Jack Whitten in Berlin
Was für ein Jammer: Erst seit wenigen Jahren wird dem Werk Jack Whittens die Aufmerksamkeit zuteil, die es verdient, da stirbt der New Yorker Maler 2018 mit 78 Jahren. Die Ausstellung am Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart in Berlin sollte ein Fest sein, die erste institutionelle Einzelausstellung in Europa. Nun müssen wir ohne diesen Ausnahmekünstler feiern. 30 Hauptwerke zeigt die Schau, die noch in enger Zusammenarbeit mit Whitten entstand. "Die Schwierigkeit besteht darin", so Kurator Sven Beckstette, "einem Werk gerecht zu werden, das sich über 50 Jahre erstreckt und in Deutschland nahezu unbekannt ist. Whitten erweiterte kontinuierlich, was Abstraktion bedeutete – auf Basis der westlichen Kunstgeschichte, die er zugleich überwinden wollte." Die Liebe zum Material, zu Experiment und Innovation wird in Whittens Bildern sichtbar: "Ich benutze für meine Arbeit nicht einmal das Wort ‚malen‘, sondern ‚machen‘. Diese Bilder sind gemacht, sie sind konstruiert", sagte der Maler 2017 im Monopol-Interview. "Dennoch ist es Malerei, weil die Werke mit Farbe entstehen. Es ist Farbe auf Leinwand. Es ist das, was passiert, wenn Gestus auf Prozess trifft." Whitten – beeinflusst vom Abstrakten Expressionismus – wischte Farbe mit Tüchern auf den Malgrund, um sie dosenweise auf die liegende Leinwand zu gießen, baute große Holzkonstruktionen, harkte die halb trockene Farbmasse zu Kompositionen, er schuf Oberflächen aus glasartigen Acrylsteinen, die er aus eigens hergestellten Farbplatten gewann. Nicht nur die technischen Grundlagen seines Werks hat er sich selbst hergeleitet, sondern auch die theoretischen. Als Afroamerikaner könne er sich apolitischen Müßiggang nicht leisten, fand er, und so lud er viele seiner Bilder mit Titeln auf, die auf historische, kosmologische oder spirituelle Ereignisse und Persönlichkeiten anspielen und Pforten zu neuen Ebenen öffnen. "Ich glaube an die Kraft der Malerei", sagte Jack Whitten kurz vor seinem Tod. Sein Werk selbst ist sein stärkstes Bekenntnis.
"Jack Whitten: Jack’s Jacks", Hamburger Bahnhof - Museum für Gegenwart, Berlin, bis 1. September
Klaus Rinke in Duisburg
Das MKM Museum Küppersmühle in Duisburg stellt in einer großen Ausstellung Zeichnungen von Klaus Rinke vor. Die "gezeichneten Malereien" des 79 Jahre alten Künstlers haben teils riesige, metergroße Ausmaße, andere Werke sind filigran und klein. Etwa 300 Arbeiten präsentiert das Kunsthaus in der Ausstellung "Die vierte Kraft". Im Zentrum der Schau stehen Rinkes monumentale Graphitbilder auf Leinwand oder Segeltuch, die ganze Räume füllen. Die Schau ist Teil der Museumsreihe "Akademos", die seit 2001 das Werk von Professoren der Düsseldorfer Kunstakademie zeigt. Zu Gast waren bislang unter anderem Tony Cragg, Rosemarie Trockel und A.R. Penck. Rinke lehrte 30 Jahre in Düsseldorf, 2004 gab er den Posten ab. (dpa)
"Klaus Rinke. Die vierte Kraft", MKM Museum Küppersmühle, Duisburg, 29. März bis zum 23. Juni
Rechtspopulismus im Netz in Dortmund
