weg, in die Geldbeutel reicher Leute zu kommen?
Eine Rolle dürfte jedenfalls spielen, dass American Express eine Million Dollar an das Studio Museum in Harlem spendet, das sich auf die Förderung von Künstlerinnen und Künstlern mit afrikanischen Wurzeln fokussiert. Sowohl Wiley als auch Mehretu haben am Artist-In-Residency-Programm des New Yorker Museums teilgenommen, das nun von Amex unterstützt wird. Die Kontakte und Netzwerke, die daraus entstehen, sind dann vielleicht wirklich unbezahlbar.