Raum und Zeit sind relativ, so oder so ähnlich hat es Albert Einstein bestimmt gemeint. Und so habe ich mich neulich gefragt: Wann ist ein guter Zeitpunkt für Plätzchen? Ich wurde mit einer Antwort auf diese Frage sozialisiert: Immer. Meine Tanten und die Ehefrauen meiner Onkel haben stets gern gebacken. Die einen konnten das super, die anderen nicht so gut. Aber aus purer Gastfreundschaft und Freude haben sie sich in die Küche begeben und einen Teig angerührt. Wir Kinder konnten rund ums Jahr dabei zuschauen, naschen und dekorieren. Wie schön!
Die Lebensmittelindustrie meint dagegen, dass wir vor allem zwischen dem 1. November und dem 24. Dezember unbedingt backen sollten. Natürlich gibt es hierzulande traditionell eine gewisse Zeit im Jahr, in der bestimmte Dinge einfach angesagt sind. So zum Beispiel auf Weihnachtsmärkten bei Minusgraden im Dunkeln zu stehen und seine Füße nicht mehr zu spüren. Hach, du Fröhliche!
Wenn es früher dunkel wird, weil die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sich nicht einigen können, die Reform der Zeitumstellung umzusetzen (jaja, die EU ist schuld an der Dunkelheit!), tauchen in meinem Kopf immer mehr Fragen auf: Wer verfügt über unsere wertvolle Zeit? Wer entscheidet, wann wir was zu tun oder zu lassen haben? Kann man den Wert von Zeit überhaupt aufwiegen?
Ganz nach Gusto bei Zeit und Zucker
Generell ist Zeit in unseren Gesellschaften längst und abschließend inwertgesetzt worden. Wir werden mit Tricks möglichst lange vor Bildschirmen mit Werbung gehalten, Arbeitgeber betrügen ihre Angestellten und nehmen ihnen unbezahlt Lebenszeit ab, Politiker:innen versprechen zu jeder Wahl erneut, dass es in der kommenden Legislaturperiode so weit sein wird mit der guten, solidarischen und inklusiven Gesellschaft. Ich will nicht mehr warten, ich will über meine Zeit selbst bestimmen können, ich will Plätzchen backen, wann immer ich möchte. Auch nach dem 24. Dezember.
Dafür habe ich folgende Zutaten zu einem klebrigen und zugleich festen Teig gerührt. Am besten zuerst die trockenen Elemente gut mischen und dann nach und nach die restlichen Zutaten hinzufügen:
50 g Mandelmehl (oder sehr fein gehackte Mandeln)
50 g Haselnüsschen (sehr fein gehackt)
1/2 Päckchen Backpulver
ca. 100 g gesiebtes Mehl
Eine Prise Zimt
Eine Prise Muskatnuss
Eine Prise Salz
1 Ei
Mark einer halben Vanille-Schote (optional)
80 g Back-Margarine (Zimmertemperatur)
1 TL Honig
Wer mag, kann noch vier Esslöffel Zucker hinzufügen. Die Plätzchen waren für eine Freundin gedacht, die keinen Industriezucker zu sich nimmt. Good for her. Aus dem Teig entweder kleine Kugeln formen, die auf einen Teelöffel passen, und mit genug Abstand auf einem mit Backpapier belegten Blech platzierten oder größere Kugeln formen (die dann zu großen Keksen mutieren) und die noch weichen Kekse direkt nach dem Backen ausstechen oder in Groß lassen. Als Geschenk wollte ich sie uniform, schön und zeitlos haben. Deswegen habe ich sie mit einem Eierbecher ausgestochen, Ausstechform geht natürlich auch.
Backen dauert bei 180°C ca. 15 bis 20 Minuten, je nach Ofen. Am besten in der Nähe bleiben und durchs Fenster überprüfen, denn diese Kekse verfügen auch sehr selbstbewusst über den Faktor Zeit. Nach Gusto dekorieren.