1. Polonaise mit indigenen Amazonasbewohnern
Der Künstler Ernesto Neto arbeitet seit einigen Jahren mit indigenen Stämmen seines Heimatlandes Brasilien zusammen. Wenn er über schamanische Heilkräfte und Energien spricht, sagt er sicher viel Wahres, klingt am Ende aber wie ein bekiffter Sepultura-Fan, der mit falschem Pathos alle klaren Gedanken vernebelt, Gedanken, die doch gerade für die politische Aktion und Minderheitenpolitik so wichtig wären. Auch für seine Teilnahme an der Hauptschau der Biennale hat Neto wieder indigene Amazonasbewohner mitgebracht, und was in den Arsenale als großes Environment noch halbwegs funktioniert, wirkt in der Performance in der Eröffnungswoche in den Giardini nur deplatziert und aufdringlich: Besucher hängen sich an die tanzenden Kaxinawá-Indianer, so dass sie eine jaulende Polonaise bilden, die sich zwischen die Pavillons durchschlängelt. Hier fliegen gleich die Löcher aus dem Käse – mit Betonung auf Käse.
2. Der Venezianische Pavillon in den Giardini
Die Präsentation von lokalen Produkten und Stadtmarketing-Filmen hat den Charme eines Standes auf einer Tourismusmesse
3. Damien Hirsts Ausstellung "Treasures from the Wreck of the Unbelievable" in den beiden Pinault-Museen
Ein maritimes Sagenzinnober, ausgedachter Fantasyschmarrn, eigentlich ganz süß, weil so kindlich, aber dann eben mit einem Mega-Aufwand inszeniert, der in keinem Verhältnis zum niedrigschwelligen Skript steht. Auch ein ziemlicher Bruch mit dem ohnehin schon fragwürdigen bisherigen Schaffen des Künstlers – obwohl: Kitsch und jenseits Großbritanniens schwer verständlicher Lad-Humor ziehen sich durch. "Treasures from the Wreck ..." ist Hirsts endgültiger künstlerischer Brexit (mehr Fotos hier).
4. Kleinkunst vor den Giardini
Kleinkunstkünstler, die ihr vor den Biennale-Austragungsorten eure melodramatischen Kleinkunst-Performances aufführt, um in den vorbeistolpernden Kunstbetriebsarbeitern ein unfreiwillig ausgeliefertes Publikum zu finden, es ist so lästig, was ihr da tut, und man kriegt gleich noch mehr Lust auf eine elitäre aber eben kuratierte Veranstaltung wie die Biennale! Kleinkünstler, werdet frei und verachtet Kunstbetriebsnudeln wie uns!
5. Erwin Wurm im österreichischen Pavillon
Es war nur eine Frage der Zeit, bis Augenzwinker-Künstler Erwin Wurm Österreich präsentieren durfte, und da ist er jetzt: senkrechtgestellter LKW vor dem Pavillon (die Konnotation zum Flüchtlingsdrama im burgenländischen Parndorf ist wohl eher ungewollt, drängt sich aber auf) und die bekannten One-Minute-Sculptures (Menschen posen als Skulpturen) im Pavillon. Ist das denn noch Augenzwinkern oder schon nervöses Zucken?
6. Am Arsch der Biennale im japanischen Pavillon
Es ist wie in der DDR: Wo eine Schlange ist, da stellt man sich an. So auch vor dem japanischen Pavillon in den Giardini. Da stehen also Besucher eine halbe Stunde an, um dann eine Treppe zu erklimmen und ihren Kopf durch ein Loch in den Pavillon zu stecken. Dort sind sie für die Besucher im Pavillon Teil einer Skulptur von Takahiro Iwasaki – am Arsch der Biennale!
7. Auf einen Absacker auf die Bauer-Terrasse
Die Preview-Woche der Venedig-Biennale habe für alle Beteiligten etwas von einer Klassenfahrt, schrieb Geoff Dyer 2009 in seinem zynischen Roman "Jeff in Venice, Death in Varanasi": "eine Klassenfahrt, die vom Kunstlehrer organisiert und von mitfühlenden Brauereien gesponsert wird". Allerdings enden die Palazzo-Partys früh – und dann: wohin? Egal, ob das Rat Pack des deutschen Feuilletons, durch Hässlichkeits-OPs verstümmelte Sammlerinnen oder einfach nur ahnungslose Touris: Nach Mitternacht eilt man auf die Terrasse des Hotel Bauer, knöpft Hemd oder Bluse einen Knopf weiter auf und bestellt sich einen Bellini für 20 Euro. Nee, doch, ist total toll!