Erwin Wurm in Berlin
Der österreichische Künstler jonglierte schon Anfang der 90er-Jahre mit einem erweiterten Skulpturbegriff, stellte Sockel aus, auf denen nur eine dicke Staubschicht lag, und zwängte seine Modelle unter Verrenkungen in Kleider. Mit seinen "One Minute-", "Outdoor-" und "Indoor-Sculptures" wurde Wurm dann ein Volkskünstler, und das im besten Sinne. Man findet seine fettsüchtgen Autos und Häuser und seine slapstickartig umfunktionierten Möbelstücke lustig. "Ich bin ein Feind des Heroischen in der Kunst", erklärt er, "weil ich glaube, dass Pathos die Menschen klein macht." Wurm spielt gerne mit Materialien und Alltagsgegenständen und verarbeitet sie in grotesken, überzeichneten Skulpturen.
"The Serious Life of a Ridiculous Man", Galerie König, Berlin, 9. März bis 21. April, Eröffnung: 8. März, 18 Uhr
Sasha Waltz in Berlin
Wo bleibt eigentlich der Mensch zwischen dem Perfektionsdrang und Darstellungswahn der heutigen Zeit? Choreografin Sasha Waltz (56) will mit ihrem neuen Stück der Reizüberflutung der modernen Welt nachspüren. Ihre Compagnie hat "rauschen" am Donnerstagabend in der Berliner Volksbühne uraufgeführt. Man hört ein Wirrwarr aus Radio, alter Textilmaschine, Texten und Songs der Beatles. Die Bühne ist weiß. "Wir haben uns mit Filmen aus den 1970er Jahren beschäftigt, die sich die Zukunft vorgestellt haben. Und auch mit Science-Fiction-Literatur", so Waltz. Ein Tänzer schiebt sich unter den Plastikbezug einer Matratze und steckt fest. Alle beten die gleichen Mantras runter und suchen das perfekte Leben. Eine Stimme plappert Motivationssprüche nach. "Wir sind so stolz auf Dich!" Zwischendurch gibt es Stille. "Wir bewegen uns in einer Art Konformität und in einer Art Lähmung", meinte Waltz, die zu den einflussreichsten Choreografinnen des zeitgenössischen Tanztheaters gehört. "Der Titel 'rauschen' deutet aber auch auf Geschwindigkeit hin." Waltz wird künftig mit Johannes Öhman auch das Berliner Staatsballett leiten. (dpa)
Sasha Waltz, "rauschen", Volksbühne, Berlin, Aufführungen am 8., 9., 10., sowie am 25., 26., 27., 28. März
Straub, Huillet und Cézanne in Bremen
Ausgehend von den zwei Filmen "Cézanne" (1989) und "Une visite au Louvre" (2004), in denen sich das französische Filmemacherpaar Jean-Marie Straub und Danièle Huillets dem Maler Paul Cézanne widmete, beschäftigt sich die thematische Gruppenausstellung mit der Frage, was Malerei heute ist. Über das Medium des Films leitet sie in einen weiter gefassten Diskurs, der das Verhältnis von Malerei, Fotografie und Film in historischen und zeitgenössischen Positionen untersucht. Dafür präsentieren vierzehn zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler ihre Positionen, die mögliche Antworten, Weiterführungen oder Infragestellungen derselben formulieren und insbesondere das Thema von Bildbetrachtung, Bildbeschreibung und Bildkritik in den Blick nehmen. Huillet schrieb in einem Entwurf zu dem Projekt: "Wir werden wieder sehen müssen, besser sehen, wirklich sehen, Leinwände, die wir nicht kennen, und Cézanne wird uns dabei helfen, mit seinem durchdringenden Blick."
