Tipps und Termine

Wohin am Wochenende?

Die Kunst der Woche in Amsterdam, Arles, Aschersleben, Basel, Berlin, Bonn, Dresden, Paris, Rostock und Völklingen


Kunstraub und die Folgen in Amsterdam

In einer umfangreichen Doppelausstellung zeigen zwei Amsterdamer Museen die Folgen des Raubes jüdischer Kunst- und Kulturgüter durch die deutschen Nationalsozialisten. Der Kunstraub war Teil des Völkermordes an Juden, erklärten die Museen bei der Eröffnung der Ausstellung "Beroofd" (deutsch: Beraubt; noch bis 27. Oktober). 

"Der organisierte, systematische Raub von Besitz war Teil des Prozesses der Entmenschlichung der Juden im Zweiten Weltkrieg, der im Holocaust endete", sagte der Direktor des Rijksmuseums, Taco Dibbits. Die Ausstellung im Holocaust Museum sowie im Jüdisch-historischen Museum beruht auf jahrelangen Forschungen des Amsterdam Rijksmuseums nach der Herkunft seiner nach 1933 erworbenen Sammlung. 

Am Beispiel von acht persönlichen Schicksalen wird gezeigt, wie die Nationalsozialisten systematisch Kunstwerke, religiöse Objekte und kostbare Bücher von Juden geraubt hatten. Viele Juden mussten auch ihre Sammlungen verkaufen oder versuchten, auf diese Weise ihre Flucht zu bezahlen. 

Gezeigt wird zudem der zähe und oft vergebliche Kampf von Überlebenden oder Erben, ihr Eigentum zurückzubekommen. Vielfach blieben Kunstwerke, religiöse Objekte oder kostbare Bücher spurlos verschwunden. Noch immer befinden sich auch Objekte oder Bilder von früheren jüdischen Eigentümern in Museen.

Ein Fall ist die Geschichte der Familie Goudstikker: Der Kunstsammler Jacques Goudstikker war während der Flucht nach England tödlich verunglückt. Nach dem Krieg hatten seine Witwe und später ihre Erben versucht, die kostbare Kunstsammlung vom niederländischen Staat zurückzubekommen. Nach einem jahrelangen Rechtsstreit hatten sich Erben und Staat schließlich 2006 geeinigt. Zahlreiche Kunstwerke der Sammlung hingen auch in deutschen Museen. Der Fall der Goudstikker-Sammlung gilt als exemplarisch für den schwierigen Umgang mit Raubkunst nach dem Zweiten Weltkrieg. (dpa)

"Beraubt", Holocaust Museum und Jüdisch-historisches Museum, Amsterdam, bis 27. Oktober

Nationales Holocaustmuseum in Amsterdam
Foto: dpa

Nationales Holocaustmuseum in Amsterdam

 

Vincent van Gogh und die Sternennacht in Arles

Vincent van Goghs im September 1888 gemalte "Sternennacht" zählt zu den Meisterwerken des Pariser Musée d’Orsay, nun kehrt das Bild an seinen Entstehungsort Arles zurück. In der Fondation Vincent van Gogh werfen zudem weitere von dem Gemälde inspirierte Werke ein neues Licht auf die "Sternennacht", sie stammen von Kunstschaffenden wie Edvard Munch, Kasimir Malewitsch, Georgia O’Keeffe oder Helen Frankenthaler. Arbeiten von Tony Cragg, Alicja Kwade, Anselm Kiefer, Dove Allouche, Yves Klein, Lee Bontecou und anderen nehmen ebenfalls an dieser kosmischen Reise teil.

"Vincent Van Gogh and the Stars", Fondation Vincent van Gogh, Arles, 1. Juni bis 8. September


Rosa Loy und Neo Rauch in Aschersleben

Für die Neuinszenierung von Richard Wagners Oper "Lohengrin" sicherten sich die Festspiele in Bayreuth im Jahre 2018 die Unterstützung des Künstlerpaares Rosa Loy und Neo Rauch. Kostüme und Bühnenbilder für die Inszenierung von Yuval Sharon zeigt von diesem Samstag an bis zum 27. April 2025 die Grafikstiftung Neo Rauch in Aschersleben in ihrer Jahresausstellung "Bläue".

Die mit reichlich Blau gestalteten Arbeiten für Bayreuth greifen eine Äußerung von Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844-1900) auf. "Blau, von opiati­scher, narko­ti­scher Wirkung", beschrieb der Philosoph die mitunter sphä­ri­schen Klangbilder im "Lohengrin". Die später ausgezeichnete Arbeit an Bühnenbild und Kostümen schufen Loy und Rauch nach Vermittlung des Dirigenten Christian Thielemann, der 2018 auch am Pult stand.  

