Tipps und Termine

Wohin am Wochenende?

Die Kunst der Woche in Ahrenshoop, Berlin, Bielefeld, Bozen, München, Münster, Neuhardenberg und Wien

 

Wolfgang Mattheuer in Ahrenshoop

Mit Arbeiten von Wolfgang Mattheuer (1927-2004), der zu den bekanntesten DDR-Künstlern gerechnet wird, startet die Galerie Alte Schule in Ahrenshoop in die Ausstellungssaison 2023. Die Schau "Trotz alledem!" konzentriere sich auf Papierarbeiten, die von Skizzen bis zum großformatigen Farbbild reichten. "Mattheuer hat die Motive seiner Gemälde immer über Zeichnungen entwickelt", sagte der Galerist und Kurator der Ausstellung, Robert Dämmig. Nach einer Vernissage am Freitagabend ist die Ausstellung im Kreis Vorpommern-Rügen von Samstag an bis Anfang Mai für Besucherinnen und Besucher geöffnet.

"Man tritt in die Galerie wie in das Gehirn von Mattheuer ein", erläuterte Dämmig, der nach eigenen Angaben gezielt politische Arbeiten für die Ausstellung zusammengetragen hat. Diese spiegelten auch heute noch aktuelle, gesellschaftliche und politische Probleme wider und könnten generationsübergreifend auf Resonanz stoßen.

Um zu veranschaulichen, wie der Künstler bekannte Arbeiten wie "Der Jahrhundertschritt", "Trotz alledem!" oder "Hinter der Maske" entwickelt hat, kooperierte die Ahrenshooper Galerie mit der Sammlung Mathar. Der Dürener Sammler Peter Mathar sei eng mit Mattheuer befreundet gewesen und habe nach eigenen Angaben die weltweit größte Sammlung von Papierarbeiten des Künstlers, erklärte Dämmig. (dpa)

"Wolfgang Mattheuer: Trotz alledem!", Galerie Alte Schule, Ahrenshoop, 25. März bis 7. Mai 

 

Christina Quarles in Berlin

Mit ihrer ersten Einzelausstellung in Deutschland sind Arbeiten der US-amerikanischen Künstlerin Christina Quarles im Hamburger Bahnhof Berlin zu sehen. Die Malerin hinterfragt mit ihren Bildern Merkmale wie Geschlecht, Hautfarbe, sexuelle Orientierung oder Alter. Die Nationalgalerie der Gegenwart zeigt "Christina Quarles. Collapsed Time" von Freitag an bis zum 17. September.

Die in eine multiethnische Familie geborene Quarles definiert sich selbst als queere Frau. Schon früh habe sie realisieren müssen, dass ihre Wahrnehmung von sich selbst und der Blick anderer auf sie häufig voneinander abweichen.

Diese unterschiedlichen Sichtweisen finden sich in ihren Bildern wieder: Körper sind nicht klar definiert, Blicke auf Hautfarbe oder Geschlecht finden selten eindeutige Antworten. In vielen Bildern lässt Quarles Figuren ohne klare Abgrenzung. Formen und Körper werden grenzenlos, gehen ineinander über.

Diese Effekte unterstreicht die Künstlerin mit ihren für Berlin geschaffenen raumgreifenden Installationen. Malereien verschmilzen mit Wänden. Linien, die gerade noch als Teil einer Tapete wirken, werden wenige Zentimeter weiter zum gemalten Vorhang vor einer der Arbeiten. In anderen Räumen sind Werke mit Gaze-Abtrennungen verstellt. Quarles erzwingt so immer wieder neue Blicke auf Teile ihrer Arbeiten, Ausschnitte von Bildern oder gar komplette Verschleierung.

Gemeinsam mit dem Direktoren-Duo Sam Bardaouil und Till Fellrath hat Quarles ihre Arbeiten mit einigen Werken aus der Sammlung konfrontiert. Die Gemälde treffen so etwa auf Annette Kelm, Vito Acconci, Charlotte Poseneske, Daniel Buren oder Nam June Paik. (dpa)

"Christina Quarles. Collapsed Time", Hamburger Bahnhof, Berlin, bis 17. September

 

Daniel Boyd in Berlin

Erzählungen bewegen sich kontinuierlich durch Zeit und Raum – davon ist der Australier Daniel Boyd überzeugt. In seiner ersten umfassenden Ausstellung in Europa verwebt der 1982 geborene Künstler im Berliner Gropius Bau indigene Wissensproduktion, transnationale Netzwerke des Widerstands und persönliche Familiengeschichten.