"Straub/Huillet/Cézanne. Seelen malt man nicht", Gesellschaft für Aktuelle Kunst, Bremen, 9. März bis 26. Mai
Jean Molitor in Chemnitz
Dieses Jahr steht ohne jeden Zweifel im Zeichen des Bauhaus. In geometrische Formen und nüchterne Grundfarben gekleidet warten die Erinnerungen an das hundertjährige Gründungsjubiläum der epochemachenden Weimarer Kunstschule an jeder Ecke auf. Offensichtlich ist, dass die Farb- und Formensprache des Bauhaus jedoch weit über die Ränder der diesjährigen Jubiläumsplakate führt: In Beton, Stahl und Glas gegossen haben sich die ästhetischen Prinzipien der Schule weltweit verewigt und den Dekor endgültig verdrängt. Auf den Spuren dieser Avantgarde begibt sich der Fotograf Jean Molitor seit 2009 regelmäßig auf Reisen quer durch die Welt. Seine menschenleeren, skulptural inszenierten Aufnahmen nehmen eine Formästhetik in den Fokus, in der sich die moderne Sehnsucht nach Ordnung, Funktionalität und neuen, industriellen Materialien abzeichnet. In Chemnitz zeigt er nun Fotografien aus Weltstädten wie Berlin, Tel Aviv, Nairobi, St. Petersburg, aber auch aus Löbau und Chemnitz selbst. Ein Schwerpunkt bilde der Architekt Erich Mendelsohn (1887-1953). Er entwarf das Chemnitzer Kaufhaus Schocken, in dessen Räumen heute das Museum untergebracht ist. (monopol/dpa)
"bau1haus – Die Moderne in Chemnitz und der Welt", Staatliches Museum für Archäologie Chemnitz, bis 12. Mai
Photo Weekend in Düsseldorf
Landschaftsfotografie aus China, Pressefotos aus den 1960er Jahren oder Bilder vom menschlichen Körper: Düsseldorf huldigt an drei Tagen der Kunstform Fotografie. Am Photo Weekend sind vom 8. bis zum 10. März in der ganzen Stadt rund 60 Ausstellungen mit Arbeiten von über 100 Künstlern zu sehen. Beteiligt sind Museen, Kulturinstitute und Galerien, die auch Künstlergespräche veranstalten. Mehrere Schauen behandeln historische und aktuelle Kunst aus China. Flaggschiff ist eine Schau über Kriegsfotografinnen im Kunstpalast: "Fotografinnen an die Front. Von Lee Miller bis Anja Niedringhaus" zeigt 140 Bilder aus den vergangenen 80 Jahren, die betonen, dass Krieg keine Männerdomäne ist. In den vergangenen Jahrzehnten haben auch weibliche Fotografen in gefährlichen Konfliktgebieten gearbeitet und heute weltbekannte Motive mitgebracht. Ein Thema ist auch die Bed-In-Aktion von John Lennon und Yoko Ono in Amsterdam vor genau 50 Jahren. Um Pressefotos aus dem Düsseldorf der 1960er-Jahre von Volker Krämer geht es in einer Ausstellung der Galerie Breckner. Im vergangenen Jahr kamen 80 000 Besucher zu den Veranstaltungen des Photo Weekends. Die Laufzeit der Ausstellungen geht oft über das Festival-Wochenende hinaus. (dpa)
Düsseldorf Photoweekend, 8. bis 10. März
Alltag in Halle
Eine neue Ausstellung der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle setzt sich mit Routinen des Alltags auseinander. Die Schau ist in den Räumen der Galerie im Volkspark zu sehen. Insgesamt präsentieren 26 Studierende und Absolventen aus den Bereichen Kunst und Design bis zum 31. März ihre Werke. Die Arbeiten reichen von Fotografien über Malereien bis hin zu temporären Stücken wie Performances. Viele beschäftigen sich mit Beobachtungen des eigenen Lebensumfeldes, der Frage nach Routinen sowie dem kreativen Umgang mit ihnen. Mit der Schau unter dem Motto "täglich geöffnet" beginnt die Burg-Themenreihe "ABC" mit dem "A" wie "Alltag". (dpa)
"täglich geöffnet", Burg Galerie im Volkspark, Halle, bis 31. März
Nil Yalter in Köln
Wie es sich anfühlt, zwischen verschiedenen Kulturen zu leben, fern der Heimat, wenn es diese als Konstrukt überhaupt gibt, weiß Nil Yalter nur zu gut. "Exile Is a Hard Job", Exil ist harte Arbeit, heißt ihre große Überblicksausstellung im Kölner Museum Ludwig, angelehnt an eine Arbeit im öffentlichen Raum aus den 70er-Jahren. Geboren 1938 in Kairo, aufgewachsen in Istanbul in einer liberalen, westlich geprägten Familie, seit 1965 wohnhaft in Paris, reiste sie für die Kunst in den Iran und nach Indien, zu Nomadenvölkern in der anatolischen Steppe, aber auch in die Vororte westlicher Großstädte, wo sie sich mit temporären Wohnformen und den Hochhaussiedlungen der 70er-Jahre beschäftigte. Schon damals galt ihr Interesse marginalisierten Personengruppen und vor allem der Position der Frauen darin. Nach ihrer anfangs noch abstrakten Malerei, die Anleihen bei den russischen Konstruktivisten, aber auch bei byzantinisch-osmanischer Ornamentik machte, wurde ihre Kunst in den 70ern politischer, ausgelöst durch die aufkommenden Unruhen und den Militärputsch in der Türkei 1971. Drei Jahre später arbeitete Yalter als eine der ersten Künstlerinnen in Frankreich mit Video, sie engagierte sich in feministischen Kollektiven und setzte sich für die Solidarität unter Frauen und die Sichtbarkeit von Künstlerinnen ein. Yalter, die sich in ihrer Arbeit weder auf ein Medium noch auf ein Thema festlegen lässt, wurde abwechselnd vorgeworfen, zu sozial oder zu künstlerisch zu sein. Dass beides sich nicht ausschließt, sondern im Gegenteil Anlass für eine wohlverdiente Wiederentdeckung ihres Werkes bietet, lässt sich nun in Köln überprüfen.