Von rechten Trollen und "alternativen Fakten": Mit Rechtspopulismus im Netz setzt sich eine Kunstausstellung im Dortmunder U auseinander. Die Schau "Alt-Right-Komplex" des Hartware Medienkunstvereins legt dabei einen Schwerpunkt auf die sogenannte "alternative Rechte" als Sammelbegriff für rechte bis rechtsextreme Gruppen und Ideologien von der radikalen US-Rechten bis zur rechtsextremen Identitären Bewegung. 16 Künstler setzen sich in ihren Arbeiten mit den Strategien und Mechanismen der rechten Propaganda auseinander, die von Ideologen mittels Hashtags, Memes und Online-Nachrichtenseiten gezielt in den Mainstream gespült werde. Eine Videoinstallation des niederländischen Künstlers Jonas Staal erforscht beispielsweise das filmische und politische Wirken von Steve Bannon, Galionsfigur der radikalen Rechten in den USA und Ex-Chefberater von US-Präsident Donald Trump. Der britische Künstler Nick Thurston hat für seine Bibliothek des Hasses ("Hate Library") dicke Bücher mit Hassreden aus Internetforen gefüllt. (dpa)
"Der Alt-Right Komplex – Über Rechtspopulismus im Netz", Dortmunder U, 30 März bis zum 22. September
Pariser Mode in Gera
Eine Schau über Pariser Mode zu Beginn des 20. Jahrhunderts ist im Museum für Angewandte Kunst in Gera zu sehen. Gezeigt werden unter anderem rund 150 Modegrafiken, die Modelle der Haute Couture in zeitgenössischer Farbgebung darstellen, wie das Museum am Dienstag mitteilte. Ergänzt wird die Ausstellung durch Kleider und Accessoires, die einen Hauch der damaligen Zeit vermitteln sollen. Grundlage der Schau sind Stücke aus der Sammlung des Museums, die größtenteils noch nicht öffentlich präsentiert wurden. Hinzu kommen Leihgaben einer Privatsammlung, die Modegrafiken, Kleider, Kosmetikkoffer, Schuhe und Kleider umfasst. (dpa)
"Chic Parisien. Haute Couture zu Beginn des 20. Jahrhunderts", Museum für Angewandte Kunst, Gera, bis 2. Juni
Fake News in Haifa
Das Kunstmuseum in der israelischen Hafenstadt Haifa eröffnet am Samstagabend eine neue Ausstellung unter dem Titel "Fake News - Fake Truth". Rund 50 Künstler aus aller Welt zeigen ihre Werke, die sich mit der "Wahrheitskrise" der Moderne befassen, wie das Museum mitteilte. Darunter ist auch eine neue Skulptur des britischen Starkünstlers Damien Hirst, der das Werk "Der Sammler" in dieser Version weltweit zum ersten Mal zeigt - eine nackte Statue von Hirst selbst. Auch der Medienkünstler Hans Bernhard und seine Wiener Gruppe "ubermorgen.com" nehmen an der Ausstellung teil. "Wir leben in einer Ära, in der wir uns schon damit abgefunden haben, dass es mehrere Wahrheiten gibt", sagt die Kuratorin Svetlana Reingold. "Wir haben auf unser Recht verzichtet zu wissen, was die Wahrheit ist." Damien Hirst befasse sich sehr intensiv mit dem Thema "Fake News", "und damit, wie Künstler ihrerseits Einfluss ausüben können", sagt Reingold. "Sie können das Ausmaß dieses Phänomens veranschaulichen und uns andere Wege aufzeigen." Auch durch den Kunstgriff der Übertreibung könne man den Beobachter für Lügen sensibiliseren. Die Ausstellung befasst sich auch mit falschen Medienberichten. US-Präsident Donald Trump sei "der Posterboy unserer Ära und dieser Ausstellung", sagt die Kuratorin. Das Werk der israelischen Künstlerin Tsila Hassine druckt über Google Alerts jede Nachricht aus, die den Ausdruck "Fake Truth" (Falsche Wahrheit) enthält. "Dies ist ein sehr brisanter Ausdruck, und wir wollen ein lebendiges Archiv seiner Verwendung schaffen", sagt Hassine. Die Papierschlange, die der in der Luft hängende kleine Drucker ausspuckt, wird immer länger. Die Installation "Die Wände werden sprechen" der israelischen Künstlerin Ronit Baranga soll ein Gefühl der Bedrängung beim Betrachter hervorrufen: Zahlreiche offene Münder sind in die Ausstellungswände eingelassen und scheinen auf die Besucher einzureden. Die Kuratorin Anat Martkovich sagt zum Hintergrund der Ausstellung: "Jede Wahrheit ist subjektiv, das ist keine neue Idee - aber sie war noch nie so dominant wie heute." Trump sei eine Art Galionsfigur dieses Trends. "Er ist in einer Position der Macht, aber er schämt sich nicht, Lügen zu verbreiten, die er als alternative Wahrheit beschreibt." (dpa)
