Tipps und Termine

Wohin am Wochenende?

Die Kunst der Woche in Berlin, Bilbao, Dresden, Düsseldorf, München, Paris, Rostock, Stuttgart und Wien


Sven Johne und Isabel Fargo Cole in Berlin

Ein untergegangenes Imperium wird besichtigt: In Sven Johnes jüngstem Film "Das sowjetische Hauptquartier" zeigt ein Makler der vermeintlichen Immobilieninvestorin Katharina Baronn das ehemalige Hause der sowjetischen Offiziere im brandenburgischen Wünsdorf, Überreste sozialistischer Propaganda und Mosaike, das verlassene Schwimmbad, die Flure, das Theater. 

Was der Makler nicht weiß: Baronn hat hier 1994 bis zum kompletten Abzug der ehemaligen sowjetischen Streitkräfte aus dem nun wiedervereinigten Deutschland als einziges Brandenburger Kind an Bastel- und Begegnungsnachmittagen teilgenommen, in denen die eigentlich schon 1991 aufgelöste Sowjetunion fortbestand. "Und draußen, vor den Mauern des Hauptquartiers, da war eben die andere Welt, die Welt des Kapitalismus, da waren Aldi und Aral und Auto-Teile-Unger". 

Auch in dem Roman „Die Grüne Grenze“ der in Berlin lebenden US-Amerikanerin Isabel Fargo Cole kommt dieses "sowjetische Hauptquartier" in Wünsdorf vor. Das Buch, 2018 für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert, erzählt vom Eingesperrtsein in DDR, von persönlichen, künstlerischen und geografischen Grenzen. 

Am Samstag wird die Schriftstellerin in Sven Johnes Ausstellung "Das sowjetische Hauptquartier" in der Fluentum Collection aus ihrem Roman lesen. Vor der Lesung, um 17 Uhr, wird Johnes 35-minütiger Film gezeigt, nach der Lesung unterhalten sich die Schriftstellerin und der Künstler über ihr Werk, über das neue Interesse an der DDR, über das künstlerische Abtasten von Terrain und – natürlich – über das Haus der sowjetischen Offiziere im brandenburgischen Wünsdorf. 

Moderiert wird das Gespräch von Monopol-Redakteur Daniel Völzke.

"Spuren im Raum“. Filmscreening, Lesung und Gespräch, Fluentum, Berlin, 25. November, 17 Uhr


Charity Sale fürs Operndorf in Berlin 

Shoppen und gleichzeitig etwas Gutes tun: im VooSpace in Berlin findet am 24. und 25. November ein Charity Sale zugunsten von Christoph Schlingensiefs Operndorf Afrika statt. Organisiert vom VooStore Berlin und der Kommunikationsberaterin Kiki Albrecht, wird es eine große Auswahl von Produkten geben, darunter "Ready-To-Wear, Schuhe, Beauty-Artikel, Accessoires, Interior, Designobjekte und auch Kunst", wie es in der Event-Beschreibung heißt. Am Samstag, 25. November, gibt es ab 14 Uhr auch Drinks und Musik.

Die angebotenen Produkte sind nach Angaben der Organisatoren bis zu 30 Prozent günstiger als sonst im Handel, und die Erlöse sollen direkt in die Projekte in Burkina Faso fließen.

Wohltätigkeits-Markt im VooSpace, Berlin, bis 25. November 


Gego in Bilbao

Sie wurde in Hamburg in einer jüdischen Familie geboren, studierte in Stuttgart und floh vor den Nazis nach Venezuela, wo sie zu einer der bedeutendsten Vertreterinnen der geometrischen Abstraktion Lateinamerikas wurde. Nach New York widmet das Guggenheim-Museum in Bilbao nun der deutsch-venezolanischen Künstlerin Gego (1912-1994) eine große Ausstellung. 

Gego experimentierte vor allem mit dem Raum und der Linie, die sie in unterschiedlichsten Formen in Druckgrafiken und in dreidimensionalen tänzerischen Werken übertrug.

Die Werke der als Gertrud Goldschmidt geborenen Künstlerin verkaufen sich heute im sechsstelligen Bereich. Dennoch sind museale Schauen selten. Seit einigen Monaten scheint ein Aufholbedarf zu bestehen. Im Frühjahr 2022 war sie im Kunstmuseum Stuttgart zu sehen, im Herbst 2022 in Mexiko im Jumex-Museum, im März 2023 im Guggenheim-Museum New York und nun bis zum 4. Februar im Guggenheim-Museum in Bilbao. 

Unter dem Titel "Wie man die Unendlichkeit misst" steht der schöpferische Werdegang der Bildhauerin, Installationskünstlerin und Architektin im Mittelpunkt. 150 Skulpturen, Zeichnungen und Drucke illustrieren ihre Entwicklung, die von frühen figurativen Arbeiten wie Landschaftsbildern bis hin zu ihren bekannten filigranen Rauminstallationen aus Draht, Seilen und Aluminiumstäben reicht. 

