Die Kunst der Woche in Baden-Baden, Düsseldorf, Helgoland, Köln, Paris und Zürich
Mehr und mehr Ausstellungshäuser kehren diese Woche aus der Corona-Pause zurück. Trotzdem bleibt es empfehlenswert, sich vor einem Besuch online über die jeweiligen Ticket-, Hygiene- und Abstandsregelungen zu informieren
Refik Anadol in Baden-Baden
In Refik Anadols raumgreifenden Installationen strömen Millionen Pixel über High-End-Projektoren und LED-Wände. Die fließenden Datenskulpturen des Multimediakünstlers bewegen sich irgendwo zwischen künstlicher Intelligenz und physischen Gebilden und ziehen Besucher mit ihrer immersiven Wirkung in den Bann.
In Baden-Baden werden drei seiner Kunstwerke – "Nature Dreams", "Melting Memories" und "Bosphorus" – nun in einem Medienparcours durch das gesamte Kurhaus aufgebaut. Mit Algorithmen und Datenströmen will Anadol die Wahrnehmung der Natur erweitern, Erinnerungen materialisieren, und Besucher in die Meeresflächenaktivität des Marmarameeres am Bosporus eintauchen lassen.
"Refik Anadol – Digital Dreams. The Experience", Kurhaus Baden-Baden, 4. Juli bis 4. September
Düsseldorfer Skulpturenpark erwacht aus dem Dornröschenschlaf
Der Lantz’sche Park im nördlichen Düsseldorfer Stadtteil Lohausen war schon früher einmal Schauplatz moderner Skulpturen: 1975 errichtete der Galerist Alfred Schmela hier seine "Galerie im Park", von der bis heute noch vier Kunstwerke übergeblieben sind. Ab Sonntag wird die Grünanlage nun, konzipiert von dem Direktor der Kunsthalle Düsseldorf Gregor Jansen, als Skulpturenpark wiederbelebt.
Die bildhauerischen Arbeiten sollen Menschen, Kultur und Natur in einen Dialog bringen. So spielt beispielsweise das Schild "The Park is Mine" von Julia Bünnagel und Patrick Rieve mit unserem Verständnis von Gebietsansprüchen im öffentlichen Raum, und Bogomir Eckers "vedere" (it. sehen) beschäftigt sich mit den menschlichen Sinneswahrnehmungen im Kontext von Technik und Überwachung. Begleitend findet ein wöchentliches Programm mit Performances, Konzerten und Lesungen statt. Noch mehr Anregungen für Kunst im Freien finden Sie in der neuen Monopol-Sommerausgabe.
Internationaler Lantz’scher Skulpturenpark Lohausen, Lantz'scher Park, Kunstkommission Düsseldorf, 5. Juli bis September
Pop Art im Bunkertunnel auf Helgoland
Rund 70 Gemälde, Skulpturen und Fotografien zeigt eine Kunstausstellung in einem 130 Meter langen Bunkertunnel auf Helgoland. Die Hamburger Galerie popstreet.shop präsentiert unter dem Titel "Anna's Art Affair" in Kooperation mit dem Hotel Rickmers Insulaner Werke von 20 Künstlern der Richtungen Pop-Art, Street Art und Urban Art. Bereits vor der Corona-Pandemie hatten die Künstler die Insel besucht und Werke zum Thema Helgoland erstellt.
"Anna's Art Affair", popstreet.shop, bis 2. August
Südkoreanische Demokratiebewegung in Köln
In der Ausstellung "Gwangju Lessons" nimmt der ruandisch-niederländische Künstler Christian Nyampeta die Erinnerung an den den Aufstand zur Demokratiebewegung in Gwangju, Südkorea von 1980 und die daraus entstandene Gwangju People’s Art School zum Ausgangpunkt seiner künstlerischen Reflexion. Inhalte und Strategien politisch-künstlerischer Interventionen werden, gerade im Hinblick auf die weltweiten Protestbewegungen der letzten Jahre, neu beleuchtet.
Dabei stellt Nyampeta einen Dialog zwischen den Holzschnittarbeiten, die in der People’s Art School entstanden waren, und Archivmaterialien her, um die vielstimmige Gemeinschaft, die Geschichte des Aufstands und der Schule erfahrbar zu machen. Gleichzeitig ergänzt er dieses historische Material um Erzählungen, die den Gwangju-Aufstand in einen globalen Kontext setzen – als ein Ereignis, das uns im Hier und Jetzt etwas angeht. Besucher sind eingeladen, aktiv an der Ausstellung teilzunehmen, die Linoleumplatten von den Wänden abzunehmen und eigene Drucke anzufertigen.
