Tipps und Termine

Wohin am Wochenende?

Die Kunst der Woche in Amsterdam, Arnsberg, Berlin, Chemnitz, Dessau, Dresden, Essen, Hannover, Mannheim und Zwickau


Meisterwerke von Rembrandt bis Vermeer in Amsterdam

Amsterdam bekommt ein besonderes Geburtstagsgeschenk: Anlässlich der 750-Jahr-Feier der niederländischen Hauptstadt stellt die renommierte Privatsammlung Leiden Collection 75 Gemälde von Meistern aus dem 17. Jahrhundert zur Verfügung, darunter 18 Werke von Rembrandt van Rijn (1606-1669).  Die Ausstellung "Von Rembrandt bis Vermeer" von Mittwoch an im H'ART Museum illustriert Menschen und Alltag im 17. Jahrhundert, in der Zeit von Rembrandt. Die Werke von insgesamt 27 Malern bilden ein buntes Kaleidoskop des städtischen Lebens im 17. Jahrhundert. Maler porträtierten sich selbst und wohlhabende Bürger. Sie zeigten sie mit ihren Familien, was sie für Kleider trugen, was sie auftischten oder was sie in ihrer Freizeit taten. Aber die Künstler malten auch Charakterstudien von Menschen aus ganz anderen gesellschaftlichen Gruppen - auf dem Markt, in der Kneipe oder in ihren Wohnungen. 

Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen die 17 Gemälde und eine Zeichnung von Rembrandt. Der holländische Meister war 1630 aus Leiden nach Amsterdam gekommen und erlebte dort seine Blütezeit. Der US-amerikanische Geschäftsmann, Thomas Kaplan, ist seit seiner Kindheit fasziniert von Rembrandt. Und diese Liebe war, wie er in Amsterdam sagte, die Basis für seine Sammlung. Er hatte sie auch nach der Geburtsstadt des Malers benannt. Die Leiden Collection ist eine der bedeutendsten Privatsammlungen der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts. Gezeigt werden nun auch Werke von Rembrandts Zeitgenossen wie Ferdinand Bol, Govaert Flinck, Frans Hals oder Jan Steen. Ein Höhepunkt aber ist das Gemälde von Johannes Vermeer (1632-1675) "Junge Frau am Virginal". Es ist das einzige Bild des Delfter Malers, das sich im Privatbesitz befindet. (dpa)

"From Rembrandt to Vermeer, Masterpieces from The Leiden Collection", H'Art Museum, bis 24. August 

Außenansicht des H´ART Museums
Foto: Koen Van Weel/ANP/dpa

Außenansicht des H´ART Museums


Kunst und Klimaforschung in Arnsberg 

In seiner Solo-Ausstellung "Vitals Vapors" widmet sich der brasilianische Künstler Adriano Amaral der Transformation unserer Umwelt. Durch eine Installation aus organischen und anorganischen Stoffen und Materialien sucht er ein Verständnis zwischen Mensch und Natur und appelliert an die Betrachterinnen, starre Denkmuster zu hinterfragen. "Vitals Vapors" ist Teil des Jahresprogramms "Versumpfung" des Kunstvereins Arnsberg, das durch diverse Veranstaltungen große Fragen nach dem Zusammenhang des derzeitigen Kunstschaffens und den ökologischen Veränderungen unserer Zeit auf den Grund gehen will  – eine innovative Verbindung von zeitgenössischer Kunst und Klimaforschung.  

"Adriano Amaral: Vitals Vapors", Lichthaus Arnsberg, bis 8. Juni 

Adriano Amaral "Untitled (Prosthetic Painting series)", 2023
Foto: Gunnar Meier, Courtesy Galerie Fons Welters, Amsterdam

Adriano Amaral "Untitled (Prosthetic Painting series)", 2023


Alfredo Jaar in Berlin

​Der chilenische Künstler Alfredo Jaar thematisiert in seiner Ausstellung "The End of the World" im Berliner Kindl – Zentrum für zeitgenössische Kunst die sozialen und ökologischen Folgen des Abbaus seltener Rohstoffe. Mit minimalen Mitteln verweist er darauf, dass aktuelle und zukünftige Konflikte oft um Ressourcen wie Kobalt, Kupfer und Lithium geführt werden. 

