"Der Fehler fängt schon an, wenn sich einer anschickt, Keilrahmen und Leinwand zu kaufen", sagte Joseph Beuys. Der Künstler Sergej Jensen legte Ende der 90er-Jahre Farben und Pinsel beiseite und blieb trotzdem Maler. Seine Leinwände sind Bildträger und Material zugleich – Leinen, Jute, Nessel und Seide erinnern an die Ästhetik der italienischen Arte povera.
Die Textilien werden von Jensen gefärbt, gebleicht, zusammengenäht, er collagiert mit Wolle, Kleidungsresten oder Diamantenstaub. Dabei wird der Entstehungsprozess wie beiläufig freigelegt, indem Flecken, Risse oder Löcher sichtbar werden. Jensen unterwandert so die Idee einer Vollendung und Perfektion der künstlerischen Arbeit. Auch seiner zunehmend erfolgreichen Rolle im Kunstmarkt begegnet er subversiv: 2007 klebte er einen 1000-DM-Schein auf die Leinwand. Jensen studierte an der Städelschule bei Thomas Bayrle und wurde seit 2003 in zahlreichen internationalen Gruppen- und Einzelausstellungen präsentiert.
In der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden kann man in über 40 Arbeiten den Weg eines Künstlers nachvollziehen, der sich an Figuren wie Joseph Beuys, Sigmar Polke oder Lucio Fontana abarbeitet, um die Möglichkeiten der Malerei auszuloten. Und sich trotzdem mit einer an Verweigerung grenzenden eigenwilligen Lässigkeit behauptet. In den letzten Jahren kamen figurative Elemente zurück, auch Farben, jedoch stets in der zurückhaltenden Palette des Natürlichen: Beige, Braun, Schwarz, Creme und fades Rosa. Doch das Konzeptuelle und Zurückgenommene von Sergej Jensens Malerei steht dem vielschichtigen visuellen Erlebnis nicht im Weg, das die Ausstellung in den großzügigen Räumen in Baden-Baden eben auch ist.