"Gwangju Lessons", Akademie der Künste der Welt, Köln, bis 27. September
Christo und Jeanne-Claude in Paris
Die Ausstellung hätte zum Highlight der Pariser kulturellen Frühlingssaison werden sollen, ebenso wie die Verpackung des Triumphbogens. Beide Events konnte Christo noch mit vorbereiten, keines kann er jedoch mehr miterleben. Der Verhüllungskünstler ist am 31. Mai in New York gestorben - kurz vor seinem 85. Geburtstag. Mit "Christo und Jeanne-Claude - Paris!" widmet das Pariser Centre Pompidou dem Meister jetzt nicht nur eine Ausstellung, sondern auch eine Hommage.
Die Ausstellung legt den Fokus auf die Pariser Jahre des Künstlers und dessen Frau Jeanne-Claude. Er sei glücklich über die Schau in Paris, denn zu der Stadt habe er ein sehr persönliches Verhältnis, sagte er im Vorfeld der Ausstellung, die wegen der Corona-Krise nicht wie geplant Mitte März öffnen konnte. Als er aus dem kommunistischen Bulgarien nach Wien flüchtete, habe er umgehend versucht, nach Paris zu kommen.
Es wurde eng zusammen mit Christo an der Ausstellung gearbeitet, sowie an der Vorbereitung der Verpackung des Arc de Triomphe. Möge die Ausstellung eine Hommage an das außergewöhnliche Gesamtwerk des Künstlers sein, das für die Kunstgeschichte unserer Zeit so wichtig ist, so der Museumsdirektor Bernard Blistène.
"Christo und Jeanne-Claude - Paris!", Centre Pompidou, bis 19. Oktober
Das Drama der antiken Stadt Pompeji im Grand Palais
Abgüsse von Menschen und Tieren, die unter den Schichten der Vulkanasche zusammengerollt gefunden wurden, spektakuläre 3D-Bilder des Ausbruchs des Vesuvs, bei dem 79 n. Chr. die Stadt Pompeji vollständig begraben wurde – das Pariser Grand Palais taucht mit neuen digitalen Techniken und einzigartigen Funden jüngster Ausgrabungen in das Drama der antiken Stadt ein. Ein Teil der Exponate wurde noch kurz vor der Ausgangssperre, die Frankreich am 17. März verhängt hatte, mit dem Flugzeug von Italien nach Paris transportiert.
Neben Wandmalereien, die einst die Villen zierten, werden kostbare Funde jüngster Ausgrabungen gezeigt, darunter eine Statue der Livia, der dritten Ehefrau des römischen Kaisers Augustus. Zudem wird ein Fresko präsentiert, das Venus darstellt, die von Elefanten auf ihrem Wagen gezogen wird. Einzigartig ist der Inhalt einer Truhe: 100 winzige geschnitzte Amulette aus Glas, Amethyst und Elfenbein.
Pompeji wurde unter der Vulkanasche weitgehend konserviert und zählt zu den am besten erhaltenen Ruinen-Städte der Antike.
"Pompeii", Grand Palais Paris, bis 27. September
Neuer Blick auf die wilden Zwanziger in Zürich
Welchen Lebensdurst eine Pandemie und ein Weltkrieg auslösen können, zeigt das Kunsthaus Zürich in einer Ausstellung über die 1920er-Jahre. "In keinem Moment des 20. Jahrhunderts war die Sehnsucht der Menschen nach Neuerungen so groß wie damals", schreiben die Kuratoren zu der Schau, die heute beginnt.
Die Auseinandersetzung mit den 1920er Jahren sei abgesehen von der Coronavirus-Pandemie hochaktuell: Heute wie damals werfen Politikerinnen und Politiker, Aktivisten und Künstler althergebrachte Normen über Bord und stellen soziale und ethische Standards in Frage. Das Museum hat deshalb zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler eingeladen, sich mit der Formensprache und den Inhalten der 1920er-Jahre zu befassen und eine Brücke in die Gegenwart zu schlagen.
Mit Schwerpunkt Berlin, Paris, Wien und Zürich zeigt das Museum Malerei, Plastik, Zeichnung, Fotografie, Film und Collage aus Stilrichtungen wie dem Bauhaus, Dada, der Neuen Sachlichkeit sowie Design- und Architekturikonen des Modernismus. Die Werke von 80 Kulturschaffenden sind nicht chronologisch, sondern thematisch geordnet: "Abschied vom Kriegstrauma" etwa, "Neue Rollenbilder" oder "Rausch der Bewegung".
"Schall und Rauch. Die wilden Zwanziger.", Kunsthaus Zürich, bis 11. Oktober