"Fake News - Fake Truth", Haifa Museum of Art, 30. März bis 1. September, Eröffnung: 30. März, 20 Uhr
Lauren Greenfield in Hamburg
VIP-Hostessen in Las Vegas, Golf spielende Chinesinnen im Schlafzimmer und russische Oligarchen auf ihren Jachten: Mit der Ausstellung "Generation Wealth" der US-amerikanischen Fotografin Lauren Greenfield geben die Hamburger Deichtorhallen Einblicke in das Leben der Superreichen. Die Schau umfasst rund 200 Fotos aus den USA, Brasilien, Kanada, Dubai, China und Russland sowie eine Reihe von Interviews und Kurzfilmen. "Greenfields Fotografien sind abwechselnd humorvoll, berührend und schockierend", sagte Kurator Ingo Taubhorn. Zusammen mit den begleitenden Interviews gewährten die Fotos dem Betrachter Einblicke in die Privatsphäre der Porträtierten und zeugten von dem außergewöhnlichen Vertrauensverhältnis, welches Greenfield zu den Personen aufbauen konnte. So sind die Schwestern Kim und Kourtney Kardashian bei einem Schulball 1992 in Los Angeles zu sehen - bevor sie millionenschwere Reality-TV-Stars wurden. Ein anderes Foto zeigt den ehemaligen deutschen Hedge-Fonds-Manager Florian Homm, der heute ein Leben voller religiöser Hingabe führt. (dpa)
"Generation Wealth", Deichtorhallen, Hamburg, 30. März bis 23. Juni
KP Brehmer in Hamburg
Der Künstler KP Brehmer (1938–1997) prägte seit Mitte der 1960er zusammen mit Sigmar Polke, Gerhard Richter, Konrad Lueg und Wolf Vostell den sogenannten "Kapitalistischen Realismus": Die Hamburger Kunsthalle widmet dem deutschen Maler, Grafiker und Filmemacher von Freitag an bis zum 23. Juni eine umfassende Ausstellung. "Sein vielfältiges, experimentelles, analytisches und zugleich humorvolles Werk gewinnt mit seinen Fragestellungen in Zeiten von Fake News und zunehmend verschwimmender Grenzen zwischen Information und Manipulation wieder an Relevanz und Aktualität", sagte Kuratorin Petra Roettig am Mittwoch in Hamburg. Die Schau gibt mit mehr als 200 Arbeiten - darunter Zeichnungen, Collagen, Druckgrafiken, Gemälde und Filme - einen Überblick über sein gesamtes Schaffen. Dabei war Grafik für Klaus Peter Brehmer nicht nur eine Technik, sondern ein Instrument zur Visualisierung sozialer und politischer Verhältnisse. "Radikal und konsequent wie kein anderer Künstler setzte er die Grafik als Werkzeug zur politischen Bildagitation ein", sagte Roettig. Sein wohl bekanntestes Werk ist die "Korrektur der Nationalfarben" (1970): Dabei spiegelt eine manipulierte Deutschlandfahne die Vermögensverteilung in Westdeutschland wider. (dpa)
"KP Brehmer - Korrektur der Nationalfarben", Hamburger Kunsthalle, bis 23. Juni
Social Design in Hamburg
Ein Solarkiosk für die lokale Stromversorgung, ein Webstuhl zur Existenzgründung oder ein mobiler Schlafwagen für Obdachlose: Die Ausstellung "Social Design" im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe zeigt Design-Projekte, die in die Gesellschaft hineinwirken. "Es geht darum, wie Designer und Architekten das Leben der Menschen besser machen können und mit pragmatischen Entwürfen soziale Probleme lösen helfen", sagte Direktorin Tulga Beyerle. Zu sehen sind 25 internationale und eine Reihe lokaler Projekte aus den Bereichen Wohnen, Bildung, Arbeit, Produktion, Migration und Umwelt. So revolutionierte Andreas Möller mit seinem