Der Künstler ist anwesend, schon - aber wo? Im Atelierzentrum Köln-Ehrenfeld sind 14 Werke von ebenso vielen Künstlern – elf Männern und drei Frauen – zu sehen, aber kein einziges Schildchen weist die jeweiligen Urheber aus. Hinter der Ausstellung mit dem Titel „Das Itten-Experiment“ versteckt sich eine empirisch angelegte Versuchsreihe zu der Frage, ob wir in der Lage dazu sind, ein Werk einem uns unbekannten Künstler zuzuschreiben.
„Ich habe mich häufiger gefragt, ob ich das könnte. Ich glaube ja - aber nur, wenn ich die Künstler persönlich kenne. Deswegen hat mich der Ansatz gereizt“, sagt die Videokünstlerin Anna Gold über ihre Teilnahme an dem Projekt. Aber geht das auch, wenn der Betrachter einer Ausstellung nur ein Porträtfoto und eine kurze, tonlose Videoaufnahme vom Künstler hat?
Diese Frage haben sich während einer zweiwöchigen Evaluationsphase auch 62 Probanden gestellt. Ausgerüstet mit 14 Fotokärtchen wurden sie nach kurzer Einweisung durch die Ausstellungshalle geführt und mussten jeder Arbeit ein Foto zuordnen. Aber wo und wie anfangen? „Man will das ja unbedingt richtig machen“, gibt einer der Probanden zu bedenken, „nur hat man überhaupt keine Anhaltspunkte“. „Am meisten befürchten die Teilnehmer, ihren eigenen Klischees zu erliegen“, erläutert Margret von Medem, welche die Ausstellung maßgeblich mitkonzipiert hat.
Die Idee dazu kam während eines Disputs zwischen zwei beteiligten Künstlern, die allesamt in dem Anfang März eröffneten Gebäude auf der Hospeltstraße ein Atelier haben. Auslöser war Johannes Ittens Buch „Kunst der Farbe“. Dort beschreibt der Schweizer Künstler ein Experiment. In einer Unterrichtsstunde sollten seine Schüler ihre eigene farbliche Harmonie auf ein Blatt Papier bringen – Itten selbst war dabei nicht zugegen. Später versuchte er, nur durch die Betrachtung der Bilder und seiner Schüler zu erkennen, wer welches Bild gemalt hatte, und lag damit – laut eigener Auskunft – immer richtig. „Er hat dabei nur auf äußere Merkmale wie Teint, Haar- und Augenfarbe geachtet“, so von Medem. Itten ist vor allem für seine Farbtheorie bekannt, noch bis zum 29. Juli läuft im Martin-Gropius-Bau eine große Retrospektive zur seiner Farblehre.
Und tatsächlich scheint es, als würden die Probanden intuitiv eine Verbindung herstellen zwischen dem Äußeren eines Menschen und den Farben seines Werks: Zwei Gemälde, die große Vasen in erdigen bis roten Nuancen zeigen, wurde am häufigsten dem niederländischen, dunkelhäutigen Künstler Erwin Lieveld oder der rothaarigen Künstlerin Ann-Kritistin Zoppe zugeordnet (von der tatsächlich eine Reihe Schwarz-Weiß-Fotografien stammt). „Ich habe zunächst zu einer Frau tendiert, weil die Farben und Formen des Bildes etwas sehr Weibliches haben. Aber das Motiv hat mich an meine Heimat Marokko erinnert, deswegen habe ich mich umentschieden“, erläutert eine Probandin ihre Entscheidung. Tatsächlich stammen die beiden Werke aus dem Pinsel von Felix Büchel, der aus Bergisch Gladbach stammt und an der Kunstakademie Düsseldorf in der Klasse von Herbert Brandl Malerei studiert.
Es sind eben doch häufig auch Gender-Klischees, die sich in der Zuweisung der Arbeiten widerspiegeln: Zwei glitzernde Mosaike der Künstlerin Ruth Minola Scheibler wurden ausschließlich den Fotos von Frauen zugeordnet. Anders bei der Video-Animation „Edwin“ von Anna Gold: „Bei meiner Arbeit gab es drei richtige Zuordnungen, die anderen 59 Probanden haben auf einen Mann getippt. Die beiden anderen teilnehmenden Künstlerinnen wurden nie als Urheber meiner Arbeit getippt – das ist schon ein extremes Ergebnis.“
Die Testphase wurden von einem Statistiker ausgewertet und die Ergebnisse am Vernissage-Abend – dann auch endlich in Gegenwart von allen Künstlern – präsentiert: Die Probanden hatten durchschnittlich nur eines von 14 Werken richtig zugepordnet.
