Blurred Lines
In den letzten Jahren sind Phrasen wie „Brücken schlagen“, „sich an der Schnittstelle treffen“ und „Grenzen verwischen“ zum Standardjargon von Technologieunternehmen geworden, die versuchen, den Kunstmarkt zu erobern. Diese wenig durchdachten PR-Ausdrücke, die mittlerweile zwischen Meme und Klischee schwanken, haben die einst avantgardistische Arbeit, neue Territorien zu erkunden – sei es durch reine künstlerische Vision oder durch das Ausreizen technologischer Möglichkeiten – auf bloße Schlagworte reduziert. Dadurch werden Künstler, die tatsächlich „an der Schnittstelle arbeiten“, oft abgetan, da ihre Werke Zeit und Aufmerksamkeit erfordern, um ihren innovativen Einfluss vollständig zu erfassen.
Diese Ausstellung zielt darauf ab, den Mut und die Faszination der Erkundung des Unbekannten zurückzugewinnen, indem sie Medien vermischt, Grenzen verwischt und neue Perspektiven eröffnet. Sie versucht, die Komplexität der Medienkunst einzufangen und die ambitionierte Vision von Künstlern hervorzuheben, deren Arbeiten in diesem sich entwickelnden Raum der Möglichkeiten existieren. Dabei wird eine authentische Auseinandersetzung mit dem digitalen Medium und dessen Potenzial in den Mittelpunkt gerückt.
Die Ausstellung spiegelt auch einen breiteren kulturellen Kontext wider, in dem sich Rollen und Identitäten innerhalb der Kunstwelt zunehmend verflüssigen. Das Verwischen von Grenzen wirft neue ethische Fragen auf, wie Interessenkonflikte oder Insiderhandel, die gelegentlich auf Fehlverhalten hindeuten. Gleichzeitig eröffnet dieser Wandel jedoch positive Perspektiven, indem er zur Demokratisierung beiträgt und Offenheit für Praktiken fördert, die traditionelle Kategorien herausfordern. Die oft elitäre Kunstwelt wird durch eine Mischung aus Genres und „Lowbrow“-Praktiken belebt, die die starre Grenze der „hohen Kunst“ in Frage stellen.
Blurred Lines at Load bringt Künstler zusammen, die die klare Trennung zwischen physischen und digitalen Bereichen herausfordern, neue Wahrnehmungsweisen von Virtualität und der Rolle der Menschheit in einer technologisch geprägten Welt erschaffen und das Medium einer breiteren Akzeptanz zuführen möchten. Durch Experimente mit visueller Form, Technologie und Interaktion definieren diese Künstler unsere Wahrnehmung von Kunst, Natur und Geschichte neu.
In dieser Ausstellung nutzen einige Künstler den Surrealismus, um die Grenzen der Realität zu hinterfragen, indem sie Werke schaffen, die visuelle und kognitive Wahrnehmungen herausfordern, während andere dasselbe Ziel mit rein abstrakten Arbeiten verfolgen.
- Vince Fraser präsentiert afro-surrealistische Arbeiten, die die Vergangenheit in der Gegenwart neu imaginieren und mutige, positive Darstellungen der afrikanischen Diaspora schaffen. Seine Werke hinterfragen Stereotype, indem sie Bilder der schwarzen Kultur durch eine surreale Linse zeigen und Geschichten von Vielfalt und Empowerment in den Vordergrund stellen.
- Massimo Colonna zeigt in seiner Serie „Paper Dreams“ die fragile, fließende Grenze zwischen Realität und Traum und regt Betrachter dazu an, über die vergängliche Natur von Erinnerung und Erfahrung nachzudenken – und darüber, was wir zu kontrollieren glauben und was uns letztlich entgleitet.
- Antoni Tudisco erkundet die Verschmelzung von digitalem Chaos mit organischen Formen und hebt die Spannung und Harmonie zwischen Natur und Technologie hervor. Seine Werke zeichnen sich durch hyperrealistische 3D-Darstellungen, lebendige Farben und intensive Muster aus.
- Mit einer Mischung aus digitaler Malerei, traditionellen Techniken und künstlicher Intelligenz erforscht Jenni Pasanen die fragile Verbindung zwischen menschlicher Kreativität und technologischer Innovation. Ihre Arbeiten beinhalten oft Elemente aus Natur und menschlicher Anatomie.
- Samuel Pietri untersucht die Grenzen der menschlichen visuellen Wahrnehmung und nutzt generative Systeme, um aufzuzeigen, wie unsere Sinne die Realität formen. Seine abstrakten Landschaften bewegen sich an den Rändern des Visuellen und laden die Betrachter ein, kognitive Räume zwischen Wahrnehmung, Ambiguität und Staunen zu erforschen.
- David Ariew taucht in eine gottähnliche Welt geometrischer Muster, ruhiger Bewegungen und spiritueller Symbolik ein – alles in goldenes Licht getaucht. Mit unendlichen Spiegelräumen und modernen 3D-Rendering-Techniken erschafft er immersive, atmende Räume, die die Realität transzendieren – ein Stil, den er über Jahre hinweg perfektioniert hat.
- Hsieh Chen Lin (DAMONXART) nimmt das Publikum mit auf eine Reise durch die weiten, grenzenlosen Rhythmen des Universums und zeigt in seinen abstrakten Werken den Wechsel von Bewegung und Stille im kosmischen Raum. Seine Werke thematisieren die unendlichen Zyklen des Universums und hinterfragen unsere Wahrnehmung von Raum und Zeit.
Traditionell steht bei Load die Natur im Fokus vieler Künstler.
- Andréa Philippon zeigt ihre Schönheit und Komplexität, indem er eine harmonische Zukunft imaginiert, in der Natur und menschliche Schöpfungen koexistieren. Seine 3D-Werke vereinen digitale Verfahren, Fotografie, Photogrammetrie und digitale Maltechniken.
- Janie Fitzgerald, eine Pionierin der 360º-Fotografie, reflektiert in ihren sich wandelnden und entfaltenden floralen Stücken Momente der Stille und Verbundenheit. Seit 2021 integriert sie KI in ihre Praxis und entwickelt so einen einzigartigen, ausdrucksstarken Stil.
- In den jüngsten Arbeiten von KeJyun Wu wird nach einem ökologischen Kollaps eine virtuelle neue Welt mit „künstlicher Natur“ angenommen. Der Künstler lädt das Publikum zu einem immersiven Erlebnis ein, das mit den Grenzen zwischen realer Welt und digitaler Simulation spielt und eine Reflexion über unsere sich wandelnde Beziehung zur Natur und die Möglichkeiten virtueller Realitäten anregt.
- Anthony Samaniego interpretiert vertraute Motive mithilfe von 3D-Visualisierungen neu und verwandelt reale, unbelebte Objekte in fließende Memoiren des digitalen Raums. Inspiriert von Impressionismus und Surrealismus erforscht er das Setting und die Größenordnung von Landschaften und untersucht die Wahrnehmung ätherischer Schönheit.
Die geschlossene Vorschau findet am 12. Dezember um 19:00 Uhr statt. Anmeldung erforderlich.