Flying8-Webstuhl, den er 2009 während eines Webworkshops in Äthiopien entwickelte, das Handwerk des Webens und ermöglichte Existenzgründungen in bereits mehr als 20 Ländern. "Den Webstuhl kann sich jeder anhand einer Bauleitung aus örtlichem Bauholz, Pappe, Schnüren und Klebeband mit Standardwerkzeugen selber bauen", erklärte Möller. Eine geniale Idee hatten auch Schüler des Gymnasiums Allermöhe in Hamburg: Sie entwickelten gemeinsam mit Obdachlosen einen mobilen Schlafwagen für Obdachlose. Der Wagen bietet tagsüber Stauraum für alle Habseligkeiten, ein abschließbares Fach und im ausgeklappten Zustand eine Liegefläche in 30 Zentimeter Höhe. Das schützt Obdachlose im Winter vor Erfrierungen. Inzwischen wurden 30 mobile Wagen montiert und an Bedürftige vergeben. Die Initiative "More Than Shelters" mit Standorten in Hamburg, Berlin und Amman (Jordanien) will Geflüchteten eine menschenwürdige Unterkunft ermöglichen. 2012 entwickelten sie das modulare Unterkunftssystem "Domo", das jeweils an die Bedürfnisse der Menschen angepasst werden kann. Mit ihrem Solarkiosk wollen die Designer Graft und Andreas Spiess den Menschen in Entwicklungsländern helfen, die ohne Elektrizität auskommen müssen. Ihr Kiosk liefert nicht nur nachhaltige Energie, sondern wirkt mit seinen vielfältigen Angeboten direkt in die Gemeinschaft: als Informationsbörse, Verteilstation und als Existenzgrundlage für seine lokalen Betreiber. (dpa)
"Social Design", Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg, bis 27. Oktober
Anja Niedringhaus in Köln
Zum fünften Todestag der in Afghanistan ermordeten Fotografin Anja Niedringhaus (1965-2014) zeigt das Käthe-Kollwitz-Museum in Köln die erste posthume Retrospektive der Pulitzer-Preisträgerin. Mehr als 80 großformatige Aufnahmen dokumentieren ihr Werk. Die Fotos der "Bilderkriegerin" wurden weltweit von den wichtigsten Zeitungen und Magazinen auf der Titelseite gedruckt. Dabei habe Niedringhaus ihre Bilder immer als Aufrufe zum Frieden verstanden, da sie die Schrecken von Krieg und Gewalt vor Augen führten, sagte die Kuratorin Sonya Winterberg. Den Begriff "Kriegsfotografin" lehnte sie für sich ab. Niedringhaus, die aus Höxter in Westfalen stammte, wurde 2014 während der Berichterstattung über die Präsidentschaftswahl in Afghanistan von einem Attentäter erschossen. Sie war 48 Jahre alt. (dpa)
"Anja Niedringhaus - Bilderkriegerin", Käthe-Kollwitz-Museum, Köln, bis 30. Juni
Vincent van Gogh in London
Jahre bevor er ernsthaft zu malen begann, verbrachte der holländische Meister Vincent van Gogh (1853-1890) Zeit in London. Der junge Künstler erforschte die Drei-Millionenstadt zwischen 1873 und 1876 überwiegend zu Fuß, vertiefte sich in Literatur, besuchte Museen und entdeckte die Grafikkunst. Mit der Ausstellung "Van Gogh and Britain" will die Galerie Tate Britain nun eine Lücke füllen: "Wir erzählen die relativ unbekannte Geschichte von der Wirkung Großbritanniens auf van Gogh und dessen Einfluss auf britische Kunst", sagte Tate-Direktor Alex Farquharson vor der Eröffnung. "Wie ich London liebe", schrieb van Gogh 1875 an seinen Bruder Theo. Besonders die sozialkritischen Romane von Charles Dickens hatten es ihm angetan, aber auch George Eliot und Shakespeare. Naturgemälde der Maler Constable und Millais faszinierten ihn ebenso wie die radikale Sozialkritik der grafischen Künstler, angeführt von Gustave Doré. "Mein ganzes Leben ist darauf ausgerichtet, aus den alltäglichen Dingen, die Dickens beschreibt, etwas zu machen", schrieb