Für eine aufwändige Recherche zum Thema Diskriminierung im deutschen Justizvollzug habe ich mich monatelang darum bemüht, mit aktuellen und ehemaligen Insassen zu sprechen, mir wissenschaftliche Studien dazu anzuschauen und Gefängnisse zu besuchen. So konnte ich mich im vergangenen Jahr in zwei Justizvollzugsanstalten umsehen. Ich würde schon sagen, dass dies eine prägende Erfahrung für mich war. Der Moment, als ich mich in Isolationshaft einsperren ließ, die Zellentür hinter mir zugegangen ist und mich – obwohl klar war, dass ich da wieder rauskomme – ein beklemmendes Gefühl ereilte: Ich werde es nie wieder vergessen.
Ich habe mit vielen meiner Gesprächspartnerinnen und -partner auch über die Verpflegung hinter Gittern gesprochen. Als kulinarischer Kolumnist war mir das ein besonderes Anliegen. Nahrungszufuhr und der damit verbundene Genuss sind menschliche Grundbedürfnisse. Wie geht es also Gefangenen, die nicht mehr selbstständig entscheiden können, was sie genau zu sich nehmen?
Manchmal, so habe ich gelernt, ist das Wort Verpflegung im Zusammenhang mit Essen hinter Gittern eigentlich unangebracht: Kalte Speisen (die eigentlich heiß serviert werden müssten), abgelaufene Produkte, Lebensmittelvergiftungen, wild zusammengewürfelte Zusammenstellungen von Zutaten, die gar nicht zueinander passen, als halal und koscher deklariertes Schwein, Insassen mit Allergien, die keine auf sie abgestimmte Kost bekommen. Gefangene müssen in Deutschland viel erdulden.
Essen als Menschenrecht
Ich habe bei meiner Recherche in einer baden-württembergischen JVA das Tagesgericht probiert: Bulgur mit Gemüse und Joghurt. Es war okay. Es ist oft aber eben nicht okay. Ich habe Fälle recherchiert, bei denen mutmaßlich vom Küchen- und/oder Gefängnispersonal in das Essen von Insassen uriniert wurde, oder es wurde mit Fäkalien kontaminiert. Hinter den hohen Mauern deutscher Gefängnisse passieren schlimme Dinge. Und wir als Gesellschaft wollen nicht hinschauen.
Wegen der Rückmeldungen auf meine Reportage weiß ich, dass viele sogar nun denken: Die Kriminellen sind ja dort nicht im Hotel. Einige kommen jetzt vielleicht sogar auf den Gedanken: Haben die sich verdient, sollen sie froh sein, dass sie irgendetwas bekommen. Doch hier geht es um grundlegende Menschenrechte, um die Wahrung der Menschenwürde, um die körperliche Unversehrtheit, die für alle gelten muss.
In den vergangenen Monaten habe ich viel über das Strafen nachgedacht. Darüber, dass wir Menschen es lieben, andere Menschen zu sanktionieren. Natürlich haben viele Insassen (auf gut Deutsch) Scheiße gebaut. Einige von ihnen haben schlimme Straftaten begangen. Viele Menschen sitzen aber wegen Petitessen hinter Gittern: Den ÖPNV ohne gültigen Fahrschein genutzt, Bußgelder nicht bezahlt, Mietschulden nicht beglichen, in einen Streit geraten … das alles sollte nicht sein, das alles hat manchmal tiefergehende Gründe wie zum Beispiel Armut.
Mir stellen sich nun seit Monaten Fragen: Wollen wir als Gesellschaft diese Menschen vor allem bestrafen? Oder wollen wir Lösungen finden für Kriminalität, für strukturelle Benachteiligungen, für einen Weg, gerecht, solidarisch und friedlich miteinander zu leben?
Weil ich darauf keine abschließenden Antworten habe und um zwischendurch auf andere Gedanken zu kommen, habe ich gebacken. Ich habe ein Rezept ausgesucht, vor dem ich großen Respekt habe: salted caramel. Wer mag nicht die Kombination aus salzig und süß? Es ist eine Straftat, salted caramel nicht zu mögen. Ja, so willkürlich können manchmal Gefühle sein, Menschen unbedingt bestrafen zu wollen.
180 g Zucker in einem beschichten Topf oder in einer Pfanne bei mittlerer Hitze langsam schmelzen lassen, dabei gelegentlich umrühren, bis er goldbraun karamellisiert. Noch langsamer 100 g in Stücke geschnittene Butter einrühren, bis eine glatte Masse entsteht. 100 g süße Kondensmilch und 100 ml Sahne unterrühren. Vom Herd nehmen und 1 TL Meersalz einrühren, noch warm in ein sauberes Glas füllen und abkühlen lassen. Damit kann man wunderbare Desserts machen. Das Karamell hält sich locker einen Monat und kann in einem Wasserbad geschmeidig gemacht werden, um es dann besser zu verarbeiten.
Das Beste aus schnödem Mürbeteig
Mit dem Karamell habe ich zunächst Kekse gebacken – mit einem schnöden Mürbeteig, den ich am Vortag zubereitet und im Kühlschrank über Nacht in Frischhaltefolie gelagert habe. Für den Mürbeteig einfach folgende Zutaten zu einer homogenen Masse kneten: 250 g Mehl, 125 g kalte Butter (in Stücke geschnitten), 80 g Zucker, 1 Ei , 1 Prise Salz, 1 Päckchen Vanillezucker und etwas Zitronenabrieb.
Mit einer Keksform oder einem kleinen Glas Kreise ausstechen, in die Hälfte der Kreise in der Mitte ein kleines Loch ausstechen. Ich habe dafür den kleinen Deckel einer Sprühflasche genommen. Die Kekse nur kurz bei 170°C Ober- und Unterhitze für sieben bis zehn Minuten golden backen und ordentlich abkühlen lassen. Auf einen Kreis einen TL Karamell geben und ein kleines Sandwich mit einem durchlöcherten Keks bilden.