Eröffnungen

Wohin am Wochenende?

Roman Signer in Berlin
In den denkmalgeschützten Gebäuden der ehemaligen Kindl-Brauerei in Berlin wird ein neues Zentrum für zeitgenössische Kunst eröffnet. Unter dem geschichtsträchtigen Namen Kindl will das deutsch-schweizerische Ehepaar Burkhard Varnholt und Salome Grisard auf den insgesamt 5500 Quadratmetern Raum für Ausstellungen, Ateliers, Veranstaltungen und ein Café bieten. Als erste Station öffnet das gewaltige Kesselhaus mit einer eigens dafür geschaffenen Installation des Schweizer Künstlers Roman Signer. Mit dem Kindl wolle man einen lebendigen und spannenden Ort im kulturellen Leben von Berlin-Neukölln schaffen, sagte Initiator Varnholt. "Man sollte dem Zufall eine Chance geben sich zu entfalten, wenn sich die Gelegenheit dazu bietet." Das Sammlerehepaar hatte das Gebäude-Ensemble 2011 erworben und ein Jahr später mit einer aufwendigen Sanierung begonnen. Dabei soll auch das Sudhaus mit den sechs riesigen Kupferkesseln - den einst größten Sudpfannen Europas - wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Für das fast 20 Meter hohe Kesselhaus schuf der Bildhauer Roman Signer mit "Kitfox Experimental" eine ungewöhnliche Installation. Ein Sportflugzeug hängt mit der Nase nach unten im Raum, Ventilatoren an der Wand versetzen es in ständige Bewegung, als ob es nach unten stürzen würde - "gleichzeitig meditativ und beklemmend, überwältigend und bedrohlich", so die Veranstalter. (dpa)
Kindl, 14. September bis 28. Juni 2015; Eröffnung: Samstag 18 - 21 Uhr

Ryan Trecartin in Berlin
Beim Vorsprechen in der Schultheatergruppe fiel er meist durch. "Overacting" lautete das Urteil seiner Lehrer, er möge doch einen Gang zurückschalten. Statt den Rat zu befolgen, trat Ryan Trecartin das Gaspedal voll durch. Zum Glück, denn möglicherweise wäre er sonst niemals Künstler geworden. Die hysterischen Videoinstallationen des 1981 geborenen Amerikaners sind Zerrspiegel unserer hypernervösen, vernetzten Gegenwart. Trecartin selbst und eine wechselnde Schar von Freunden bevölkern darin eine Gaga-Welt zwischen Glamour und Trash, Exzess und Depression. Ihre Sätze klingen wie Kurznachrichten oder Popstarphrasen; Sex und Party liegen in der Luft, aber nur als Prozac-gedämpfte Posen für die Kamera. Trecartin, der passenderweise über YouTube bekannt wurde und bereits mit Ende 20 eine Museumstour durch Nordamerika bestritt, gilt als Stimme einer Generation, für die das Internet eine Selbstverständlichkeit ist. Und der deshalb umso genauer hinschauen kann, was die neuen Techniken des Selbst mit uns machen, mit unserer Art zu kommunizieren, unserer Wahrnehmung, unseren Beziehungen. Identität, Geschlecht, Herkunft: Alles scheint verhandelbar in Trecartins Filmen – das ist die Freiheit und die Bürde seiner Figuren. Jetzt richten ihm die Berliner Kunst-Werke seine erste institutionelle Einzelausstellung in Deutschland aus. Trecartins Filme, sagt Ellen Blumenstein, die Chefkuratorin des Hauses, "erschaffen eine neuartige und völlig eigenständige Bildsprache, die den Abgründen der amerikanischen Psyche, unseren täglichen Hysterien, Ängsten und Obsessionen eine Form gibt – und gleichermaßen unterhält wie verstört." Blumenstein kuratiert die Schau gemeinsam mit Klaus Biesenbach, der Trecartins Arbeiten bereits am MoMA PS1 in New York gezeigt hat und der den Künstler für die September-Ausgabe von Monopol zu einem ausführlichen Gespräch getroffen hat.
"Ryan Trecartin: Site Visit", KW Institute for Contemporary Art, Berlin, 14. September bis 11. Januar 2015; Eröffnung: Samstag, 17 – 22 Uhr; Künstlergespräch mit Klaus Biesenbach: Sonntag 16 Uhr