van Gogh. Der junge Künstler verdingte sich in London - weitgehend erfolglos - als Kunsthändler, und auch als Lehrer und Prediger. Skizzen von Kirchen, Schulen und Themsebrücken schmückten seine Briefe. Zu sehen sind rund 50 Gemälde van Goghs, darunter viele aus Privatbesitz. Van Goghs berühmtes Selbstporträt von 1889, seine Sonnenblumen und Gartenstiefel, sowie das von der Themse inspirierte Gemälde "Sternennacht über der Rhone" (1888) gehören dazu. Es wird einem Nebel verhangenen Themsegemälde von James McNeill Whistler gegenübergestellt. Nach Angaben der Tate ist die Nachhaltigkeit der Londoner Eindrücke auf van Gogh bis zum Ende seines kurzen Lebens zu erkennen. Sein Gemälde "Der Rundgang der Gefangenen" (nach Doré) aus dem Jahr 1889 zeuge davon. Im Gegenzug habe van Gogh nachfolgende britische Künstlergenerationen beeinflusst, von Walter Sickert bis Vanessa Bell. Am deutlichsten wird dies laut Tate an der Serie von Porträt-Studien, die Francis Bacon 1957 von van Gogh schuf. (dpa)
"The EY Exhibition: Van Gogh and Britain", Tate Britain, London, bis 11. August
Jonathan Meese in Lübeck
Am Sonnabend werden in Lübeck zwei weitere Ausstellungen mit Arbeiten des Künstlers Jonathan Meese eröffnet. Die Kunsthalle St. Annen zeigt Bilder Meeses in den verschiedensten Techniken und Formaten sowie Skulpturen und Rauminstallationen. Diese Schau biete einen Überblick über sein bisheriges Schaffen, zeige aber auch aktuelle Werke aus dem Jahr 2019, sagte die Kuratorin der Kunsthalle, Antje-Britt Mählmann. Im Ausstellungspavillon der Overbeck-Gesellschaft ist ein großflächiger Fries zu sehen, der nicht nur die Wände des U-förmigen Raumes, sondern auch den Boden bedeckt. Die Schau in der Kunsthalle wird am Sonnabend um 16.00 Uhr, die in der Overbeck-Gesellschaft um 18.00 Uhr eröffnet. Beide Ausstellungen sind Teile des Kunstprojektes "Dr. Zuhause: K.U.N.S.T. (Erzliebe)", das am 17. Februar mit zwei Ausstellungen im Günter-Grass-Haus und in der Petrikirche begonnen hat. Die Ausstellung in St. Petri geht am Sonntag zu Ende, die übrigen Präsentationen sind noch bis zum Sommer zu sehen. (dpa)
"Dr. Zuhause: K.U.N.S.T. (Erzliebe)", Kunsthalle St. Annen und Overbeck-Gesellschaft, Lübeck, bis 4. August
JR in Paris
Der Louvre feiert den 30. Geburtstag seiner Glaspyramide mit einem Riesenwerk des international bekannten Streetart-Künstlers JR. "Das Geheimnis der großen Pyramide" heißt die monumentale Montage, die die Fundamente offen legen soll, auf denen die am 29. März 1989 eingeweihte Pyramide steht. Dabei soll es sich um die größte Foto-Collage des Franzosen handeln. Rund 400 Freiwillige haben ihm tagelang geholfen, den Cour Napoléon, den Platz um die Pyramide, mit Papierstreifen zu bekleben. Die Collage ist in ihrer Gesamtheit nur von oben zu sehen und soll ab Freitagabend auf Leinwände projiziert werden. Das Werk ist von kurzer Dauer. Bis Sonntag soll es verschwunden sein. Denn jeder darf einen Teil der Collage entfernen und mitnehmen. 2016 hatte JR die Pyramide mit einer Arbeit optisch verschwinden lassen. Nun bringt er ihren Unterbau zu Tage, um besser das von dem chinesisch-amerikanischen Architekten Ieoh Ming Pei entworfene Werk hervorzuheben, wie das Museum erklärte. Die Glaspyramide geht auf den damaligen sozialistischen Präsidenten François Mitterrand zurück und war anfangs stark umstritten. Heute ist sie das Wahrzeichen des weltberühmten Pariser Museums. (dpa)
Louvre, bis 31. März
"Spannungsfeld Weimar" in Schleswig
