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Verzerrung und Exzess - Marco Brambilla bei Fotografiska

Das Fotografiska Berlin zeigt in der Ausstellung "Double Feature" Marco Brambillas audiovisuelle Collage aus der Apokalypse 


Text: Caroline Whiteley
 

Ein Double Feature ist eine Veranstaltung, bei der zwei Filme hintereinander gezeigt werden, oft zum Preis von einer einzigen Eintrittskarte. Diese Praxis erlebte ihre Blütezeit in der Mitte des 20. Jahrhunderts, als ein Hauptfilm und ein zweiter, oft kürzerer oder weniger bekannter Film gemeinsam vorgeführt wurden. Heutzutage ist das Double Feature in traditionellen Kinos seltener geworden, taucht aber immer wieder in der Popkultur auf, wie zuletzt im Rahmen des „Barbenheimer“-Phänomens.

Ein ganz besonderes Double Feature ist aktuell im obersten Stock des Fotografiska Berlin zu sehen: die Präsentation zweier Hauptwerke des italienisch-kanadischen Videokünstlers Marco Brambilla – Civilization (2008) und Heaven’s Gate (2022). Diese Ausstellung kombiniert das erste und das neueste Werk aus seiner renommierten Megaplex-Serie und bietet dem Publikum ein immersives Erlebnis voller visueller und thematischer Kontraste.

Civilization entfaltet sich wie eine Szene aus Hieronymus Boschs Garten der Lüste auf dem Screen. Häuser und Straßen brennen, während Kriegsaufmärsche und fliegende Helikopter eine apokalyptische Atmosphäre schaffen. Drachen und nackte Menschenmassen tanzen in einem surrealen Spektakel um explodierende Vulkane. Unterlegt ist diese visuelle Flut mit den kraftvollen Klängen von Igor Strawinskys Oper Le Sacre du printemps (Das Frühlingsopfer). Der Zuschauer fühlt sich, als würde sich das Tor zur Hölle öffnen. Doch bevor dieser Eindruck der Verdammnis die Szenerie dominiert, steigt eine Rakete in einen glitzernden Himmel auf und führt in eine eisige Welt voller postmoderner Wunder: Schönheitswettbewerbe, Bodybuilder, Achterbahnen.

Überbordende neue Realität

Die Installation Civilization ist als vertikale Bildlaufsequenz konzipiert und nimmt den Betrachter mit auf eine psychedelische Reise von den Tiefen der Hölle bis hin zum Himmel. Die digitale Collage ist ein Symbol für die rasende Produktion und den Konsum von Medien. Brambilla schafft es, Elemente der Filmgeschichte und der Popkultur zu einer überbordenden neuen Realität zu verknüpfen, die zum Nachdenken über die Verführung der „Traumfabrik“ Hollywood anregt.

Heaven’s Gate (2022) setzt diese künstlerische Auseinandersetzung fort, führt den Betrachter jedoch in ein anderes Stadium: das Fegefeuer. Brambilla lässt das Publikum durch sieben Ebenen reisen, wobei jede davon als fantastische Landschaft gestaltet ist und kurze Filmschnipsel aus der goldenen Ära Hollywoods im Loop präsentiert werden. Die visuelle Überfülle wird durch moderne Medienreferenzen ergänzt – Johnny Depp in Fluch der Karibik, Leonardo DiCaprio als Great Gatsby, von Gaming über Nachrichtensendungen bis hin zu Reality-TV – und erschafft so ein hypersensorisches Paralleluniversum. Auch hier werden das Exzessive und die Doppelgesichtigkeit der Medienkultur beleuchtet, die Brambilla als einen Raum beschreibt, in dem Realität und Fiktion untrennbar miteinander verwoben sind.

Brambilla betrachtet seine Megaplex-Serie als eine künstlerische Reise, die sich zwischen der Geburt und dem Tod des Universums bewegt. Für ihn hat die Geschichte der Kunst und des Kinos einen Punkt erreicht, an dem sämtliche Stile und Motive endlos kopiert und wiederholt werden können – eine Entwicklung, die die Theoretiker der Frankfurter Schule als Grundlage für die Manipulation und Passivierung der Gesellschaft beschrieben haben. 

Eine Fantasie, die erhebt und in die Tiefe zieht

Diese Überfrachtung wird in Civilization und Heaven’s Gate deutlich sichtbar und hält dem Publikum einen Spiegel vor: Was bedeutet es, in einer Welt zu leben, die von wiederkehrenden Bildern und unstillbarem Begehren beherrscht wird? Und was sagt das über unsere Beziehung zu den Medien, zu Ruhm und zu unserem Streben nach Bedeutung aus?

Double Feature lädt dazu ein, beide Werke nacheinander zu betrachten und so die Extreme der filmischen Ästhetik zu erleben. Gleichzeitig wird eine tiefgehende Reflexion über die Höhen und Abgründe der modernen Medienwelt ermöglicht. Brambillas Werke rufen in Erinnerung, wie sehr unsere Wahrnehmung von Realität durch die übermächtige Präsenz von Medien und Mythen beeinflusst wird – eine Faszination, die uns sowohl erhebt, als auch in die Tiefe zieht.