Bereits in früheren Arbeiten wie seiner Dokumentation der brasilianischen Goldmine Serra Pelada hat er die Auswirkungen des Rohstoffabbaus auf Mensch und Natur beleuchtet. Im Rahmen seiner Berliner Ausstellung und der Veröffentlichung eines zugehörigen Buches wird Alfredo Jaar an diesem Wochenende einen Vortrag halten, ergänzend gibt der politische Geologe und Geograf Adam Bobbette Einblicke in seine Recherchen, die er für die Schau unternommen hat.

Vortrag von Alfredo Jaar + Buchvorstellung, Kindl – Zentrum für zeitgenössische Kunst, Samstag, 12. April, 16 bis 19 Uhr

Alfredo Jaar
Foto: © Andrea Rego Barros, 2023

Alfredo Jaar


Yoko Ono in Berlin 

Seit den 1950ern hat Yoko Ono Kunst, Musik und politischen Aktivismus entscheidend geprägt. Gleich zwei Berliner Ausstellungen würdigen die 1933 in Japan geborene Künstlerin. "Music of the Mind" spannt im Gropius Bau den Bogen von Onos Instruktionen – schriftlichen Handlungsanleitungen, die dazu einladen, sich ein Werk vorzustellen oder es zu erschaffen – über Installationen und Performances bis zu Filmen und Fotografien. Und auch "Dream Together“ in der Neuen Nationalgalerie fordert das Publikum zur aktiven Beteiligung auf. Beim "Cleaning Piece" können Flusssteine sortiert, in der Installation "Play It By Trust" kann Schach gespielt werden – absurderweise mit ausschließlich weißen Figuren. 

Yoko Ono "Dream Together", Neue Nationalgalerie Berlin, bis 14. September

"Yoko Ono - Music of the Mind", Gopius Bau, bis 31. August 

Yoko Ono und John Lennon: „WAR IS OVER! IF YOU WANT IT“, 1969
Fotos: © John Manson

Yoko Ono und John Lennon: „WAR IS OVER! IF YOU WANT IT“, 1969


"Purple Path" in Chemnitz

Große Bühne für zeitgenössische Kunst: Mit dem "Purple Path" präsentiert sich die Region Chemnitz als großes Schaufenster für nationale und internationale Künstler. Nun ist das größte Projekt von Chemnitz als Kulturhauptstadt Europas 2025 mit einem Festakt in Flöha offiziell gestartet. Der Kunst- und Skulpturenweg verbindet die Stadt mit 38 Gemeinden im Umland. Dabei treffen internationale Künstler wie Tony Cragg, Rebecca Horn, Leiko Ikemura und Richard Long auf Werke von Kunstschaffenden der Region wie Michael Morgner, Jan Kummer, Carlfriedrich Claus und Osmar Osten. 

"Die ganze Region mit all ihren Facetten und ihrer Geschichte ist auf diese Weise selbst zum Kunstwerk geworden», konstatierte Sachsens Kulturministerin Barbara Klepsch (CDU). Sie sprach von einem besonderen Projekt, das langfristig ein Anziehungspunkt sein werde. Denn viele Kunstwerke bleiben über das Jahr 2025 vor Ort erhalten. Der Kunst- und Skulpturenpfad zeige der Welt, dass es sich lohne, die Region zu besuchen, erklärte Klepsch. 

Gezeigt werden den Angaben zufolge Arbeiten von 90 nationalen und internationalen Künstlern an 70 verschiedenen Orten. Einige der Arbeiten werden am Eröffnungswochenende neu enthüllt, weitere kommen im Jahresverlauf dazu. Allen gemein ist, dass sie einen Kontext zur Region und ihrer Geschichte, insbesondere zur jahrhundertelangen Bergbautradition, herstellen. 

