Warum ist es so schwer, über Erfolg in der Kunstwelt zu sprechen?
Kaum jemand kann so richtig sagen, warum manche Künstler als erfolgreich gelten und andere nicht. Manche verkaufen ihre Werke teuer, werden aber von der Kritik missachtet, andere sind sogenannte Künstler-Künstler, also vor allem unter den Kollegen anerkannt. Wieder anderen bleibt nur, auf den Nachruhm zu hoffen. Die nihilistische Variante - gestützt von einer Studie in diesem Sommer - behauptet gleich, dass Künstler ohnehin kein Verlangen haben, Geld zu verdienen. Dabei wurde noch gar nicht von der schwierigsten aller Kategorien gesprochen, nämlich der Qualität. Kurz, Erfolg in der Kunstwelt lässt sich nicht so leicht messen, und schon gar nicht quantifizieren. Erfolg wird bestimmt von einem Gewirr von sozialen Interaktionen.
Warum haben es die Wissenschaftler um Magnus Resch trotzdem versucht?
Resch ist Unternehmer und Ökonom, deshalb ist er Experte für Daten und Zahlen. Außerdem hat er in seiner Doktorarbeit analysiert, was eine Galerie erfolgreich macht, mithin kennt er sich auch auf dem Kunstmarkt aus. Er ist bekannt geworden mit seiner App "Magnus", einer Art Shazam für Kunst. Damit sammelte Resch die Daten für die Studie der Netzwerk-Theoretiker Laslo Barabasi, Sam Fraiberger, Christoph Riedl und Robert Sinatra, publiziert in der renommierten amerikanischen Zeitschrift "Science". Die Datenmenge ist beachtlich. Sie speist sich aus Karrieren von einer halben Million Künstlern, Hunderttausenden von Galerien, Museen und Auktionen. Und warum macht Resch das? "Es ist erschreckend, dass Künstler an den Akademien lernen, wie man den Pinsel hält, aber nicht, wie der Kunstmarkt funktioniert", sagte er im Monopol-Interview.
Was haben die Wissenschaftler dabei herausgefunden?
"Von der Mona Lisa bis zum Basquiat ist alles Flohmarktware - wäre nicht das Netzwerk", schreiben Resch und seine Kollegen in "Science". Denn ohne das Netzwerk ist es nicht möglich, den Wert von Kunstwerken zu festzulegen. Damit etwas einen Marktwert hat, muss es es Leute geben, die sich einig sind, dass es diesen Wert hat. Überdies soll das altbekannte Wer-kennt-wen nun wissenschaftlich belastbar werden. Der Zugang zu Institutionen ist begrenzt, das weiß man. Aber entmutigend ist die Erkenntnis, dass es kaum Mobilität nach oben gibt. Wo ein Künstler seine ersten Ausstellungen hat, bestimmt seinen weiteren Weg. Es gibt sogenannte Insel-Netzwerke, so die Studie. Künstler bleiben auf ihren Inseln, gebildet aus Galerien und Institutionen, die die gleichen Künstler ausstellen. Deshalb können der Ökonom und die Netzwerk-Theoretiker aus den gesammelten Daten ein Modell ableiten, mit dem man die Karrierechancen von Künstlern vorhersagen kann. Und ein Knotenpunkt im Netzwerk sticht besonders besonders hervor: das MoMA in New York, und eine Reihe von Galerien aus dem obersten Marksegment: die Gagosian Gallery, Pace Gallery und David Zwirner.
Was muss man tun, um erfolgreich zu sein?
Nunja, als Künstler nicht viel. Resch rät: "Man muss Unternehmer sein. Also knallhart am Aufbau seiner Marke arbeiten und netzwerken." Aber damit widerspricht er eigentlich den Ergebnissen der Studie, schließlich sind die Inseln des Kunstmarkts ziemlich einsam. Als Unternehmer tue es ihm weh, nach staatlichen Interventionen zu rufen, sagt Resch. Aber die brauche es wohl.
Und was bedeutet das alles für die Kunstwelt?
Es sieht ganz so aus, als wäre die Kunstwelt ein System mit undurchdringlichen Barrieren. Man muss das Glück haben und an einem strategisch günstigen Punkt im Netzwerk anfangen. Das gilt aber auch - zumindest in den USA, wie Tim Schneider für "Artnet" erklärt - für die gesamte Gesellschaft. Weitet man den Blick und schaut auf andere Bereiche der Gesellschaft ist die Diagnose gleich weniger überraschend: Die Startbedingungen bestimmen, wie es weitergeht.