Den räumlichen Mittelpunkt bilden in Bilbao die "Reticuláreas", eine im Jahr 1969 entstandene Serie netzartiger Aluminium- und Stahlskulpturen, deren Wiederholung die Strukturen endlos erscheinen lässt. Auch ihre letzten Arbeiten (1987-1991) sind zu sehen: kleine zweidimensionale Werke aus ineinander verschlungenen Papierstreifen. (dpa)

Gego, "Wie man die Unendlichkeit misst", Guggenheim Museum Bilbao, bis 4. Februar 2024


Forschungsprojekt zum Kunsthandel in Dresden

"Privater Kunsthandel nach 1945 in Dresden. Einblicke ins Forschungsprojekt" heißt die neue Ausstellung im Georg-Treu-Kabinett in Dresden. In Kooperation mit dem Deutschen Zentrum Kulturgutverluste befasst sich das Projekt der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden am Albertinum mit der "Geschichte privater Dresdner Kunst- und Antiquitätenhandlungen unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkrieges und in der DDR-Zeit", so die Ausstellungs-Beschreibung.

Bis zum 3. März 2024 präsentiert die Kabinett-Austellung einen ersten Stand nach einem Jahr Forschung, in einem Feld, in dem bisher nur wenige Untersuchungen vorliegen.

"Privater Kunsthandel nach 1945 in Dresden", Albertinum Dresden, bis 3. März 2024


Neuer Kunstpalast in Düsseldorf

Nach jahrelanger Schließung ist der Kunstpalast in Düsseldorf nun neu eröffnet. In 49 Sälen sind rund 800 Kunstwerke und Designobjekte vom Mittelalter bis zur Gegenwart neu präsentiert. Ausgewählt wurden die Arbeiten aus den rund 130.000 Sammlungsobjekten des städtischen Museums.

Der Kunstpalast mit seiner mehr als 300-jährigen Tradition verfügt nicht nur über Meisterwerke von Rubens bis Gerhard Richter, sondern auch über eine riesige Sammlung angewandter Kunst des ehemaligen Düsseldorfer Kunstgewerbemuseums. Manche Werke waren zuvor noch nie zu sehen.

Die Umgestaltung des Sammlungsflügels hat rund 50 Millionen Euro gekostet. Glanzpunkte sind neben zwei monumentalen Rubens-Werken auch etwa Arbeiten des deutschen Expressionismus von Kirchner, Macke, Dix und Marc sowie der Zero-Kunst der 1960er-Jahre. Aber auch eine Kopie der weltberühmten Mona Lisa und ein gefälschtes Bild werden gezeigt.

"Kunst anders denken", lautet die Devise des Kunstpalast-Direktors Felix Krämer. So steht auf allen Wandtexten ganz oben der Name des Werks und nicht der des Künstlers oder der Künstlerin, wie es in der Regel der Fall ist. "Wir gehen nicht nach Namen", sagte Krämer am Donnerstag. "Wir wollen die Geschichten erzählen." (dpa)

Sammlung des Kunstpalasts in Düssledorf seit Dienstag wieder geöffnet


Hexen im Exil in München

Eine Fotoausstellung in München widmet sich der Verfolgung von als Hexen stigmatisierten Menschen in heutiger Zeit. In mehr als 40 Ländern fänden solche Verfolgungen statt, bei denen vornehmlich Frauen zu Sündenböcken würden, teilte das Museum Fünf Kontinente am Dienstag mit. Am Beispiel einer abgeschiedenen Region im Norden Ghanas zeigt die Schau "Witches in Exile" bis zum 5. Mai 2024 Porträts Betroffener und Aufnahmen aus ihrem Umfeld.

Die Fotos und eine Multimedia-Installation stammen von den Künstlerinnen Ann-Christine Woehrl und Senam Okudzeto. Die beiden Frauen waren schon vor Jahren gemeinsam in Afrika, unter anderem auch in Ghana. (dpa)

"Witches in Exile", Museum Fünf Kontinente, München, bis 5. Mai 2024


Kunstmesse FAB in Paris

Mit 110 Ausstellern ist die zweite Ausgabe der Kunst- und Antiquitätenmesse "FAB Paris" gestartet. Unter den Händlern aus zwölf Ländern sind im Grand Palais Éphémère erstmals auch deutschsprachige Aussteller vertreten. Aus Deutschland sind unter anderem Galeristen aus Düsseldorf und Frankfurt angereist. Aus der Schweiz stammt die renommierte, auf Archäologie spezialisierte Galerie Cahn.

Die bis zum 26. November dauernde Messe vereint die Künste der Antike, seltene Bücher, Wandteppiche, Schmuck, moderne Malerei und Skulptur. Im Vergleich zum Vorjahr stellen dieses Jahr 25 Prozent mehr Händler aus. Die FAB Paris entstand 2022 aus der Vereinigung der Messen "Fine Arts Paris" und "Biennale des Antiquaires". 