Neben den Skulpturen gibt es entlang des "Purple Path" zahlreiche weitere temporäre Ausstellungen und Angebote. In Oelsnitz/Erzgebirge etwa werden Fotografien gezeigt, die der Musiker Till Brönner im Ruhrgebiet aufgenommen hat, im Kunstbahnhof Flöha verbindet die Schau "Verstrickungen" die Textiltradition der Region mit moderner Kunst. Gezeigt werden vom Institut für Auslandsbeziehungen unter anderem Werke von Käthe Kollwitz, Hermann Glöckner und Rosemarie Trockel. Derweil werden in Zwickau unter dem Titel "Sonnensucher" mehr als 200 Kunstwerke aus der Wismut-Sammlung gezeigt, der größten Kunstsammlung eines DDR-Unternehmens.

"Purple Path", verschiedene Orte in und um Chemnitz

Die Arbeit "Zwei in einander Gewobene" des Konzeptkünstlers Olaf Holzapfel auf einer Höhe in Amtsberg ist Teil des "Purple Path"
Foto: Hendrik Schmidt/dpa

Die Arbeit "Zwei in einander Gewobene" des Konzeptkünstlers Olaf Holzapfel auf einer Höhe in Amtsberg ist Teil des "Purple Path"


"Bauhaus Ecologies" in Dessau

Die Pioniere der Moderne haben wahrscheinlich anders über Umweltfragen nachgedacht als Kunstschaffende heute. Dennoch: Die Ausstellung "Bauhaus Ecologies" ergründet in Dessau nun Ansätze eines ökologischen Denkens in der modernen Gestaltung. Immerhin hat sich die Avantgarde der 1920er bereits Gedanken über die Zukunft von Natur, Umwelt, Klima und Landschaft gemacht. Die von einem umfassenden Begleitprogramm flankierte Ausstellung im Bauhaus Museum zeigt nun, wie sich zwischen Wissenschaft und Kunst, Technik und Gestaltung am Bauhaus ökologische Überlegungen mit Gestaltungsfragen verbanden. 

Entlang von beispielhaften Objekten aus der Sammlung gibt die Ausstellung Einblicke in die Begegnungen von Kristallografie und experimentellem Film, von Biologie und klimagerechtem Bauen, von Lebenswissenschaften und abstrakter Kunst.

"Bauhaus Ecologies", Bauhaus Museum Dessau, bis 2. November 

Kang Sunkoo: "Antimension", 2025
Foto: Thomas Meyer / OSTKREUZ, © Stiftung Bauhaus Dessau

Kang Sunkoo: "Antimension", 2025


Avantgarde und Massenkultur in Dresden

Eine Ausstellung der staatlichen Kunstsammlung Dresden widmet sich den Wechselwirkungen amerikanischer Massenkultur und der europäischen Avantgarde in den 1920er Jahren. Die Schau mit dem Titel "Moderne Zeiten" möchte nicht nur die Faszination für den amerikanischen Lebensstil jener Zeit beleuchten, sondern auch entsprechende Impulse aus Europa. Zwischen 1900 und 1929 emigrierten zahlreiche Künstlerinnen und Künstler der Avantgarde aus Europa in die USA. 

Die künstlerischen Bewegungen des Dadaismus, Futurismus und Konstruktivismus weckten reges Interesse in der US-amerikanischen Kunstszene. Die Exposition will zudem kritische Stimmen aus Europa und den USA an kapitalistischen Produktionsformen wie dem Fordismus - die Massenproduktion am Fließband - zeigen. Zu sehen sind über 150 Exponate aus der umfangreichen Sammlung des Archivs der Avantgarden, ergänzt um selten gezeigte Experimentalfilme. (dpa)

"Moderne Zeiten. Der amerikanische Traum und die Avantgarden der 1920er Jahre", Archiv der Avantgarden - Egidio Marzona, Dresden, bis 10. August 

Wendeltreppe im Archiv der Avantgarden
Foto: Sebastian Kahnert/dpa

Wendeltreppe im Archiv der Avantgarden


Kunst und das Ruhrgebiet in Essen

Den Blick von Künstlern auf das Ruhrgebiet zeigt von Montag an eine Ausstellung in Essen. Unter dem Titel "Das Land der tausend Feuer" sind 240 Gemälde und Grafiken im Ruhr Museum zu sehen. Die Industriebilder aus der Sammlung Ludwig Schönefeld dokumentieren den Wandel der Region durch die Industrialisierung. Die Bilder stammen von verschiedenen Kunstschaffenden, darunter auch Autodidakten und anonyme Urheber, die zwischen 1890 und 2010 subjektiv ihre Eindrücke festgehalten haben - von Kohleförderung, Schwerindustrie, Arbeitskämpfen oder Umweltschäden. 