"Exile Is A Hard Job", Museum Ludwig, Köln, 9. März bis 2. Juni, Eröffnung: 8. März, 19 Uhr
Bauhaus-Architektur in Magdeburg
Magdeburg reiht sich mit einer Ausstellung im Kulturhistorischen Museum in das Bauhaus-Jubiläum ein und präsentiert sich als Reformstadt der Moderne. "Wir wollen einen Überblick über das Geschehen der 20er Jahre geben", sagte der Kurator Michael Stöneberg. Nach dem Ersten Weltkrieg sei das Ziel gewesen, die Elbestadt zu einer modernen und sozialen Stadt zu machen. Neue Siedlungen und öffentliche Bauten sowie Reformschulen entstanden, auch die Werbung für die Stadt wurde neu aufgestellt. Die Ausstellung vermittelt den Besuchern anhand vieler Fotos und Texte, aber auch mit Filmen aus dem Bundesarchiv, wie Magdeburg sich in den 1920er Jahren entwickelte, während das Bauhaus in Weimar und Dessau Furore machte. Hinzu kommen Exponate wie ein von Bruno Taut entwickelter Glasbaukasten, ein Badeanzug aus den 1920er Jahren und Werke von Otto Dix, Ludwig Mies van der Rohe und Max Beckmann. Politik, Architektur, Marketing, Bauprojekte und Wohnen, aber auch der Alltag der Magdeburger werden beleuchtet. Ein 3D-Stadtmodell Magdeburgs soll die rasante Stadtentwicklung deutlich machen. (dpa)
"Reformstadt der Moderne. Magdeburg in den Zwanzigern", Kulturhistorisches Museum Magdeburg, 8. März bis 16. Juni
Archäologie und Fotos von Herlinde Koelbl in Mannheim
Das weitgehend unbekannte zentralasiatische Königreich Margiana steht im Mittelpunkt einer Ausstellung in den Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen. Gezeigt werden ab Sonntag rund 230 archäologische Funde aus dem dritten und zweiten Jahrtausend vor Christus. Darunter sind modern wirkender Schmuck, Figurinen, Kosmetikartikel, Waffen und rätselhafte Grabbeigaben. "Diese Ausstellung trägt dazu bei, den Dornröschenschlaf dieser Hochkultur zu beenden", sagte Kuratorin Gabriele Pieke am Freitag in Mannheim. Ein Höhepunkt der Schau "Margiana - Ein Königreich der Bronzezeit in Turkmenistan" ist ein vierrädriger Wagen als Grabbeigabe eines Herrschers. Im Zentrum steht die 2400 vor Christus gegründete Oasenstadt und mögliche Hauptstadt von Margiana, die bronzezeitliche Siedlung Gonur Depe. Deren 28 Hektar großes Areal mit Stadtmauer, Wehrtürmen, Festung, Palast, Handwerkervierteln, einer Nekropole und umliegenden Gehöften liegt im heutigen Turkmenistan. Kuratorin Pieke sieht die Aufarbeitung dieser Hochkultur ganz am Anfang. "Wir haben bislang nur an der Oberfläche gekratzt." Ein System unterirdischer Keramikröhren, ebenfalls in Mannheim zu sehen, zeugt vom hohen Organisationsgrad der Bewohner der aus Lehmziegeln erbauten Stadt, in der mehrere Tausend Menschen lebten. Bis zur Wiederentdeckung in den 1970er Jahren war die Wüstenstadt unbekannt und anders als andere antike Städte nicht durch nachfolgende Besiedelung verändert. Begleitet wird die Schau, die zuvor schon in Berlin und Hamburg zu sehen gwesen war, von Bildern der Fotografin Herlinde Koelbl.