Die Zeit zwischen Ende des Ersten Weltkrieges und dem Beginn der Herrschaft der Nationalsozialisten ist Thema der aktuellen Sonderschau "Spannungsfeld Weimar. Kunst und Gesellschaft 1919-1933" auf Schloss Gottorf. Im Fokus der Ausstellung stehen künstlerische und gesellschaftliche Entwicklungen in den Jahren der ersten deutschen Demokratie. Die Zeit der Weimarer Republik sei von starken politischen und sozialen Umbrüchen geprägt gewesen. Dies spiegele sich auch in der Kunst und Kultur wider. Die Gründung des Bauhauses 1919 in Weimar markiert den Angaben zufolge einen besonderen Meilenstein im Streben nach einer neuen Kunst, einem neuen Menschen und einer neuen Gesellschaft. Die Künstler organisierten sich vor allem in den frühen Jahren der Weimarer Republik in stark politischen Gruppierungen wie dem Arbeitsrat für Kunst, der Novembergruppe oder der Gläsernen Kette. Die großen Gegensätze und neuen Möglichkeiten der Weimarer Jahre zeichnen sich nicht nur thematisch in den Kunstwerken der Zeit ab, sondern führen auch zu einer besonderen Vielfalt an Stilen und Strömungen. Die Schau greift die zentralen Themen der Weimarer Republik wie Kriegserfahrung und Revolution, rauschendes Nachtleben und soziales Elend, die Suche nach einer neuen Gesellschaft und nach neuen Formen der Kunst auf. Sie widmet sich aber auch Künstlerpersönlichkeiten wie George Grosz, Max Liebermann, Georg Tappert, Wenzel Hablik, Ernst Barlach und Käthe Kollwitz. Gezeigt werden bis zum 3. November 123 Objekte, darunter 71 Grafiken und 26 Gemälde, aber auch plastische Werke, Fotos und Möbelstücke. (dpa)
"Spannungsfeld Weimar. Kunst und Gesellschaft 1919-1933", Museum für Kunst und Kulturgeschichte Schloss Gottorf, 31. März bis 3. November
Durchamp in Schwerin
Mit einer Schau über die Ideen des Kunst-Provokateurs Marcel Duchamp (1887-1968) feiert das Staatliche Museum Schwerin das zehnjährige Bestehen seines 2009 gegründeten Duchamp-Forschungszentrums. "Mit Stolz präsentieren wir erstmals seit 20 Jahren wieder die Schweriner Marcel-Duchamp-Sammlung", sagte die Direktorin der Staatlichen Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen Mecklenburg-Vorpommern, Pirko Zinnow, am Mittwoch in Schwerin. Die in den 1990er Jahren angekaufte Kollektion umfasst 91 Werke aus allen Schaffensphasen des Künstlers und ist Zinnow zufolge eine der bedeutendsten weltweit neben Philadelphia, Stockholm, Paris und Stuttgart. Die Ausstellung "Das Unmögliche sehen" zeige mit rund 80 Werken einen großen Teil der Schweriner Sammlung sowie Arbeiten von Künstlern in der Nachfolge Duchamps, wie John Cage und Marcel Broodthaers. Leihgaben aus der Fluxus-Sammlung der Familie Kelter aus Köln sollen den Einfluss Duchamps auf diese Kunstrichtung deutlich machen. Die Schau wird am Donnerstag eröffnet und ist bis zum 26. Mai zu sehen. Duchamp hatte sich 1912 von der Malerei abgewandt und neue Ausdrucksformen gesucht. Als Höhepunkte seines Schaffens gelten die sogenannten Ready mades - als Einzelstücke ins Szene gesetzte Alltagsgegenstände wie Kleiderhaken, Schneeschaufel oder ein Pissoir. Bekannt ist seine "Mona Lisa", deren Kunstdruck-Kopie Duchamp mit einem Schnurrbart versah. Mit Arbeiten wie diesen wollte er die gängigen Sehgewohnheiten unterlaufen. Bei einem Symposium Ende April sollen Ergebnisse des Forschungszentrums präsentiert werden, darunter zu Duchamps künstlerischer Strategie der (Selbst-)Vervielfältigung. Seit mehreren Jahren setzen sich Nachwuchswissenschaftler als Stipendiaten des Forschungszentrums mit der