"Zu den wichtigsten Aufgaben eines Regionalmuseums gehört, die Erinnerung und Wahrnehmung der Menschen zu dokumentieren", sagte Museumsdirektor Theodor Grütter. "Wie haben Zeitzeugen die Industrialisierung erlebt? Wie empfanden sie den Wandel des Reviers, den wirtschaftlichen Aufstieg und den späteren Niedergang?" Somit zeigten die Bilder die wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen der Region. Gleichzeitig spiegelten sie aber auch die politische und gesellschaftliche Haltung des jeweiligen Künstlers zum Thema Industrialisierung wider. Die Sonderausstellung im Raum der Kohlenwäsche läuft bis zum 14. Februar 2026. (dpa)

"Das Land der tausend Feuer. Industriebilder aus der Sammlung Ludwig Schönefeld", Ruhr Museum Essen, bis 14. Februar 2026 

Blick auf das Ruhr Museum Essen
Foto: Roland Weihrauch/dpa

Blick auf das Ruhr Museum Essen 


Vereinte Kunstwerke in Essen

August Macke, Marc Chagall, Gerhard Richter und die "Große Sinnende" von Wilhelm Lehmbruck: Die 21 Kunstmuseen des Ruhrgebiets zeigen in einer bisher einmaligen Gemeinschaftsausstellung rund 120 Spitzenwerke der Moderne in der Villa Hügel. Der einstige Wohnsitz der Krupp-Familie biete dabei einen völlig neuen Kontext für die sonst über die Häuser der ganzen Region verteilten Kunstwerke, sagte der Vorstand der Krupp-Stiftung, Volker Troche.

Die Ausstellung unter dem Motto "21x21. Die RuhrKunstMuseen auf dem Hügel" geht vom 11. April bis zum 27. Juli. Erwartet werden Zehntausende Besucherinnen und Besucher. Die Villa Hügel mit ihren 399 Räumen, der historischen Ausstattung und ihren kostbaren Parkettböden zählt mit rund 100.000 Gästen im Jahr ohnehin zu den Hauptattraktionen der Region.

Hintergrund sei die 2010 im Kulturhauptstadtjahr begründete enge Zusammenarbeit der Ruhrmuseen, sagte der Leiter des Museum Folkwang, Peter Gorschlüter. Die zusammengenommen rund 500.000 Werke aus den Sammlungen der Häuser sollten sichtbarer werden. Deshalb hätten die Museen Ende vergangenen Jahres ein Online-Angebot mit jeweils 21 Angeboten jedes Hauses begründet. Nun sei daraus eine erneute Auswahl für eine Präsenz-Ausstellung getroffen worden.

Die Werke werden in zehn Themengruppen in den Räumen präsentiert. Lehmbrucks Skulptur "Große Sinnende" ist beispielsweise der Schlüssel für einen ganzen Raum zum Bild der Frau - unter anderem mit Gerhard Richters Gemälde "Mutter und Tochter" und einem der Herdplattenbilder der aus Schwerte stammenden Rosemarie Trockel als Beispiel einer abstrakten und feministischen Auseinandersetzung mit dem Thema Weiblichkeit. Weitere Räume gibt es etwa zu "Sein und Traum", "Kauflust" oder passend zur industriell geprägten Region zu "Arbeit und Struktur". (dpa)

"21 x 21: Die Ruhr Kunst Museen auf dem Hügel", Villa Hügel, Essen, bis 27. Juli 

August Macke "Modes: Frau mit Sonnenschirm vor Hutladen", 1914
Foto: Couretsy Museum Folkwang