"Margiana. Ein Königreich der Bronzezeit in Turkmenistan", Reiss-Engelhorn-Museum, Mannheim, 10. März bis 16. Juni
El Anatsui in München
Einen der ersten großen Auftritte hatte El Anatsui 2007 auf der Venedig-Biennale, wo das von ihm gezeigte Werk so groß war wie ein ganzer Palazzo. Wie ein prunkvoller Vorhang verdeckte es dessen Fassade und bestand doch nur aus Flaschendeckeln. Der ghanaische Künstler lässt das Wertlose prachtvoll aussehen, das Schwere leicht und das Leichte wie Gold. Zwischen allen Disziplinen – Textilkunst, Bildhauerei, Assemblage, Aktivismus, Malerei – schafft er eine Bild- und Materialsprache, die nur ihm allein gehört und die inzwischen auch auf internationalen Kunstmessen bei Sammlern äußerst beliebt ist. Man solle als Künstler, sagte er einmal, mit dem arbeiten, was die Gegebenheiten hergeben. Seine Werke sagen insofern viel über die Gegebenheiten aus, noch mehr allerdings über die obsessiven Kräfte von Kunst. Wenn in der von Okwui Enwezor kuratierten Schau jetzt in den einschüchternd proportionierten Sälen des Hauses der Kunst neue großformatige Werke von ihm installiert werden, wird es zu spannungsreichen Situationen kommen. Kronkorken triumphieren über Ehrenhallen, und die Südfassade des Hauses bekommt ein glitzerndes neues Kleid.
El Anatsui: "Triumphant Scale", Haus der Kunst, München, bis 27. Juli
The Armory Show in New York
Es ist Kunstfrühling in New York, und vielleicht kommt er ja dieses Mal ohne Schneetreiben aus, schließlich müssen die New Yorker zur Armory Show an den ungemütlichen Hudson zu den Piers 92 und 94. Immer noch besser als die Zelte der Frieze, sagen sich allerdings die New Yorker Sammler und werden wahrscheinlich wieder in stabiler Anzahl herbeiströmen. Die Liste der 194 internationalen Galerien auf der Messe verspricht einen guten Querschnitt durch den amerikanischen Markt, mit einigen europäischen Gästen wie der Berliner König Galerie oder Blain /Southern aus London als willkommene Zugabe. Ein neuer Preis ermöglicht jeweils einer jungen New Yorker Galerie die kostenlose Messeteilnahme, in diesem Jahr ist es die hippe Galerie Ramiken. Abends geht es dann ins MoMA zur Party, hoffentlich halten die Schuhe.
The Armory Show, New York, bis 10. März
New York Gallery Open
Ihre Frühjahrsmesse, die sonst parallel zur Armory Show stattfand, hatte die New York Art Dealers Alliance (NADA) frühzeitig abgesagt. Stattdessen kommt sie mit einem neuen Format um die Ecke, das die Galerien stärken soll. Zum New York Gallery Open zeigen rund 50 Galerien in einer konzertierten Aktion ihre Ausstellungen, die meisten davon an ihren gewohnten New Yorker Adressen, einige auswärtige NADA-Partner aber auch als Pop-up-Shows in temporären Räumen.
New York Gallery Open, bis 10. März
Picasso in Potsdam
Der Spanier Pablo Picasso gilt als Revolutionär der Kunst des 20. Jahrhunderts und soll in seinem Leben um die 50.000 Werke geschaffen haben. Weniger bekannt sind die Werke seiner späten Schaffensphase in den letzten 2 Jahrzehnten seines Lebens. Sie sind nun im Potsdamer Museum Barberini zu sehen. "Gezeigt werden 136 Gemälde, Zeichnungen, Skulpturen, Keramiken und Druckgrafiken, die bis auf wenige Ausnahmen zum ersten Mal in Deutschland zu sehen sein werden", sagte Direktorin Ortrud Westheider. Die Werke aus den Jahren 1954 bis 1973 stammen aus der Sammlung von Jaqueline Picasso und wurden von deren Tochter Catherine Hutin ans Barberini ausgeliehen. (monopol/dpa)
"Picasso. Das späte Werk", Museum Barberini, Potsdam, 9. März bis 16. Juni
Banksy in Stuttgart
Er hängt jetzt direkt zwischen den Alten Meistern: Mit seinem während einer Kunstauktion geschredderten Bild "Girl with Balloon" hat es der britische Street-Art-Künstler Banksy endgültig ins Museum geschafft. Seit Donnerstag ist sein Werk in der Staatsgalerie in Stuttgart zu sehen. Mit dem Akt der Zerstörung hab er ein neues Werk geschaffen, das sie in der Tradition der Sammlungsschwerpunkte ihres Hauses sehe. Vergangenen Herbst hatte sich das Bild während der Auktion bei Sotheby's durch eine in den Rahmen eingebaute Schredder-Konstruktion zum Teil selbst zerstört. Seitdem heißt es "Love is in the Bin". Die europäische Sammlerin, die es für umgerechnet knapp 1,2 Millionen Euro ersteigert hatte, gibt es nun vorerst für ein Jahr als Leihgabe nach Stuttgart. Zunächst hängt "Love is in the Bin" dort in der Sammlung Alter Meister. Geplant ist allerdings ein Ortswechsel alle acht Wochen, so dass sich Museumsbesucher gezielt auf die Suche nach ihm begeben müssen. (dpa)
"Love is in the Bin", Staatsgalerie Stuttgart