Kunst- und Antiquitätenmesse "FAB Paris", Grand Palais Éphémère, Paris, bis 26. November


Amadeo Modigliani in Stuttgart 

Amadeo Modigliani ist einer der beliebtesten und teuersten Künstler der Moderne, absolutes Blockbuster-Material. Und seine Biografie scheint einige Künstlerklischees zu erfüllen: das Boheme-Leben in Paris, Alkohol, Haschisch, Opium, die hochsinnliche Aktmalerei, turbulente Beziehungen mit wechselnden Geliebten, 1920 der frühe Tod an Tuberkulose mit 35 Jahren – die junge Verlobte, schwanger mit dem zweiten Kind, brachte sich verzweifelt um.

Die Staatsgalerie Stuttgart will nun in Kooperation mit dem Museum Barberini in Potsdam Modiglianis Geschichte neu erzählen und dabei auch sein Verhältnis zu den Frauen anders bewerten. Fotos und Dokumente zeigen Modigliani als durchaus empathischen Chronisten der beginnenden Emanzipation der Frauen seiner Generation, der mit selbstbewussten Künstlerinnen und Journalistinnen verkehrte und sie, gerne mit modernen Kurzhaarfrisuren, als eigenständige Persönlichkeiten darstellte. 

Seine Aktmodelle müsse man in diesem Kontext keinesfalls als passive Objekte verstehen, so die These der Schau. Auch das Bild von Modigliani als Künstler-Solitär will die Ausstellung geraderücken, indem sie die Parallelen zu Zeitgenossen wie Gustav Klimt, Egon Schiele oder Jeanne Mammen aufzeigt. Die Staatsgalerie Stuttgart ist eines von nur vier Museen in Deutschland, die überhaupt Werke von Modigliani besitzen.

Mit zahlreichen internationalen Leihgaben konnten nun insgesamt rund 80 Werke versammelt werden. Seit 2009 hat es keine Überblicksausstellung zu dem italienischen Künstler mehr in Deutschland gegeben. Und auch wenn einige Klischees abgeräumt werden sollen: Der BlockbusterFaktor wird definitiv bleiben. 

"Modigliani. Moderne Blicke", Staatsgalerie Stuttgart, bis 17. März 2024


Ostsee-Biennalen in Rostock

Die Kunsthalle Rostock greift mit einer neuen Ausstellung die fast 60-jährige Geschichte der Ostsee-Biennalen auf und will sie dabei zugleich aktualisieren. Die Schau ist bis zum 18. Februar auf dem gesamten Areal des zweigeschossigen Museumsbaus sowie in Teilen des angrenzenden Schaudepots zu sehen.

Die Kunsthalle sehe sich aus ihrem Selbstverständnis heraus in der Verantwortung, auf die Idee der Ostsee-Biennalen als ein weltoffenes Forum für den Kulturaustausch im Ostseeraum aufmerksam zu machen, sagt der Leiter der Kunsthalle, Jörg-Uwe Neumann.

Ein Teil der Schau "Review Ostsee-Biennale. Der demokratische Raum" umfasst eine Revision aller 15 Biennalen von 1965 bis 1996 mit insgesamt 45 Werken von sechs Künstlern aus dem Kunsthallen-Bestand wie auch aus internationalen Leihgaben.

Der zweite Teil der Ausstellung präsentiert zeitgenössische Kunst aus Deutschland, Mecklenburg-Vorpommern und dem gesamten Ostseeraum. Zum Projekt gibt es ein umfangreiches Rahmenprogramm.

"Review Ostesee-Biennale", Kunsthalle Rostock, bis 18. Februar 2024


Interaktive Ausstellung in Wien

In der Heidi Horten Collection in Wien kann das Publikum die künftige Dauerausstellung mitgestalten. Besucherinnen und Besucher der aktuellen Schau "WE❤" ("We Love") können mittels Smartphone oder Stimmzettel aus 46 Kunstwerken auswählen, darunter Werke von Roy Lichtenstein, Gustav Klimt oder René Magritte. Die beliebtesten 20 werden nächstes Jahr dauerhaft in dem Museum gezeigt, das von der Kunstsammlerin und Milliardärin Heidi Goëss-Horten (1941-2022) gegründet worden war.

"Der demokratische Ansatz im Museum fehlt für viele Leute", erklärte Felix Oncken, der mit seiner Agentur Felix, Paul und Freunde das Mitbestimmungskonzept #ARTfluence erarbeitet hat. "Es geht darum zu sehen, was im Museum funktioniert, und was die Menschen ins Museum lockt", sagte sein Kollege Paul Bock.

Die Ausstellung "We Love" zeigt einen breiten Querschnitt durch die reichhaltige Horten-Sammlung. Fast jeder Quadratmeter des verwinkelten Museumsbaus wurde ausgenutzt, um etwa 150 Werke zu präsentieren. Gegliedert ist die Ausstellung in mehrere Schwerpunkte, etwa zum Expressionismus, zur Durchbrechung des klassischen Leinwandbildes, oder zur Pop-Art.

"We Love", Heidi Horten Collection, Wien, bis 25. August 2024