Moshe Gershuni in Berlin
Die Neue Nationalgalerie in Berlin widmet dem israelischen Künstler Moshe Gershuni erstmals eine umfassende Einzelausstellung. Unter dem beklemmenden Titel "No Father. No Mother" sind vor allem Gemälde aus den Jahren 1979 bis 2011 zu sehen. Gershunis Werk zeichne sich durch "beunruhigende Dualitäten" aus, teilten die Freunde der Nationalgalerie am Donnerstag mit - Glauben und Zweifel, Anmut und Verdammnis, Spiritualität und Körperlichkeit. Der Sohn polnischen Einwanderer, 1936 in Tel Aviv geboren, gilt als einer der wichtigsten zeitgenössischen Künstler Israels. Seine expressiven, intensivfarbigen Bildern entstehen oft auf dem Boden. Mit in Farbe getauchten Händen krabbelt er über die Oberfläche, fügt später Zeichen, Inschriften oder Symbole wie den Davidsstern, das Hakenkreuz, den islamischen Halbmond hinzu. Jedes Bild werde dadurch in einen «Akt des Verführens und Ansprechens» verwandelt, hieß es. Gershuni hatte in den 60er Jahren zunächst als Konzept- und Performance-Künstler begonnen, später wandte er sich intensiv der Malerei zu. Die Ausstellung in Berlin ist den Angaben zufolge seine erste Einzelausstellung in einem europäischen Museum seit 30 Jahren. Sie läuft bis Ende des Jahres. Danach wird die Nationalgalerie für mehrere Jahre wegen Sanierung geschlossen. (dpa)
Neue Nationalgalerie, 13. September bis 31. Dezember, Eröffnung: Freitag, 19 Uhr

Saisonstart der Galerien in München und Frankfurt
Gott sei dank, der Sommer ist vorbei. In München starten Galerien gemeinsam den Kunstherbst mit dem Rundgang "Open Art", immerhin schon im 26. Jahr. Es gibt gemeinsame Erröffnungen, ein Taxishuttle, eine App und das ausführliche Programm hier. In Frankfurt geht der Saisonstart der Galerien ins 20. Jahr. 28 Galerien sind dabei, sie eröffnen am Freitag ab 18 Uhr. Samstag und Sonntag gibt es gemeinsame Rundgänge. Alle Termine am Main unter www.frankfurt-saisonstart.de

Subodh Gupta in Frankfurt
Dem Künstler Subodh Gupta widmet das Museum für Moderne Kunst (MMK) in Frankfurt nach seiner Neuausrichtung seine erste Ausstellung. Gezeigt werden rund 20 raumfüllende Installationen und skulpturale Arbeiten des Inders. Die Retrospektive "Everything is Inside" ist nach Angaben des Hauses zugleich die erste Einzelausstellung des 1964 geborenen Guptas in Europa. Zu sehen sind vor allem Objekte, die der in Neu-Delhi lebende Gupta aus indischen Alltagsgegenständen komponiert hat. In der Eingangshalle des MMK steht die Installation "This is not a fountain" (2011) aus gebrauchtem Blechgeschirr und Wasserhähnen. Im Treppenhaus hängt der berühmte Totenkopf "Geheri Neend" (2008) aus blankpolierten Dosen. Bei der Installation "Faith Matters" (2008) fahren Lunch-Boxen auf einem Förderband durch den Raum. "Er gibt mit seiner Kunst Antwort auf die Frage, wo Indien heute steht - gesellschaftlich, politisch und wirtschaftlich", sagt Kuratorin Anna Goetz. Das MMK will künftig in seinem Haupthaus Einzelpräsentationen und die Klassiker der Sammlung zeigen. Im Zollamt gegenüber sollen genreübergreifende Positionen der Gegenwartskunst präsentiert werden. Eine Dependance im Taunus-Turm des Bankenviertels dient ab Oktober als Ausstellungsraum für aktuelle Werke der Sammlung. (dpa)
"Subodh Gupta: Everything is Indside", MMK, Frankfurt, bis 18. Januar

P/Art in Hamburg
"Auf Kunstmessen? Gehe ich grundsätzlich nicht." Das hört man von vielen Künstlern. Zu schmerzhaft ist es, die eigenen Werke plötzlich als Ware wahrnehmen zu müssen, in Kojen gequetscht und von Sammlern taxiert. Die 2013 gegründete Hamburger P/Art versucht ein Gegenmodell. Hier können Künstler unabhängig von Galerien und Institutionen ihre Arbeiten selbst präsentieren. "Es geht um eine zeitgemäße Weiterentwicklung der Idee der Produzentengalerie", sagt Tim Theo Geissler, einer der Mitbegründer der Messe, die von einem neunköpfigen Kollektiv aus Kuratoren und Künstlern geleitet wird. Um die Teilnahme bewarben sich über 600 Künstler und Künstlerinnen, eine Jury wählte daraus 80 Positionen aus. Spielort der Messe, die vom 11. bis 14. September stattfindet, sind die denkmalgeschützten Phoenix-Hallen in Hamburg-Harburg, in denen auch die Sammlung Falckenberg beheimatet ist. "Die Präsentation entsteht in enger Zusammenarbeit mit den Künstlern und soll eher wie eine kuratierte Ausstellung wirken als wie eine Messe", meint Geissler. Und die Finanzen? Die Stadt Hamburg unterstützt die Messe, die auch 15 Prozent aller Verkaufspreise bekommt. Für die Künstler ist die Teilnahme kostenlos.
"P/Art - Producers Artfair", Phoenix-Hallen, Hamburg, bis 14. September