Die künstlerischen Wege von Rosa Loy, die 1958 in Zwickau geboren wurde, und dem zwei Jahre jüngeren Neo Rauch sind eng verbunden: Beide arbeiten seit mehr als 35 Jahren in Leipzig, beide studierten dort an der Hochschule für Grafik und Buchkunst. Immer wieder stellen sie auch ihre Arbeiten gemeinsam aus.

Die Ausstellung erinnert mit mehr als 33 Objekten an die Inszenierung des «Lohengrin» in Bayreuth. Basis war den Angaben zufolge eine Kooperation mit den Festspielen, die aus dem Fundus Kostüme, Modelle der Bühnenbilder und Requisiten beisteuerten. Aktuelle Papierarbeiten und Leihgaben aus privaten Sammlern ergänzen die Schau. 

Die Grafikstiftung Neo Rauch wurde 2012 gegründet. Der Künstler ist in Aschersleben aufgewachsen. Zum Bestand gehören jeweils ein Exemplar des grafischen Werks von Rauch, das seit 1993 entstanden ist oder noch entstehen wird. (dpa)

"Neo Rauch und Rosa Loy: Bläue. Kostüme und Bühnenbilder für Lohengrin, Bayreuther Festspiele 2018", Grafikstiftung Neo Rauch, Aschersleben, bis 27. April 2025

Ausstellung "Bläue" in der Grafikstiftung Neo Rauch, Aschersleben, 2024
Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Ausstellung "Bläue" in der Grafikstiftung Neo Rauch, Aschersleben, 2024


Afrikanische Figuration in Basel

Wie wurde im afrikanischen Kontinent und seiner Diaspora der Alltag in den vergangenen 100 Jahren erlebt und künstlerisch verarbeitet? Die Antwort ist eine umfassende Schau im Kunstmuseum Basel, die Werke von rund 120 Kunstschaffenden für ein Kaleidoskop der afrikanischen figurativen Malerei zusammenbringt. Soundstationen sowie eine stimmungsvolle Szenografie schaffen einen zusätzlichen Kontext für Arbeiten von Michael Armitage, Ben Enwonwu, Danielle McKinney, Chéri Samba, Amy Sherald, Lynette Yiadom-Boakye und vielen anderen.

"When We See Us: Hundert Jahre panafrikanische figurative Malerei", Kunstmuseum Basel, bis 27. Oktober


Tyler Mitchell in Belin

Der 1995 geborene US-Amerikaner Tyler Mitchell zählt zu den Fotoschaffenden einer neuen Schwarzen Avantgarde, die ihre Bildproduktion zwischen Kunst und Mode ansiedelt. Seit seinem Aufstieg in der Modewelt arbeitet er an einem visuellen Narrativ über Schönheit, Mode, Utopie und Landschaft. Mitchells erste Soloschau in Deutschland, die im C/O Berlin stattfindet und rund zehn Schaffensjahre umfasst, spürt den Perspektiven des jungen Fotografen auf Selbstbestimmung und die Kraft des Alltäglichen nach. In der Installation "Altars/Acres" sind außerdem Kunstschaffende wie Rashid Johnson, Gordon Parks und Carrie Mae Weems vertreten. 

"Tyler Mitchell: Wish This Was Real", C/O Berlin, 1. Juni bis 5. September. Eröffnung Freitag, 30. Mai, ab 20 Uhr


Die Kunst der Demokratie in Bonn

"Braucht die Demokratie ein Update?" Dieser für ein Kunstmuseum ungewöhnlichen Fragestellung geht die Bundeskunsthalle in einer großen Ausstellung nach. Passend zu 75 Jahre Grundgesetz und Gründung der Bundesrepublik Deutschland wird untersucht, wie die Demokratie gestärkt und in der Zukunft gestaltet werden könnte. Die Ausstellung "Für Alle!" zeigt unter anderem die Skulptur "Göttin der Demokratie", die von den Besucherinnen und Besuchern allerdings erst aufgepumpt werden muss. Wenn nicht mehr nachgepumpt wird, geht langsam die Luft raus. "Demokratie ist eben kein Serviceangebot an uns, wir sind hier nicht die Kunden der Demokratie, wir sind die Betreiber", sagte Kuratorin Johanna Adam. 

