Der "Switch House" genannte Neubau, der Ende Juni eröffnete, verfügt in der zehnten Etage über eine Panorama-Plattform, die den Museumsbesuchern freien Blick in das Innere der gegenüberliegenden Luxuswohnungen gewährt. Bewohner der mit großzügigen Fenstern ausgestatteten Apartments beklagten, dass sie sich selbst wie Ausstellungsstücke fühlten. Man habe nicht gewusst, wie schlimm die Situation sein würde, sagen die Anwohner, da der Neubau sich noch im Bau befand, als sie einzogen. Einige hatten angenommen, dass Büros in den Bau einziehen würden.
Inzwischen hat die Tate Schilder aufgehängt, auf denen sie die Besucher zu Zurückhaltung auffordert: Man solle bitte nicht wild gestikulieren, um die Anwohner nicht zu verstören.
Vergangene Woche hat Tate-Chef Nicholas Serota eine simple Lösung für das Problem vorgeschlagen. Nein, die Aussichtsplattform will er nicht schließen. Stattdessen empfiehlt er den Bewohnern der zwischen 4,5 und 5,95 Millionen Pfund teuren Apartments einen simplen Trick: Sie sollten Rollläden oder Gardinen als Sichtschutz aufhängen.
Die Erwähnung von "Net Curtains", also Gardinen, habe eine gewisse Ironie, freute sich daraufhin der Künstler Grayson Perry im BBC-Radio, es bringe Kategorien wie "Klasse", "Gertrification", "Geschmacksurteil" ins Spiel, stehe die Gardine doch wie der Wohnwagen für einen kleinbürgerlichen Lebensstil, der so gar nicht zu den Luxusapartments passe.
Die britische Publizistin Jilly Cooper schrieb 1999 in ihrem Buch "Class": "The world is divided into 'Haves' and 'Have-Nets'". Die Upper Class habe nie Gardinen gebraucht, da sich vor ihren Fenstern gewöhnlich ein eigenes Anwesen befand und das Hauspersonal ohnehin die Wohnung in Schuss halte.
Auch auf Instagram freute sich ein User, dass sich die Blickverhältnisse jetzt umkehrten: Nicht mehr schauen die Luxusapartment-Bewohner auf das Volk, dass an der Themse langspaziere, sondern das Volk schaue nun zurück.