Abwesenheitsnotiz: Erik Schmidt

Sommerschlappe

Foto: © Erik Schmidt
Foto: © Erik Schmidt
Erik Schmidt, "Sommerschlappe" (Still)

Was machen Künstler im Sommer? In unserer Serie "Abwesenheitsnotiz" bitten wir um ein Lebenszeichen. Erik Schmidt sucht etwas Schönes für den Sommer

Der Sommer begann dieses Jahr Anfang Mai mit 34 Grad. Ich lag halbnackt auf dem Bett im 11. Stock am Platz der Nationen in Berlin, alle Fenster offen. Nachts kann ich nicht schlafen. Ich denke an den echten Sommer, der noch kommt, denke auch kurz an die Bilder, die ich malen will. Ich brauche etwas Schönes, etwas für die kommende Zeit – ein Hemd, eine Brille oder ein paar luftige Schuhe.

Ich kaufe online, klicke durch endlose Seiten, und da sind sie, die Schuhe, die mich durch den Sommer tragen werden. Ein sehr simples Modell, handgemacht in Italien. So simpel, kaum eine Sohle und nicht so billig. Aber eben handmade und es ist ja noch kein Schlussverkauf.  Eigentlich eine Schlappe. Ich will sie haben. Natürlich ist er fast ausverkauft, der tolle Schuh. Bin wohl nicht ganz klar, als ich eine der letzten Größen bestelle – größer als mein Fuß. Ich kann ihn ja zurückschicken. Da kamen sie und irgendwie schlappe ich immer raus aus der Schlappe, ich bringe sie zum Schuster, denn so eine teure Schlappe muss erstmal besohlt werden. Rückgabe dann ja nicht mehr möglich. Ach, meint der Schuster, Sie waren das mit den Schlappen. Dann stopfe ich Watte und eine extra Sohle rein, aber die Schlappe bleibt schlappig. Sie liegt nur noch herum, super Türstopper, der Sommer hört nicht auf. Meine Freunde finden sie, naja, halt eine Schlappe, irgendwie nicht so schön.

Der Sommer schreitet voran und bleibt heiß, ich blicke runter auf die Steine am Park, wo mal ein Leninkopf stand und jetzt Wasser aus den Steinen läuft. Ich muss etwas tun, die Schuhe müssen schrumpfen. So wie die Haut im Sommer schrumpelt, so soll auch das Leder schrumpfen, wenn man es erst mit Wasser und dann mit Sonne quält. Ich hoffe, sie überleben das, und so werden sie eingeweicht und dann auf dem Dach aufgehängt. Das schöne Dach, wo schon viele Sommer verbracht und viele Partys gefeiert wurden. Das Dach auf dem Haus neben dem Park, wo man den ganzen Sommer verbringen kann, ohne zu reisen. Man braucht eigentlich auch keine Schuhe. Und während Trump durch Europa trampelt, Seehofer Asylanten hinterherrennt und May den sinnlosen Brexit durchtreten will, liege ich auf dem Dach und schau mir die Schlappe an, wie sie da baumelt. Im Atelier ist es eh zu heiß.