Es beginnt mit dem Scheitern. Nicht mit der so schmerzvoll ständig präsenten Gewissheit, scheitern zu können, sondern mit der tatsächlichen Abfolge aus Versuchen, Verwerfen, Versuchen, Verwerfen. Der Künstler Albrecht Schnider steht in seinem Atelier und malt mit schnellen Pinselstrichen eine vertikale Linie auf die kleine Leinwand, um die Linie herum Ranken. Dann wischt er die eigentlich sehr schöne Figur mit einem Lappen von der Leinwand und beginnt erneut. Immer wieder. "Es ist nicht wahrscheinlich, dass heute etwas passiert", sagt er auf Schweizerdeutsch entschuldigend in die Kamera. Dabei lächelt er.
Die Filmemacherin Rita Ziegler hat Albrecht Schnider drei Jahre lang für ein Filmporträt begleitet, sie trägt den Titel "Was bleibt". Denn der Künstler sucht und zweifelt, aber am Ende findet er doch etwas, das bleibt. Schniders Zeichnungen und Acryllackbilder gehen oft von einfachen Figuren und Formen aus – und enden in abstrakten Flächen, die einen räumlichen Dialog miteinander führen. So entstehen Hard-Edge-Malereien, die in ihrer intensiven Farbigkeit, ihrem formalen Minimalismus und ihrer technischen Akkuratesse kaum stilvoller sein könnten.
Geboren 1958, studierte er in Bern Gestaltung, lebte in der Toskana, Rom und Florenz, dann in Brüssel, und heute wohnt er in Berlin. Am Beginn seiner Karriere malte Schnider, der keine Malereiausbildung durchlaufen hat, Porträts und manieristisch anmutende Figuren, die sich rätselhaft an den Betrachter wandten. Da blickten ernste, blasse Menschen von den Leinwänden, da galt es Zeichen und Gesten von symbolistischer Schwere zu entschlüsseln.
Schniders offene und bescheidene Art trägt diesen stillen Film
Viele seiner späteren Arbeiten beziehen aus der Unbenennbarkeit der Motive ihre Spannung. Die kleinformatigen Landschaftsbilder in Öl etwa, die der heute 61-Jährige seit 30 Jahren malt, lassen zwar Berge, Himmel, Wege oder Flüsse erkennen, an den Miniaturen fasziniert aber vor allem das Spiel von Farbfeldern, die Reduktionen, die Komposition.
Rita Ziegler, die in Berlin Bildhauerei studiert hat, zeigt den Maler beim Wandern in den Schweizer Bergen, hier lässt sich ganz unmittelbar nachvollziehen, wie aus Erfahrung und Sehnsucht Zeichnungen und aus Zeichnungen Bilder werden. "Was bleibt" begleitet Schnider auch an die Kunsthochschule Bern, wo er als Dozent mit den Studierenden diskutiert, beim Ausstellungsaufbau in seinen Galerien in New York und Berlin und verschweigt auch nicht, dass Bilder auch mit Hilfe von Assistenten und Spezialisten entstehen.
Auch wenn dieses Suche nach intuitiven Ausdruck zunächst den Verdacht erwecken kann, dass hier künstlerisches Genie abgefeiert werden soll, ist Albrecht Schnider doch in allem das genauer Gegenteil des gequälten, einsamen Künstlers. Seine offene und bescheidene Art trägt diesen stillen Film. Er setzt auf "Wiederholung und Zufall" und auf Zugewandtheit im richtigen Moment, um das gelungene Bild, die gültige Form zu erkennen. Von "scheitern" kann man da gar nicht sprechen.