Ende vergangener Woche hat Tesla das Event "AI Day" veranstaltet. In diesem Rahmen stellte Firmenchef Elon Musk den Tesla Bot vor. Einen humanoiden Roboter, der im nächsten Jahr als Prototyp präsentiert werden soll, und (yet again) technokratischen Fortschritt für die Menschheit verspricht. Viel zu sehen gibt es demnach noch nicht, außer einem Versprechen, einen "Call for Application" und einer kruden Dance-Einlage, die allerdings von einem Menschen im engen Anzug performt wurde.
Musk teilte aber zumindest schonmal erste Designs und einige Zahlen zu dem Tesla Bot. Der androgyne Roboter soll circa 1,77 Meter groß sein und dabei rund 57 Kilogramm wiegen. Zur Leistung: Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 8 Km/h, und bis zu 20 Kilogramm soll der Humanoid tragen können. Nachdem die Olympiade in Tokio noch nachklingt, sind das keine Werte, bei denen man Ohrenschlackern bekommt – ist aber Teil des Konzepts. Der Tesla Bot soll nämlich ausschließlich der Menschheit dienlich sein. Dabei ist Freundlichkeit eine der programmierten Grundtugenden, und prinzipiell soll Tesla Bot dann zum Einsatz kommen, wenn entweder repetitive, gefährliche oder schlicht langweilige Aufgaben anfallen.
Dabei ist Tesla nach Ansicht Elon Musks bereits eine Roboterfirma, nur eben für Roboter auf vier Rädern. Da sei die Portfolio-Erweiterung auf zwei Beinen nur konsequent. Prahlen seine Autos allerdings mit rasanten Beschleunigungswerten und irren Motorleistungen, ist der Tesla Bot mit Absicht derart untermotorisiert. Im Notfall ließe sich so ein türmender oder ausrastender Roboter schnell einholen und überwältigen.
Wer braucht Roboter, die nichts können?
Musks Meinung zu Robotern und KI ist ambivalent. Mal warnt er vor den ausgehenden Gefahren und hollywoodesken Horrorszenarien, in denen KI und Roboter die Weltherrschaft an sich reißen und im nächsten Moment stellt er mit seiner Firma seinen eigenen Roboter vor. Handelt es sich um eine divenhafte Laune oder ist das intendiert? Vertraut man einem reflektierten Kritiker vielleicht eher, so wie man ruhiger schläft, wenn man Strom und Gas bei Greenpeace bezieht?
Aber wer braucht Roboter, die eigentlich nichts können? Und wie sehen diese langweiligen Arbeiten ("boring tasks") eigentlich aus, die die Tesla Bots den Menschen abnehmen sollen? Beim mühsamen Spargelstechen und Erdbeeren pflücken verzweifeln doch erwachsene Menschen schon, weil so anstrengend und zehrend. Pakete ausliefern oder auf Intensiv-Stationen Covid-Patient:innen pflegen? Wohl eher auch nicht. Und was wird der Ladenpreis eines solchen Tesla-Lakaien sein? Musks Vision erinnert dabei an den Film "I, Robot" von Alex Proyas aus dem Jahr 2004 mit Will Smith in der Hauptrolle. In dieser Isaac-Asimov-Adaption stellt der reichste Mann der Welt und Eigentümer der Firma U.S. Robotics, Lawrence Robertson, im Jahr 2035 (ist gar nicht mehr so lange hin) den Roboter NS-5 vor. Dieser wurde streng nach den Asimov’schen Robotergesetzen programmiert:
1. Ein Roboter darf kein menschliches Wesen (wissentlich) verletzen oder durch Untätigkeit (wissentlich) zulassen, dass einem menschlichen Wesen Schaden zugefügt wird.
2. Ein Roboter muss den ihm von einem Menschen gegebenen Befehlen gehorchen – es sei denn, ein solcher Befehl würde mit Regel eins kollidieren.
3. Ein Roboter muss seine Existenz beschützen, solange dieser Schutz nicht mit Regel eins oder zwei kollidiert.
Den Roboter NS-5 kennzeichnet ebenfalls, dass dessen Software permanent über V.I.K.I., den Zentralcomputer von U.S. Robotics, geupdatet wird. 2004 waren Over-The-Air-Updates aus der Cloud noch Zukunftsmusik. Heute beziehen jede smarte Waschmaschine, jede Uhr und auch Autos für jede Kleinigkeit Updates aus riesigen Servern. Diese Vision hätte sich also schonmal vorzeitig verifiziert. Auch wenn es wie im Falle von VW auch mal dazu führen kann, dass in den E-Autos plötzlich die Heizung nicht mehr ausgeht und man bei 40 Grad Auto fahren muss, bis das per Update behoben wird. Auch die Designs von NS-5 und Tesla Bot sind sich nicht unähnlich. Nur geht das Szenario in "I, Robot" alles andere als gut aus. Am Ende wird die Menschheit durch Armeen dieser Roboter bedroht und angegriffen.
Ist Elon Musk also der kumpelige, Gefahren kleinredende Onkel-Typ, der den glühenden Grill mit Benzin aus dem Kärcher anfeuert, weil bei ihm schon nichts passieren wird? Oder glaubt er, dass man das Aufstechen von Hornissennestern nur wahren Visionären und Experten überlassen soll? Wer möchte schon Humanoiden aus dem totalitären China den Haushalt überlassen? Die Lage wirkt bipolar, wenn nicht schizophren.
Roboter für bedingungsloses Grundeinkommen
Das mutmaßlich eigentliche Anliegen vom Tesla-Boss ist nämlich gar kein so pessimistisches. Durch den Einsatz von Tesla Bots erhofft Musk sich, dass in Zukunft das bedingungslose Grundeinkommen endlich ermöglicht werden könne. Eine Idee, die gerade in den USA, aber auch hier immer wieder mit einer sozialistischen Feuersbrunst gleichgesetzt wird. Aber es bleibt eine logische Argumentation mit zugegebenermaßen ein paar Hängebrücken zu viel - denn braucht es in diesem Fall neue Gadgets, um humanitäre Ideen zu realisieren? Wäre korrektes Steuern zahlen für Superreiche und Weltunternehmen wie Amazon, Nike und Konsorten nicht schon eine plausible und völlig analoger Ansatz? Und wer würde in diesem Szenario an dem Grundeinkommen besonders viel verdienen, wenn die ganze Welt stupide Arbeiten von Tesla Bots machen ließe? Natürlich Elon Musk.
Es ist also ein Produkt, der weitaus mehr wesentliche Fragen offenlegt, als Antworten zu bieten. Aber versuchen kann man es ja. Auch so ein Duktus der disruptiven und leanen Start-up-Welt, in der erstmal alles erlaubt ist, solange man Investoren und Fans um den Finger wickelt. Anders als bei den meisten Start-ups war Musk aber durchaus in der Lage, seine Business-Ideen wie Autos und Raketen erfolgreich zu realisieren, obwohl er dafür zunächst vom Mainstream und seinen Eliten ausgelacht und verhöhnt wurde. Welche Rolle werden und könnten also Tesla Bots in Zukunft in unseren Leben spielen? Zeit, sich darüber Gedanken zu machen.