August Macke "Modes: Frau mit Sonnenschirm vor Hutladen", 1914


Tattoo-Ausstellung in Hannover

Schon vor mehr als 5000 Jahren ließen sich Menschen tätowieren. Sowohl auf der Gletschermumie Ötzi als auch auf ägyptischen Mumien entdeckten Forscher gestochene Muster auf der Haut. Eine Ausstellung im Museum August Kestner in Hannover widmet sich bis zum 17. August den Kunstwerken auf der Haut. Dabei wird der Bogen vom Alten Ägypten über das antike Griechenland und Rom bis zur Gegenwart gespannt. Die Schau "Tattoo. Antike, die unter die Haut geht" beruht auf einer Idee vom Antikenmuseum der Universität Leipzig. Dort war sie bereits im vergangenen Sommer zu sehen. 

Für Hannover wurde sie um Motive von tätowierten Schaustellerinnen und Schaustellern aus dem 19. Jahrhundert erweitert. Die Bildergeschichten auf den Körpern waren Jahrmarkts-Attraktionen. Die Freundin, das Kind oder gar der Hund: Heute erzählen Menschen mit ihren Tattoos über ihr Leben, präsentieren ihren Glauben oder stellen ihre Hobbys zur Schau. Manche Tattoos sind auch einfach nur Schmuck. In der Antike sei es dagegen um die Markierung von sozialen oder kulturellen Unterschieden gegangen, erläutert Kuratorin Anne Viola Siebert. So wurden mit Tätowierungen zum Beispiel Feinde bestraft oder Sklaven gekennzeichnet. Im Alten Ägypten waren Tätowierungen auch Fruchtbarkeitssymbole oder hatten eine erotische Funktion. Insgesamt sind rund 50 Ausstellungsstücke zu sehen, neben antiken Originalobjekten auch Gipsabgüsse von prominenten Statuen wie die "Venus von Milo", die nach Museumsangaben heute eines der beliebtesten Tattoo-Motive mit Antike-Bezug ist. 

Eigens für das Projekt haben sich Menschen mit derartigen Tattoos fotografieren lassen. Ihren Fotografien und Berichten werden die Vorbilder - also antike Statuen, Büsten und Vasen - gegenübergestellt. Mutige können sich sogar nach Voranmeldung im Museum ein Körperbild stechen lassen. Für den 25. April und 27. Juni ist der hannoversche Tätowierer Timo Möhlenbrock angekündigt. (dpa)

"Tattoo. Antike, die unter die Haut geht", Museum August Kestner, bis 17. August 

Tätowierstudio zu Sonderausstellung im Museum August Kestner
Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Tätowierstudio zu Sonderausstellung im Museum August Kestner


Tavares Strachan in Mannheim

Warum waren an der Wand seiner Großmutter lauter westeuropäische Männer zu sehen, fragte sich Tavares Strachan als Kind angesichts einer Abbildung von Leonardos "Abendmahl". Der Künstler wuchs auf den Bahamas auf, und nicht erst seit seiner aufsehenerregenden Skulptur 2024 für die Londoner Royal Academy of Arts schreibt er an einer Gegenerzählung. In der Figurengruppe "The First Supper" ersetzte Strachan die weißen Männer durch Schwarze, deren Bedeutung von der offiziellen Geschichtsschreibung beharrlich unterschätzt wird. 

Der äthiopische Kaiser Haile Selassie Iinks nimmt den Platz von Jesus ein, Strachan selbst figuriert als Judas. Bereits auf zwei Venedig-Biennalen hatte der 1979 in Nassau geborene Künstler afroamerikanische Pioniere der Vergessenheit entrissen: 2013 den Teilnehmer einer Nordpol-Expedition von 1909 Matthew Alexander Henson, 2019 den ersten Schwarzen NASA-Astronauten Robert Henry Lawrence jr., der nach seinem tödlichen Trainingsunfall 1967 vergessen wurde. 

