Jahresrückblick

8 spektakuläre Museumsneubauten

Foto: Enrico Cano
Foto: Enrico Cano
Bodenarbeit des polnischen Künstlers Miroslaw Balka in der Sammlungspräsentation im neuen Centro Botín in Santander

Neubauten, Umbauten, Erweiterungen: Wir blicken zurück auf acht besonders spektakuläre Museumseröffnungen des Jahres17. Mai: Sechs Jahre lang hat es mit dem Neubau des Historischen Museums auf dem Frankfurter Römerberg gedauert. Dafür musste der Vorgängerbau - ein von vielen ungeliebter Betonklotz aus dem Jahr 1972 - weichen. Jetzt wird das 54 Millionen Euro teure Gebäude feierlich eröffnet. Zuvor war bereits der aus fünf Gebäuden bestehende angrenzende Altbau des Stadtmuseums für 20 Millionen Euro saniert worden. Frankfurt hat sich zehn Jahre lang mit der Planung des lange umstrittenen Neubaus beschäftigt. Zum Altbau gehört auch das Staufergebäude mit seiner Kapelle von Anfang des 13. Jahrhunderts, das als Frankfurts ältestes Gebäude gilt. Der von dem Stuttgarter Architektenbüro Lederer Ragnarsdottir Oei errichtete Neubau mit einer Länge von 60 Metern, der ein großes Satteldach mit hohen Giebel hat, erinnert an eine große Scheune. Als Baumaterialien wurden roter Sandstein, Schiefer und Basalt verwendet.

Außenfassade des neuen Teils des Historischen Museums in Frankfurt

 

23. Juni: Mit dem Centro Botín erhält Santander, die Hauptstadt der nordspanischen Region Kantabrien, ein von Renzo Piano entworfenes Kulturzentrum: zwei auf filigranen Stützen stehende Baukörper, die durch Außentreppen und Terrassen verbunden sind, die Passanten jederzeit und ohne Tickets betreten können. Die Stützen verhindern, dass den Besuchern des zentralen Parks der Blick auf ihre Bucht verstellt wird. Dieser Zugang, diese Sicht seien ihm wichtig gewesen, sagt der Genueser Architekt, denn es gebe in Santander eine ausgeprägte Liebe zum Flanieren. Vielleicht hängt die Freude am ziellosen Rumlaufen auch mit dem ansonsten eingeschränkten kulturellen Angebot in der 170.000-Einwohner-Stadt zusammen. Die Botín-Familie, die die Banco Santander gegründet hat und entscheidend prägt, stellt hingegen mit ihrer seit 1964 bestehenden Stiftung schon länger ein anspruchsvolles Ausstellungsprogramm auf die Beine. Mit dem Centro Botín gibt sich die Stiftung nun selbstbewusst ein Haus, das ihrer Bedeutung für die Stadt gerecht wird – und das sie ganz allein finanziert. Die vierspurige Straße, die vorher über das von der Stiftung nun für 50 Jahre gemietete Grundstück verlief, wurde für 25 Millionen Euro unter den Park verlegt, der deshalb vergrößert werden konnte. Das Gebäude selbst soll 60 Millionen Euro gekostet haben.

Centro Botín in Santander

 

22. September: Im südafrikanischen Kapstadt eröffnet das erste Museum für zeitgenössische afrikanische Kunst des Kontinents. Das Zeitz Museum of Contemporary Art Africa, kurz Zeitz MOCAA, steht inmitten der berühmten Einkaufs- und Vergnügungsmeile V&A Waterfront, direkt am Atlantischen Ozean. Das vom britischen Architekten Thomas Heatherwick für umgerechnet rund 32 Millionen Euro sanierte historische Getreidesilo zeigt Kunstwerke des 21. Jahrhunderts in 80 Galerien, die sich über neun Stockwerke ziehen. Initiator des Mega-Projekts ist der ehemalige Chef des Sportartikelherstellers Puma, Jochen Zeitz. Er hat für das Museum seine private Kunstsammlung gestiftet. Das Herzstück des Gebäudes ist ein 27 Meter hohes, kathedralförmiges Atrium mit den Konturen eines Maiskorns.

Zeitz Museum of Contemporary Art Africa in Kapstadt

 

18. Oktober: Nach rund vierjähriger Bauzeit und kurz nach dem neuen Yves-Saint-Laurent-Museum in Paris eröffnet in Marrakesch das Yves-Saint-Laurent-Museum. Auf 4000 Quadratmetern werden die schönsten Haute-Couture-Kreationen des französischen Modeschöpfers gezeigt. Die Kosten des Baus werden auf etwa 15 Millionen Euro beziffert. Das Museum liegt neben dem berühmten Garten Jardin Majorelle, den Yves Saint Laurent 1980 erworben hat. Neben der Dauerausstellung, die mit Luxuskleidern aus der umfangreichen Sammlung des Designers bespielt wird, werden auch Sonderausstellungen präsentiert. Der Bau aus rotem Ziegelstein und rosafarbenem Granit wurde von den französischen Architekten Olivier Marty und Karl Fournier entworfen. In dem Museum befindet sich zudem ein Auditorium und eine Bibliothek, denn die Einrichtung will nicht nur ein Modetempel sein, sondern auch ein Kulturzentrum.