"Daniel Boyd: Rainbow Sperent (Version)", Gropius Bau, Berlin, bis 9. Juli

 

Holocaust-Fotografie in Berlin 

Das Berliner Museum für Fotografie hat eine Ausstellung der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem zu Gast. "Flashes of Memory. Fotografie im Holocaust" zeigt von diesem Freitag an bis zum 20. August in unterschiedlichen Kapiteln mit zahlreichen historischen Beispielen den Umgang mit dem Medium Fotografie durch die Nationalsozialisten, ihre Opfer und die Kriegsgegner. 

Die Sonderausstellung ist eine Kooperation mit der Kunstbibliothek der Staatlichen Museen Berlin. In Jerusalem war die Ausstellung bereits 2018 zu sehen. 

Gezeigt werden neben einer Geschichte der Fotografie die Umstände des Fotografierens in dieser Zeit. Dabei geht es unter anderem um professionelle Perspektiven am Beispiel etwa von NS-Ikone Leni Riefenstahl, aber auch von Kriegsberichterstattern der Alliierten - etwa während der Befreiung. 

Daneben sind viele Aufnahmen privater Fotografinnen und Fotografen zu finden. Dabei geht es auch um Einschätzungen zu den Bedingungen der teils gefährlichen Arbeit. Großer Raum wird auch der besonderen Sichtweise jüdischer Fotografinnen und Fotografen gegeben als direkte Opfer des Holocausts. (dpa)

"Flashes of Memory. Fotografie im Holocaust", Museum für Fotografie, Berlin, bis 20. August

 

Friedrich Kunath in Berlin

Die deutsche Romantik lässt den 1974 in Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz) geborenen Künstler Friedrich Kunath nicht los. Sehnsucht und Einsamkeit, Euphorie und Furcht sind seine Themen, die sich in den häufig bis ins Groteske überspitzten Werken mit dem Lebensgefühl seiner kalifornischen Wahlheimat mischen: Surfen und Sinnieren. Im Maschinenhaus M2 des Berliner Kindl zeigt der Künstler ältere und neue Werke, darunter Malerei, Skulptur, Installation und Video.

"Coming Home was as beautiful as going away", Kindl - Zentrum für zeitgenössische Kunst, Berlin, bis 30. Juli

 

Yto Barrada in Bielefeld

In ihren Installationen, Skulpturen, Filmen, Fotografien und Textilarbeiten beschäftigt sich die französisch-marokkanische Künstlerin Yto Barrada mit Fragen nach kultureller, politischer und persönlicher Geschichte und Identität. Ihr Werk umfasst Familiengeschichten, verdrängte Traditionen, alternative Strategien des Wissenserwerbs und eine grundlegende Kritik des Modernismus. „Bad Color Combos“, der Titel der Ausstellung mit neuen Werken der 1971 geborenen Künstlerin in der Kunsthalle Bielefeld, verweist auf die fundamentale Rolle von Farbe als Material und Medium in ihrer Praxis.

"Bad Color Combos", Kunsthalle Bielefeld, 25. März bis 30. Juli

 

Asad Raza in Bozen

Eine zyklische Schau, die den Lebenskreislauf von Erde verfolgt: Die Ausstellung "Plot" des Museion in Bozen beginnt am Samstag, 25. März, mit der Installation "Absorption" des US-amerikanischen Künstlers Asad Raza. Sie bildet den Ausgangspunkt des Projekts. Dabei wird fruchtbare Erde kultiviert, die von den Besucherinnen und Besuchern mitgenommen werden kann. Dann wird die Installation mehrere Metamorphosen durchlaufen, bis sie schließlich im September wieder recycelt wird.

Im zweiten Schritt wird die Erde von den Architekten BB (Fabrizio Ballabio, Alessandro Bava) und der Künstlerin Lydia Ourahmanezu zu Ziegeln verarbeitet. Aus diesen sollen klassische Behausungen unterschiedlicher Kulturen nachgebaut werden. In einer dritten Etappe werden die Behausungen Teil eines Stückes der Choreografin Moriah Evans in Italien, in dem es um Zerfall und Wiederaufleben geht. 