In der Kunsthalle Mannheim sind nun zentrale Werke von Tavares Strachan in einer Retrospektive zu sehen. Um den tradierten Kanon umzustoßen, greift er immer wieder zu spektakulären Mitteln. So entwickelte er in Zusammenarbeit mit dem LACMA Art + Technology Lab einen Satelliten, der im Dezember 2018 ins All geschossen wurde und damit eine Büste des Astronauten Lawrence jr. in die Erdumlaufbahn brachte. Im Gedenken an den Polarforscher Henson brach der Künstler vor 20 Jahren persönlich zum Nordpol auf, schnitt einen zweieinhalb Tonnen schweren Eisblock aus einem Fluss und stellte ihn in Tiefkühlvitrinen aus, zuerst an seinem Geburtsort auf den Bahamas, später in Miami und Brooklyn. 

So verband sich das Objekt "The Distance Between What We Have and What We Want (Arctic IceProject)" mit der Problematik des Klimawandels und der migrantischen Erfahrung seiner afrokaribischen Landsleute, die über Florida in die USA kamen. Neben ihrer imponierenden Vielfalt an Methoden und Materialien fasziniert diese Kunst durch ihre inhaltliche Mehrdimensionalität. Strachan ist am "Verlernen" tradierter Glaubenssätze interessiert. Dabei geht es wohl weniger um Kulturkampf und Antagonismen als um Fragen der Gerechtigkeit.

"Tavares Strachan. Supernovas", Kunsthalle Mannheim, bis 24. August 

Tavres Strachan "There Is Light Somewhere. Jah Rastafari with Rice Field (Stacked with Pineapple, Shield and Football)", 2023
Foto: Marc Blower, Courtesy the artist and the Hayward Gallery

Tavares Strachan "There Is Light Somewhere. Jah Rastafari with Rice Field (Stacked with Pineapple, Shield and Football)", 2023


Die Kunst der Wismut in Zwickau

In der historischen Baumwollspinnerei in Zwickau können Kunstfans einen Einblick in die umfangreiche Kunstsammlung der Wismut bekommen. Die Sonderschau "Sonnensucher! Kunst und Bergbau der Wismut" zeigt mehr als 200 Kunstwerke - von Gemälden über Grafiken bis hin zu zwei noch nie öffentlich gezeigten monumentalen Wandbildern aus ehemaligen Standorten des DDR-Bergbauunternehmens. Die Schau sei die bislang größte Ausstellung zu dem Thema, teilte die Stadt Zwickau mit. Sie ist vom 10. April bis 10. August zu sehen. Das Projekt gehört zum Programm der Kulturhauptstadt Chemnitz. Zwickau ist eine der Partnerkommunen. Zu DDR-Zeiten förderte die Wismut in Thüringen und Sachsen waffenfähiges Uran für das Atomprogramm der Sowjetunion. 

Die Bergleute holten rund 231.000 Tonnen des Erzes aus der Erde. Daneben sammelte die Wismut auch Kunst. Der Fundus umfasst 4241 Werke von 475 Künstlerinnen und Künstlern. Es handele sich um die umfangreichste und wichtigste Kunstsammlung eines DDR-Unternehmens, so die Stadt Zwickau. In der Ausstellung werden Werke namhafter, in der DDR wirkender Künstler wie Peter Kraft, Werner Petzold oder Eva Schulze-Knabe gezeigt. Viele der Bilder haben einen Bezug zum Bergbau, zur Industrie oder zur Atomkraft - und rücken häufig den werktätigen Menschen in den Mittelpunkt. 

Die SDAG Wismut (Sowjetisch-Deutsche Aktiengesellschaft Wismut) vergab umfangreiche Aufträge an Maler und Grafiker. Laut Kurator Paul Kaiser spiegelt die Ausstellung den Wandel der Kunst im Osten Deutschlands wider. Während zu Beginn das bergmännische Leben heldenhaft in Szene gesetzt worden sei, hätten in den 1970er und 1980er Jahren auch gesellschaftskritische Darstellungen zugenommen. (dpa)

"Sonnensucher! Kunst und Bergbau der Wismut", Historische Baumwollspinnerei 1896, Zwickau, bis 10. August

Die Plastik eines Grubenarbeiters steht am Schacht 371 des früheren Wismut-Bergbaus
Foto: Sebastian Willnow/dpa

Die Plastik eines Grubenarbeiters steht am Schacht 371 des früheren Wismut-Bergbaus