Kunst und der Wirkung Marcel Duchamps auseinander. "Viele einstige Stipendiaten sind heute anerkannte Wissenschaftler und tragen den Namen Schwerins in die Welt", sagte Zinnow. Ein Hauptstück der Ausstellung ist das "Große Glas", eine Kopie aus dem Jahr 1991 des wesentlich älteren Originals für eine Kunstschule im französischen Chateauroux. Auf zwei großen Plexiglasscheiben sind - stark verfremdet - Braut und Junggesellen dargestellt, die nicht zueinander finden können. "Marcel Duchamp ist eine harte Nuss", sagte Kornalia Röder vom Duchamp-Forschungszentrum über die Schwierigkeit für manchen, einen Zugang zu dem Künstler zu finden. Deshalb könnten Besucher mit einem einmal gekauften Ticket immer wieder in die Ausstellung gehen. (dpa)
"Marcel Duchamp: Das Unmögliche sehen", Staatliches Museum Schwerin, bis 26. Mai
Faszination am Buch in Siegen
Die neue Ausstellung im Siegener Museum für Gegenwartskunst handelt von Büchern: Die Schau "Der Traum der Bibliothek" vereint über 30, teils raumfüllende Arbeiten von 21 zeitgenössischen Künstlern. In zwölf Räumen werden Fotos, Skulpturen, Gemälde, Installationen und Filme gezeigt. Die Fotografin Candida Höfer etwa zeigt großformatige, menschenleere Bilder von imposanten, historischen Bibliotheken und schmucklosen Archiven. Der Bremer Künstler Achim Bitter hat einen begehbaren Leseraum installiert: Die Arbeit besteht aus Möbeln, die sich zu einer Raumskulptur fügen. Aufgeschlagen herumliegende Bücher laden zum Blättern ein, zwei Sessel bilden eine Leseecke. In einem Film stellt der Kölner Künstler Lutz Fritsch seine Bibliothek in der Antarktis vor. Die südlichste Bücherei der Welt wurde für deutsche Polarforscher entworfen und in einem saftig-grün lackierten Container im Eis untergebracht. Die Ausstellung ist die letzte der scheidenden Museumsdirektorin Eva Schmidt. Sie leitete 15 Jahre lang das in einem ehemaligen Telegraphenamt und einem Neubau untergebrachte Museum in Siegen. Nachfolger ist Thomas Thiel, er kommt vom Bielefelder Kunstverein. (dpa)
"Der Traum der Bibliothek", Museum für Gegenwartskunst, Siegen, 31. März bis zum 1. September
Balkrishna Doshi in Weil am Rhein
Er baute als junger Architekt an der Seite von Le Corbusier in Paris, im indischen Ahmedabad und natürlich in Chandigarh. Aber Balkrishna Doshi, 1927 in Pune geboren, führte als Stadtplaner und Architekt die Lehren der Moderne nicht einfach auf dem Subkontinent weiter, sondern modifizierte ihre Grundsätze so, dass sie mit den lokalen Traditionen vereinbar wurden und auf ortsspezifische Materialien und Gegebenheiten reagieren konnten. 2018 bekam er als erster Inder den Pritzker-Preis verliehen, in seiner Laufbahn seit 1947 entwickelte er wichtige Projekte, die jetzt in der ersten Ausstellung über sein Werk außerhalb Asiens gezeigt werden. Darunter das von Louis Kahn entworfene Indian Institute of Managements oder die Wohnsiedlung Aranya für Menschen mit geringem Einkommen aus dem Jahr 1989. Sein eigenes Architekturbüro Sangath (1980) in Ahmedabad vereint mit den Tonnengewölben, Terrassen und Open-Air-Zonen alle Charakteristika von Doshis Architektur und ist heute selbst Anziehungspunkt für junge Architekten. Doshi wird zur Eröffnung ins Vitra Design Museum kommen. Vielleicht nimmt er ja mit Genugtuung zur Kenntnis, wie sich die Bauhaus- Forschung in Europa nach 100 Jahren den außereuropäischen Einflüssen auf die Moderne widmet.
"Balkrishna Doshi - Architektur für den Menschen", Vitra Design Museum, 30. März bis 8. September