Ein anderes Exponat ist ein rekonstruiertes Kleroterion aus dem klassischen Griechenland, eine Losmaschine, mit deren Hilfe in Athen fast alle politischen Ämter vergeben wurden. "Das Wesen der Demokratie ist das Losen, nicht das Wählen", war die Überzeugung des Philosophen Aristoteles. (dpa)

"Für alle: Demokratie neu gestalten", Bundeskunsthalle, Bonn, bis 30. Oktober


Kinderbiennale in Dresden

Internationale Künstler und Kinder machen das Japanische Palais in Dresden wieder für neun Monate zum Ort der Zukunft. Im Fokus der 3. Kinderbiennale der Staatlichen Kunstsammlungen (SKD) stehen Visionen von Frieden, Gemeinschaft, Nachhaltigkeit und globaler Gerechtigkeit, aber auch Toleranz und Gemeinschaft. "Es ist die Frage, wie wir die Welt gestalten und zu einem besseren Ort machen können", sagte Kuratorin Anna Aulich. Das Ausstellungskonzept basiert auch auf Träumen, Wünschen und Ideen von 130 Kinderbeiräten der zweiten bis sechsten Klasse aus Schulen der Elbestadt. Sie hätten sehr konkrete Vorstellungen von der Zukunft, die sie reflektierten und zudem die Sammlungen der SKD erforscht. 

Der "Planet Utopia" im Barockpalais wird mit einem großen Fest am Internationalen Kindertag (Samstag) eröffnet und ist eintrittsfrei. In zehn Räumen des Gebäudes aus dem 18. Jahrhundert sind Kunstwerke installiert, die Gefühle, Empathie und Phänomene der Natur, aber ebenso gesellschaftlichen und politischen Fragen berühren. Dabei wird traditionell auch Interaktion erwartet. 

So sollen sich mit Kreisen überzogene Wände gemäß der Aufforderung "Today I feel like ..." mit gezeichneten Gesichtern füllen oder ein Insektenreich aktiviert werden. Dafür studierten Kinderräte zuvor solche Tierchen am Elbufer und zeichneten Fantasie-Exemplare wie Saugerkäfer oder Blasenfalter, die nun dreidimensional aus Folie handgefertigt in mundgeblasenen Glaskörpern umherflattern - bei Annäherung. 

Es gibt eine Unterwasserwelt aus Plastikflaschen samt Riesen-Kalamar, ein Geruchs-Memory, eine über zwei Räume reichende Skulptur aus Pappe oder eine mäandernde Skulptur aus Luft, umschlossen von zartem Textil. In einem Utopia-Labor, das von verschiedenen Künstlern bespielt wird, werden Visionen gesammelt, es gibt ein Songwriting-Projekt zu Kinderrechten und «Sterne zum Anfassen» - eine künstlerische Reflexion zum Phänomen der Lichtverschmutzung. 

Die mit einem breiten Bildungsprogramm, offenen Werkstätten, Abendöffnung sowie Angeboten auch für Babys und Kleinkinder verbundene Schau ist eine Kooperation mit der National Gallery Singapore, deren Kinderbiennale Vorbild für Europas Ausgabe war. (dpa)

Kinderbiennale "Planet Utopia", Japanisches Palais, Dresden, bis 30. März 2024

Francis Alÿs "Reel-Unreel", 2011
Foto: Ajmal Maiwandi, © Francis Alÿs

Francis Alÿs "Reel-Unreel", 2011


Die Kunst des Comics in Paris

In den futuristischen Plexiglasröhren des Centre Pompidou könnten die Raumfahrer Valérian und Laureline wohnen oder ein Astronaut aus der Zeichenfeder von Moebius. Das Pariser Museum war dem von akademischer Seite oft geschmähten Comic ohnehin immer zugetan, aber das kommende Ausstellungspaket "La BD à tous les étages" (Comics auf allen Etagen) dürfte alle Erwartungen an den Kulturtempel sprengen.

Die Hauptschau „Bande dessinée, 1964–2024“ ist als Streifzug durch die moderne und zeitgenössische Geschichte des Mediums angelegt. Erstmals in diesem Umfang soll dort ein Dialog zwischen europäischen und US-ameri­kanischen Cartoons sowie asiatischen Mangas stattfinden.

Albert Uderzo oder der italienische Zeichner Lorenzo Mattotti treffen auf Robert Crumb, Charles M. Schulz, Art Spiegelman oder die Vaterfigur des japanischen Erwachsenencomics "Gekiga", Yoshihiro Tatsumi. Sechs weitere Säle sind den Pionieren der Gattung gewidmet, darunter Will Eisner, Hergé und Winsor McCay. Zugleich soll die Ausstellung "La bande dessinée au Musée" den vermeintlichen Gegensatz zwischen den Kunstformen auflösen, indem dort 15 zeitgenössische Comic-Autorinnen und -Autoren auf Werke von Henri Matisse, Francis Picabia oder Mark Rothko treffen, die Elemente des Comics integriert haben.

