Eigentlich stand er zunächst als Kritiker des gerade gestürzten Schah-Systems auf der richtigen Seite. Schon als Student wurde er inhaftiert und von der Geheimpolizei verhört. Doch dann geriet der Kommunist und Sohn eines iranischen Armee-Offiziers ins Visier des neuen Regimes. "Wie können die muslimischen Massen diese Gemälde tolerieren?", schrieb die Presse über die Ausstellung "A Report on the Revolution" von Nickzad "Nicky" Nodjoumi. "Möge der Verräter in Scham ertrinken".
Grund der Anfeindungen waren Bilder, auf denen Ajatollah Chomeini als zorniger Mann dargestellt und die Gewalt der Islamischen Revolution in Frage gestellt wurde. Für radikale Islamisten war das eine Provokation. Sie stürmten das Museum für zeitgenössische Kunst in Teheran und attackierten die "blasphemischen" Werke. Nodjoumi floh in die USA, wo bereits seine Frau, ebenfalls eine Künstlerin, lebte. Wie viele der rund 100 Arbeiten aus der Ausstellung den Angriff überstanden haben, war bisher genauso wenig bekannt wie deren Aufenthaltsort.
Die Filmemacherin Sara Nodjoumi ist mit dem Verlusttrauma ihres Vaters aufgewachsen. Seine auf medialen Bildvorlagen basierenden Gemälde kreisen bis heute in einer leicht zu lesenden Symbolsprache zwischen Bacon und Goya um Macht und Unterdrückung. Als 2022 nach dem gewaltsamen Tod von Jina Mahsa Amini Massenproteste im Iran ausbrachen, beschloss Sara Nodjoumi gemeinsam mit dem deutschen Regisseur (und ihrem Ehemann) Till Schauder, dem Verbleib der Bilder nachzuforschen.
Eine Mischung aus Thriller, Exilgeschichte, Familiendrama und Künstlerporträt
Sie kontaktierte Angestellte des Museums in Teheran, eines verfallenden, modernistischen Baus, wo vor der Revolution eine eindrucksvolle Sammlung US-amerikanischer Nachkriegskunst beherbergt war. Sie stimmten dem Plan, unter falschem Vorwand im Archiv heimlich zu filmen, zunächst zu. Dann sprang einer nach dem anderen ab.
Der Film, eine Mischung aus Thriller, Exilgeschichte, Familiendrama und Künstlerporträt, zeigt, welche Hürden die Regisseurin überwinden musste, bis ihr Vater seine Werke in New York wieder in Empfang nehmen konnte. Parallel dazu wird die Lebensgeschichte der Eltern erzählt, deren Beziehung an der Politik zerbrach. Nicky Nodjoumi lebte mit seiner Ehefrau Nahid Hagigat schon vor der Revolution eine Zeit lang in den USA. 1979 kehrte er in den Iran zurück, weil er auf eine neue Zukunft hoffte. Sie wurde durch die islamische Führung zerschlagen und Nodjoumi zu 100 Peitschenhieben verurteilt.
Die Tochter unterlegt den schichtenreichen Reigen aus Familienfotos, Nachrichtenbildern, Jahreszahlen, Atelierszenen und Interviews stimmungsvoll mit persischer Musik. In einem Nebenstrang fokussiert sie auch auf die Opferung des künstlerischen Schaffens der Mutter für die Karriere ihres Ehemanns. Das Ergebnis ist eine sehr persönliche Familienreise, die sich zu einem historischen Panorama eines seit vier Jahrzehnten von den Mullahs geknechteten Landes steigert.