Das Musée Yves Saint Laurent in Marrakech

 

11. November: Nach mehr als zehn Jahren Plan- und Bauzeit wird in den Vereinigten Arabischen Emiraten der Louvre Abu Dhabi eröffnet. Das von Architekt Jean Nouvel entworfene Museum auf der Insel Saadiyat beherbergt unter einer 180 Meter langen Kuppel die erste Ausstellung mit universellem Anspruch in der arabischen Welt. Auf mehr als 6000 Quadratmetern soll hier die Geschichte der Menschheit erzählt werden. Demnächst ist hier auch Leonardo da Vincis Bild "Salvator Mundi" zu sehen, das 2017 zu einem Rekordpreis verkauft wurde.

Louvre Abu Dhabi

 

18. November: Das 2007 gestartete Neubauprojekt der Modernen Galerie des Saarlandmuseums wurde zum kulturpolitischen Desaster, die Kosten explodierten, es gab Fälle von Veruntreuung und Korruption, Entlassungen, eine aufgebrachte Bevölkerung und schließlich Baustopp. Wie man aus einer so verfahrenen Situation einen Neuanfang macht, der die Vergangenheit nicht vertuscht, zeigt der Direktor Roland Mönig zusammen mit dem Berliner Architekturbüro Kuehn Malvezzi. Die ursprüngliche Architektur zählt zu den wegweisenden Museumsbauten der frühen Bundesrepublik. Entworfen hat sie der Architekt Hanns Schönecker, gebaut wurde das denkmalgeschützte Ensemble zwischen 1965 und 1976 in Form von drei versetzt zueinander stehenden Pavillons aus Beton, die sich leichtfüßig in die Parklandschaft einfügen. Kuehn ­Malvezzi übernahm 2013 einen halb fertigen Neubau, der jahrelang brachgelegen hatte, und überarbeitete klug dessen ursprüngliches Konzept. Wilfried Kuehn sieht ganz klar den ästhetischen Schwerpunkt im alten Schönecker-Ensemble, das auch nach heutigen Maßstäben ein ausgesprochen gelungener Museumsbau ist. So ist die Erweiterung zwar bedeutend höher, sodass auch Installationen und andere raumgreifende Werke gezeigt werden können, aber dennoch zurückgenommen. Neben rund 1500 Quadratmeter zusätzlicher Ausstellungsfläche bietet sie Raum für neue Depots und Restaurierungswerkstätten.

Der Erweiterungsbau der Modernen Galerie in Saarbrücken

 

2. Dezember: In Lianzhou, einer südchinesischen 500.000-Einwohner-Stadt in der Provinz Guangdong, eröffnet das erste Museum für zeitgenössische Fotografie in China. Seit 13 Jahren trifft sich die Szene zum Fotofestival in Lianzhou, jetzt haben die Macher und die Stadt ihr damit gewonnenes Netzwerk und ihre Expertise in den Bau eines permanenten Ortes gesteckt. Der Neubau eines jungen Architekturbüros aus Guangzhou, der Materialien aus der Region benutzt und lokale Bauweisen zitiert, passt wunderbar in den Bestand der Altstadt, obwohl er ganz zeitgenössisch ist. Das Lianzhou-Fotomuseum könnte ein wichtiger Ort werden für die Fotoszene in China.

Lianzhou Museum of Photography

 

18. Dezember: Bei einem Festakt mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wird die neue Kunsthalle in Mannheim offiziell der Stadt übergeben. Das 68,3 Millionen Euro teure Gebäude gilt als derzeit größter Neubau eines Kunstmuseums in Deutschland. Die Kunsthalle beherbergt unter anderem die wohl weltgrößte Privatsammlung von Werken von Anselm Kiefer. Viele Wände sind aber noch leer: Anders als geplant wird die komplette Kunstsammlung erst in den kommenden Monaten die neuen Räume beziehen. Innenarbeiten hatten sich verzögert. Die Eröffnung ist für den 1. Juni 2018 vorgesehen. Wegen seines Standorts inmitten eines Jugendstilensembles und seiner Ummantelung mit einem Netz aus Edelstahl ist die neue Kunsthalle bei den Bewohnern der nordbadischen Stadt nicht unumstritten.

Neubau der Kunsthalle Mannheim