Maria Lassnig: Über die Präzision der Gefühle / On the Precision of Feelings
Mit der Ausstellung Maria Lassnig: Über die Präzision der Gefühle / On the Precision of Feelings stellt die Galerie der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig die Entwicklung des zeichnerischen Werks der österreichischen Künstlerin vor. Gezeigt werden rund 60 Zeichnungen, die zwischen 1947 und 2012 entstanden sind und vornehmlich den weiblichen Körper anhand eines differenzierten Empfindungsregisters thematisieren. Zudem ist eine Auswahl von Lassnigs Animationsfilmen zu sehen, die sie ab den 1970er Jahren ausgehend von ihren „Körperbewusstseinszeichnungen“ im Umfeld feministischer Bewegungen in New York realisierte.
Der Titel der Ausstellung ist einer Zeichnung von 1992 entnommen, die den eigenen Körper in radikaler Verkürzung als Hybrid zwischen Mensch und Tier zeigt. Derlei körperliche Transformationen im Werk von Lassnig sind Ausdruck einer kontinuierlichen Suchbewegung, um einer Empfindungskonzentration im Körper Form zu verleihen. Signifikant dafür sind die von der Künstlerin gewählten teils witzigen, teils ironischen aber dennoch punktgenauen, metaphorischen Bildbeschreibungen wie Selbstporträt als „Gartenschere“, „Rosenkorb“ oder „Molekül“. Dieses Spiel der Selbstbeschreibung verklammert Zeichnung und Text, ohne sich in Bedeutungen zu verfestigen. Vielmehr konfrontiert Lassnig mit sprachlichen Metaphern, die ebenso kurzlebig sind wie ein flüchtig wahrgenommenes Ereignis im Körper, das zuallererst weiblich ist, weil es auf die eigene körperlichen Situiertheit rekurriert.
Die Ausstellung soll zeigen, dass der seismografischen Untersuchung von Körpergefühlen ein annäherndes, zugleich nicht abschließbares Verfahren zugrunde liegt, das sich eindrücklich über die Zeichnung artikuliert. Zudem wird die Zeichnung als ein von der Malerei distinktes Medium im Werk von Maria Lassnig vorgestellt, welches wie ein Scharnier zwischen Sprache (Notizhefte, Gedichte, Briefe) und Film eine eigenständige Position behauptet.
Maria Lassnig (1919 – 2014) war zwischen 1941 und 1945 Kunststudentin im nationalsozialistischen Wien. In den 1950er und 1960er Jahren verbrachte sie mehrere Jahre in Paris und kam über André Breton und Paul Celan mit dem Surrealismus ebenso wie mit der informellen Malerei in Berührung. In dieser Zeit entstanden ihre ersten „Körperbewusstseinszeichnungen“. Von 1968 bis 1980 lebte Maria Lassnig in New York, wo sie sich mit der Technik des Animationsfilms vertraut machte. 1980 kehrte sie nach Österreich zurück und erhielt im Alter von 61 als erste Frau im deutschen Sprachraum eine Professur für Malerei an der Universität für angewandte Kunst in Wien. Durch ihre Teilnahme an der 39. Biennale in Venedig 1980 bzw. an der documenta 7 1982 erlangte ihre Arbeit internationale Anerkennung.
Die Ausstellung findet im Rahmen von „meaoiswiamia – Gastland Österreich Leipziger Buchmesse“ in der HGB Galerie Leipzig statt. Sie wird gemeinsam mit der Maria Lassnig Stiftung, Wien organisiert und mit der freundlichen Unterstützung durch das österreichische Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport realisiert.
Kuratiert und realisiert von Ilse Lafer und Peter Pakesch (Maria Lassnig Stiftung) mit dem Team der HGB Galerie.
Führungen an jedem Donnerstag, 17:00 Uhr