„Das Itten-Experiment“, Atelierzentrum Ehrenfeld, Hospeltstr. 69, 50825 Köln, bis 27. Juni
„Ich habe mich häufiger gefragt, ob ich das könnte. Ich glaube ja - aber nur, wenn ich die Künstler persönlich kenne. Deswegen hat mich der Ansatz gereizt“, sagt die Videokünstlerin Anna Gold über ihre Teilnahme an dem Projekt. Aber geht das auch, wenn der Betrachter einer Ausstellung nur ein Porträtfoto und eine kurze, tonlose Videoaufnahme vom Künstler hat?
Diese Frage haben sich während einer zweiwöchigen Evaluationsphase auch 62 Probanden gestellt. Ausgerüstet mit 14 Fotokärtchen wurden sie nach kurzer Einweisung durch die Ausstellungshalle geführt und mussten jeder Arbeit ein Foto zuordnen. Aber wo und wie anfangen? „Man will das ja unbedingt richtig machen“, gibt einer der Probanden zu bedenken, „nur hat man überhaupt keine Anhaltspunkte“. „Am meisten befürchten die Teilnehmer, ihren eigenen Klischees zu erliegen“, erläutert Margret von Medem, welche die Ausstellung maßgeblich mitkonzipiert hat.
Die Idee dazu kam während eines Disputs zwischen zwei beteiligten Künstlern, die allesamt in dem Anfang März eröffneten Gebäude auf der Hospeltstraße ein Atelier haben. Auslöser war Johannes Ittens Buch „Kunst der Farbe“. Dort beschreibt der Schweizer Künstler ein Experiment. In einer Unterrichtsstunde sollten seine Schüler ihre eigene farbliche Harmonie auf ein Blatt Papier bringen – Itten selbst war dabei nicht zugegen. Später versuchte er, nur durch die Betrachtung der Bilder und seiner Schüler zu erkennen, wer welches Bild gemalt hatte, und lag damit – laut eigener Auskunft – immer richtig. „Er hat dabei nur auf äußere Merkmale wie Teint, Haar- und Augenfarbe geachtet“, so von Medem. Itten ist vor allem für seine Farbtheorie bekannt, noch bis zum 29. Juli läuft im Martin-Gropius-Bau eine große Retrospektive zur seiner Farblehre.
Und tatsächlich scheint es, als würden die Probanden intuitiv eine Verbindung herstellen zwischen dem Äußeren eines Menschen und den Farben seines Werks: Zwei Gemälde, die große Vasen in erdigen bis roten Nuancen zeigen, wurde am häufigsten dem niederländischen, dunkelhäutigen Künstler Erwin Lieveld oder der rothaarigen Künstlerin Ann-Kritistin Zoppe zugeordnet (von der tatsächlich eine Reihe Schwarz-Weiß-Fotografien stammt). „Ich habe zunächst zu einer Frau tendiert, weil die Farben und Formen des Bildes etwas sehr Weibliches haben. Aber das Motiv hat mich an meine Heimat Marokko erinnert, deswegen habe ich mich umentschieden“, erläutert eine Probandin ihre Entscheidung. Tatsächlich stammen die beiden Werke aus dem Pinsel von Felix Büchel, der aus Bergisch Gladbach stammt und an der Kunstakademie Düsseldorf in der Klasse von Herbert Brandl Malerei studiert.
Es sind eben doch häufig auch Gender-Klischees, die sich in der Zuweisung der Arbeiten widerspiegeln: Zwei glitzernde Mosaike der Künstlerin Ruth Minola Scheibler wurden ausschließlich den Fotos von Frauen zugeordnet. Anders bei der Video-Animation „Edwin“ von Anna Gold: „Bei meiner Arbeit gab es drei richtige Zuordnungen, die anderen 59 Probanden haben auf einen Mann getippt. Die beiden anderen teilnehmenden Künstlerinnen wurden nie als Urheber meiner Arbeit getippt – das ist schon ein extremes Ergebnis.“
Die Testphase wurden von einem Statistiker ausgewertet und die Ergebnisse am Vernissage-Abend – dann auch endlich in Gegenwart von allen Künstlern – präsentiert: Die Probanden hatten durchschnittlich nur eines von 14 Werken richtig zugepordnet.
„Das Itten-Experiment“, Atelierzentrum Ehrenfeld, Hospeltstr. 69, 50825 Köln, bis 27. Juni