Zum Schluss werden die Ziegel wieder in ihre ursprüngliche Form zurückgeführt und die Installation "Absorption" wird wieder zu Erde. Erneut können die Besucherinnen und Besucher etwas dieser sich wandelnden Materie mitnehmen. "Plot" soll also eine Ausstellung der zyklischen Metamorphosen sein, bei der aus einer Installation mehrere künstlerische Arbeiten erwachsen, die schließlich wieder in einem Ursprung zusammenlaufen. 

"Plot", Museion, Bozen, bis 08. September

 

Nicole Eisenman in München

Seit den 1990er-Jahren schöpft Nicole Eisenman für ihre figurative Malerei aus vielfältigen Quellen, aus Werken der Renaissance, Underground-Comics oder sozialistischen Wandbildern der 1930er-Jahre. Die Werke der Amerikanerin sind voller Fantasie und Komik, haben aber auch ernste politische Anliegen. In ihrer umfassenden Soloschau im Münchner Museum Brandhorst widmet sich Eisenman der Omnipräsenz von Bildschirmen, der Klimakatastrophe und Protestbewegungen wie Black Lives Matter oder Defund the Police.

"Nicole Eisenman. What happened", Museum Brandhorst, München, bis 10. September

 

Taslima Ahmed in Münster

Die Malerei zählt zu den ältesten Kulturtechniken. Dass sie sich in Zeiten der Digitalisierung dramatisch verändert, interessiert die britische Malerin Taslima Ahmed. In ihrer Soloausstellung im Westfälischen Kunstverein in Münster zeigt die 1982 in Liverpool geborene Künstlerin auf die Geschichte der Malerei zurückgreifende Werke, in denen sie die Grenzen neuer Technologien auslotet und die Einzigartigkeit menschlicher Wahrnehmung unter Beweis stellt. Obwohl sie die malerische Geste in eine berechnete maschinelle Produktion überführt, schafft sie doch Bilder von großer haptischer Anziehungskraft.

"Taslima Ahmed. Canvas Automata", Westfälischer Kunstverein, Münster, bis 11. Juni


Christiane Möbus in Neuhardenberg

Die alte Heimat der Eltern im Oderbruch und die Flucht 1945 nach Niedersachsen sind Themen, die die 1947 geborene Künstlerin Christiane Möbus seit Jahrzehnten beschäftigen. Unter dem Titel "Wildwechsel" sind im Schloss Neuhardenberg vom 1. April bis zum 4. Juni sehr persönliche Objekte und Fotografien der Künstlerin aus sechs Jahrzehnten zu sehen, die fast 25 Jahre lang Professorin für Bildhauerei an der Berliner Universität der Künste war. Damit mache Möbus erstmals ihre eigene Familiengeschichte zum Thema einer Ausstellung, wie die Stiftung am Mittwoch berichtete.

Demnach wurde Möbus zwei Jahre nach der Flucht der Eltern im niedersächsischen Exil geboren. "Ihre von Armut geprägte Kindheit war begleitet von den Erzählungen über die Vergangenheit ihrer Familie im Odergebiet", so die Stiftung. Die präsentierten Arbeiten seien manchmal poetisch und manchmal nüchtern, manchmal melancholisch und oft voller Witz. "Sie schaffen für die Betrachter den Resonanzboden für eigene Assoziationen über Herkunft und Familie." (dpa)

"Wildwechsel", Schloss Neuhardenberg, 1. April bis 4. Juni


Orlan in Wien

Seit Mitte der 1960er-Jahre setzt sich die erklärte Feministin Orlan mit dem weiblichen Körper, seinen Zurichtungen und der Gesellschaft auseinander. Anfang der 1990er wurde sie mit chirurgischen Performance-Eingriffen weltweit bekannt. Hoch umstritten ihre Entscheidung, sich das Gesicht mittels plastischer Chirurgie nach Vorbildern aus der Kunstgeschichte (Venus, Diana, Mona Lisa) umgestalten zu lassen. Orlans umfassende Retrospektive in der Wiener Sammlung Verbund beginnt mit frühen Fotografien der 1947 in Saint-Étienne geborenen Künstlerin und mündet in ihren gemalten Selbstporträts, die im „Picasso-Stil“ von Trauer und Zorn erzählen.

"Orlan. Six Decades", Verbund Zentrale, Wien, bis 30. Juni