Tipps und Termine

Wohin in Brandenburg?

Im Sommer geht die Kunst ins Grüne: Galerien und private Initiativen bringen Ausstellungen in verfallene Schlösser und aufgemöbelte Gutshäuser des Berliner Umlands. Hier sind drei Highlights

Rohkunstbau­­­ 28 im Schloss Altdöbern, Spreewald

Seit 1994 findet regelmäßig die Ausstellungsreihe "Rohkunstbau" ein temporäres Zuhause in den Schlössern, Herrenhäusern und Villen Brandenburgs. Bereits mit der ersten Ausgabe war es das Ziel, vergessene Kulturorte und später auch fürstliche Prachtbauten im Umland Berlins wiederzuentdecken und neu zu beleben. Rohkunstbau 28 zeigt in der von Heike Fuhlbrügge kuratierten Ausstellung nun im Schloss Altdöbern im Oberspreewald Werke von 15 Künstlerinnen und Künstler, die in unserer krisenhaften Gegenwart aus Pandemie, Krieg und Kulturkampf "Endlich Frieden!" stiften - so jedenfalls der utopische, provokante Titel der Schau. Mit dabei sind etwa Banksy, Mariechen Danz, Sven Johne und AA Bronsen. 

Das Barockschloss in der Niederlausitz, in dem das Kunstfestival bereits im vergangenen Jahr zu sehen war, war einst Domizil des kurfürstlichen Beraters Carl Heinrich von Heineken. Als Schriftsteller, Sammler, Altdöberner Gerichtsherr und vor allem Direktor des Kupferstichkabinetts in Dresden stand er Friedrich August III, dem Sohn August des Starken, bei Kunst- und Kuriositätenkäufen zur Seite. Die Vergrößerung ästhetisch konfigurierter und repräsentativer Sammlungen war dem Lebemann also ein bekanntes Spiel. So ließ von Heineken das Schloss aufwendig ausbauen und den dazugehörigen Garten um das Sechsfache vergrößern.

Ein gigantisches, begrüntes Areal erstreckt sich um die dreiflügelige Schlossanlage, vor der Front eine florale Augenweide um den Springbrunnen. Der Kunsthistoriker Udo von Alvensleben beschrieb das Gelände in Tagebucheinträgen der 1910er-Jahre als "durch berühmt gewordene Extravaganzen zugrunde gewirtschaftet". Angeblich ließ der Graf von Witzleben-Alt-Döbern ganze Alleen im Wald zu seiner Unterhaltung ausleuchten. Es empfiehlt sich also, in dem Park nach Ausstellungsbesuch auch noch ein bisschen zu lustwandeln - um wenigsten für sich selbst tatsächlich kurz ein bisschen Frieden zu finden.

28. Kunstfestival "Rohkunstbau", Schloss Altdöbern, bis 29. Oktober 2023.

Berliner Galerien in Kirchmöser bei Brandenburg

Das Silent Green Kulturquartier in Berlin und neun Galerien der Hauptstadt stellen seit Anfang Juli in Kirchmöser – einem Ortsteil von Brandenburg an der Havel – Gegenwartskunst aus. Die Installationen, Skulpturen, Videos und Malereien sind "Am Seegarten", einer alten Pulverfabrik direkt am Plauer See, zu sehen. Es gehe um die Revitalisierung des gesamten Ortes, sagte Jörg Heitmann, einer der Projektinitiatoren. An der Ausstellungsstätte seien um 1915 rund 400 Fabrikgebäude entstanden, also eine urbane Infrastruktur. Mit der Veranstaltung wolle man zeigen, dass dieser Ort Flächen für Kulturschaffende biete und man weitere der brachliegenden Gebäude wiederbeleben könne. Bekannt geworden isst der Ort als Krankenhaus-Drehort von Christian Petzolds Film "Barbara".

In den rund 60 Räumen und einen großen Saal sind unter anderem Werke von John Bock, Lea Draeger, Friederike Feldmann, David Horvitz, Bjørn Melhus, John Miller, Navid Nuur, Karin Sander, Jan St. Werner und Franz West zu sehen, präsentiert von den Galeren Alexander Levy, Barbara Weiss, ChertLüdde, Ebensberger, Esther Schipper, Klosterfelde Edition, Meyer Riegger, Plan B und Sprüth Magers.

Sommerausstellung "Am Seegarten", Am Seegarten, Kirchmöser / Brandenburg an der Havel, bis 17. September

George Rickey in Oberkrämer, Oberhavel

Kunst, Natur und herrschaftliche Architektur verbinden sich auf dem Schlossgut Schwante in der Gemeinde Oberkrämer in Brandenburg. In dem zehn Hektar großem Skulpturenpark sind unter anderem Lynn Chadwick, Jeewi Lee, Dan Graham, Carsten Nicolai, Susan Philipsz, Ulrich Rückriem und Anne Seubert zu finden. Im Fokus stehen in diesem Jahr acht kinestetische Metallwerke des 2002 verstorbenen Künstlers George Rickey. Die großformatigen Skulpturen werden durch Wind und Schwerkraft in Bewegung versetzt und interagieren so mit der sie umgebenden Natur. "Auf den Künstler warten als Motiv nicht die Bäume, nicht die Blumen, nicht die Landschaft, sondern das Wogen der Äste und das Zittern der Stämme, das Auf- oder Abziehen der Wolken, das Auf- und Untergehen, das Wachsen und Vergehen der Himmelskörper", beschrieb  Rickey seine Kunst. eine Werke zeichnen sich besonders durch technische Perfektion und geometrische Einfachheut aus.

Das Schlossgut Schwante circa 25 Kilometer nordwestlich von Berlin ist das Zuhause des Kunstsammlerpaares Loretta Würtenberger und Daniel Tümpel. Der das Gut umgebende Park lädt mit insgesamt 28 Skulpturen durch Hängematten, Liegestühle und ein Wasserrondell zum Verweilen ein. Nach dem Flanieren geht es dann in das Restaurant im Garten.

"Fokus George Rickey", Schlossgut Schwante, Oberkrämer, bis 15. Oktober