Dass die Grenzen zu anderen Kulturformen von der Bildhauerei bis zum Videospiel längst durchlässig geworden sind, zeigt eine Schau mit jungen Talenten des stetig weiterwachsenden Archipels Comic.

"La BD à tous les étages", Centre Pompidou, Paris, bis 4. November


Tim Eitel in Rostock

Die Kunsthalle Rostock zeigt von Sonntag an 53 Gemälde und Aquarelle des Malers Tim Eitel. Der 53-Jährige ist ein Vertreter der Neuen Leipziger Schule. Die Werke umspannen eine Schaffenszeit von 2015 bis 2024. Die Idee für die Ausstellung sei vor zehn Jahren entstanden, als er ein Bild des Malers in Basel gesehen habe, erinnert sich Kunsthallen-Leiter Uwe Neumann. "Tim Eitel gelingt es, die Malerei ins 21. Jahrhundert zu führen." Die Ausstellung trägt den Titel "Vorschläge für Nachbilder".

Die Bilder füllen die Wände der gesamten zweiten Etage der Kunsthalle. Als Motive wählte Eitel oft Innenräume von Museen, in denen Frauen und Männer betrachtend stehen oder gehen. Die Figuren sind meist fotorealistisch gemalt. "Ich mache keine Skizzen", so Eitel, der an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig studierte und seit 2015 an der Kunstschule Beaux-Arts de Paris lehrt. Die Rostocker Ausstellung kuratierte er selbst. Oft entstünden die Bilder im Zwiegespräch mit dem Sujet selbst, sagte er.

Der Begriff Nachbilder steht für Eitel für die Momente und Eindrücke, die visuell nachhallen und -klingen, wenn man die Augen schließt, etwa nach einem Blick in die Sonne. In den Bildern sind es Menschen, die Abdrücke auch im eigenen Leben hinterlassen hätten, noch schemenhaft präsent oder teils schon verschwunden seien. "Es sind die, die da sind ohne wirklich da zu sein", beschrieb der aus Baden-Württemberg stammende Künstler.

"Tim Eitel: Vorschläge für Nachbilder", Kunsthalle Rostock, 2. Juni bis 8. September. Eröffnung: Samstag, 2. Juni, 18 Uhr

Tim Eitel in seiner neuen Ausstellung "Vorschläge für Nachbilder 2015-2024" in der Kunsthalle Rostock
Foto: dpa

Tim Eitel in seiner neuen Ausstellung "Vorschläge für Nachbilder 2015-2024" in der Kunsthalle Rostock


"Man & Mining" in Völklingen

Es ist eine Ausstellung, die den weltweiten Abbau von mineralischen Rohstoffen sowie die Folgen für Mensch und Natur in den Blick nimmt: "Man & Mining" ist von diesem Samstag (1. Juni) bis zum 1. September im Weltkulturerbe Völklinger Hütte im Saarland zu sehen. Die Ausstellung sei "aufs Engste" mit der Geschichte vor Ort verbunden, teilte Generaldirektor Ralf Beil am Mittwoch in Völklingen mit. "Ohne den Abbau von Erz und Kohle hätte es weder ein Eisenwerk noch eine Eisenproduktion gegeben." 

In der Völklinger Hütte war im Juli 1986 die Roheisenproduktion beendet worden - das historische Eisenwerk hatte nach mehr als 100 Jahren ausgedient. Das weltweit einzige erhaltene Eisenwerk aus dem Industriezeitalter ist seit 1994 Unesco-Weltkulturerbe.

Bei "Man & Mining" gehe es «um eine Kernfrage menschlicher Existenz – der Ausbeutung unseres Planeten zur Mehrung von Lebensqualität und Wohlstand zumeist weniger auf Kosten vieler Menschen», sagte Beil weiter. Dabei gehe es vor allem um den Bergbau im Globalen Süden. Im Fokus stünden Erz und Kohle, aber auch Gold, Silber, Mangan und Lithium, das für Elektro-Mobilität oder Tablets und Smartphones gebraucht werde. 

In der Erzhalle sind Fotografien, Objektkunst und Rauminstallationen unter anderem von Unknown Fields, Danny Franzreb, Johnny Haglund, Pieter Hugo und  Lu Guang zu sehen. Die Ausstellung wurde vom Weltkulturerbe Völklinger Hütte konzipiert und in Kooperation mit dem Museum der Arbeit in Hamburg umgesetzt. Dort habe «Man & Mining» bereits eine erste erfolgreiche Station erlebt, hieß es. (dpa)

"Man & Mining", Völklinger Hütte, Völklingen, 1. Juni bis 1. September