Festival Socle du Monde

Ein sinnliches Fest der Avantgarde

Die dänische Kleinstadt Herning ist durch die Sammlung des Textilfabrikanten Aage Damgaard ein lohnendes Kunstziel. Nun fordert die aktuelle Ausgabe des Festivals Socle du Monde zur Tat auf

Die dänische Kleinstadt Herning war einst als "Manchester des Nordens" das Zentrum der Textilindustrie. Heute stellt man Windräder her. Aber das einstige Bekleidungsgewerbe ist immer noch präsent, dank des Hemdenfabrikanten Aage Damgaard, der zeitgenössische Kunst sammelte, allen voran Piero Manzoni, den er Anfang der 1960er-Jahre zu einem Arbeitsaufenthalt einlud. Die hier entstandenen Werke wanderten in die Sammlung des Mäzens, weswegen sich heute in Jütland die weltweit größte Manzoni-Sammlung befindet.

Der italienische Avantgardist war nicht das einzige Steckenpferd Damgaards. Er interessierte sich nach dem Zweiten Weltkrieg vor allem für Künstler, die für eine Erneuerung der Bildsprache einstanden. Für diese Avantgarde entwarf der US-amerikanische Architekt Steven Holl ein Museumsgebäude mit einer Fassade, die an die Struktur von zerknittertem Hemdenstoff erinnert. 

Es ersetzte das Vorgängergebäude des 1977 gegründeten Heart – Herning Museum of Contemporary Art. Mit den Nebengebäuden ist es der perfekte Ort für das kleine, aber immer von der riesigen Sammlung profitierende Festival Socle du Monde.

Schlüsselwerke der Nouveaux Réalistes

Die neunte Ausgabe stellt unter dem Motto "Do It!" Schlüsselwerke der Nouveaux Réalistes an den Anfang, darunter viele Leihgaben, riesige Schrottskulpturen von Jean Tinguely, Assemblagen von Niki de Saint Phalle oder Daniel Spoerris Bankettreste. Kurator Jean-Hubert Martin liefert mit der zweiten Schau "Everything is wrong" einen Parcours aus Sammlungsstücken und lokalen Alltagsobjekten, die er zu einer Abfolge aus Analogien und Assoziationen arrangiert – ein sinnliches Fest aus Nähmaschinen, Schnittmustern, Gemälden, Anzügen von Joseph Beuys und der Mode der Sixties. 

Will man die schriftlichen Anweisungen einer Yoko Ono oder eines Olafur Eliasson zu Gesicht bekommen, die Hans Ulrich Obrist auf Gebäuden platziert hat, sollte man Laufbereitschaft durch das Museumsgelände und die Stadt mitbringen. Etwa zur ehemaligen Volkshochschule, die Arbeiten des Nachwuchses zeigt. Donna Haraway steht hier Pate für manch obskures Tier-Mensch-Objekt. Im Kontext der glorreichen Vorläufer ist es schwer, sich zu behaupten.