Clemens von Wedemeyer in Braunschweig
Orte und ihre wechselhafte Geschichte interessieren Clemens von Wedemeyer besonders. Auf der Documenta widmete sich der 1974 in Göttingen geborene Künstler dem Benediktinerkloster Breitenau in einer beeindruckenden Videoinstallation. Seine Soloausstellung im Kunstverein Braunschweig spielt sich fast ausschließlich auf der akustischen Ebene ab. In seinem Werk "Every Word You Say" beschäftigt sich Wedemeyer mit dem Sprachwissenschaftler und Nervenarzt Eberhard Zwirner, der von ihm betriebenen Phonometrie und dem von Zwirner gegründeten Deutschen Spracharchiv. Ausgerechnet in der Villa Hospes, dem Domizil des Kunstvereins, residierte das Deutsche Spracharchiv zwischen 1940 und 1942. Von Wedemeyer hat einen Hörspiel-Parcours durch das Haus entwickelt, der die Stimme als Phänomen sowie die Eigenheiten des menschlichen Sprachapparats erforscht.
"Clemens von Wedemeyer: Every Word You Say", Kunstverein Braunschweig, 13. September bis 16. November, Eröffnung: Freitag, 12. September, 19 Uhr

"Zeichen gegen den Krieg" in Duisburg
In einer Ausstellung von Antikriegsplastiken zeigt das Duisburger Lehmbruck Museum, wie Kunst seit dem Ersten Weltkrieg Zeichen des Widerstandes zu setzen versucht. Ab Donnerstag sind Arbeiten von 21 Künstlern zu sehen, die sich auf unterschiedliche Weise dem Krieg und seinen Folgen widmen. Mittelpunkt der Schau ist die Bronze-Skulptur "Der Gestürzte" von Wilhelm Lehmbruck. Im Ersten Weltkrieg geschaffen, zeigt sie nicht den heldenhaften Soldaten, sondern einen Gefallenen auf allen Vieren. "Zeichen gegen den Krieg" ist Bestandteil der Ausstellungsreihe "1914 - Mitten in Europa" vom Landschaftsverband Rheinland im Gedenkjahr des Ersten Weltkrieges. (dpa)
"Zeichen gegen den Krieg", Lehmbruck Museum, Duisburg, bis 7. Dezember

Leiko Ikemura in Bad Homburg
Der japanischen Künstlerin Leiko Ikemura widmet das Museum Sinclair-Haus in Bad Homburg (Hochtaunuskreis) eine umfangreiche Einzelausstellung. Zu sehen sind von Sonntag (14.9.) an unter dem Titel "Zwischenwelten" Zeichnungen, Gemälde und Skulpturen. Mit ihnen will die Altana Kulturstiftung nach eigenen Angaben vom Montag den "permanenten Prozess von Annäherung und Distanz der Elemente" im Werk Ikemuras aufzeigen. Die in Japan geborene Künstlerin lebt seit 1985 in Köln und lehrt seit 1991 in Berlin an der Universität der Künste. (dpa)
"Leiko Ikemura: Zwischenwelten", Museum Sinclair-Haus, Bad Homburg, 14. September bis 16. November, Eröffnung: Sonntag, 11 Uhr

Michael Beutler und Etienne Descloux in Osnabrück
Nach dreimonatiger Renovierung präsentiert sich die Kunsthalle Osnabrück deutlich heller und luftiger. Die erste Schau macht den Ausstellungsort selber zum Thema: Der Künstler Michael Beutler und der Architekt Etienne Descloux haben die frühere Klosterkirche der Dominikaner gründlich entrümpelt und stellen in den Mittepunkt ihrer reduzierten Schau den ehemals sakralen, 21 Meter in die Höhe strebenden Raum.  "Wir geben der Stadt Osnabrück ihr Kirchenschiff zurück", sagte Beutler am Donnerstag. Aus nicht mehr benötigten Holzstellwänden fabrizierten die Künstler Holzbänke, die an die Wände des Kirchenschiffs gerückt wurden. Diese Bänke sind nun Ausstellungs- und Ausstattungsstücke zugleich. Die Verdunkelungen der Fenster wurden weggenommen, Scheinwerfertraversen aus dem Deckengewölbe entfernt und der Raum frisch geweißt. (dpa)
Kunsthalle Osnabrück, 12. September bis 11. Januar


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