A-Listen-Künstler, B-Movie-Kunst, Messekunst, Biennalekunst, Ausstellungskunst, Kitschkunst, Auktionshäuser, Galeristen, Großsammler, Künstler und das Kulturgutschutzgesetz. Niemand lachte, fluchte und stritt über den Kunstmarkt so wie Harald Falckenberg. Der Richter, Anwalt, Autor, Unternehmer, Kaufmann und Sammler in ihm kämpfte sich immer zu einer einzigartigen Meinung durch: Komplexe Zusammenhänge entlarvte er schnell als Absurditäten. Denn absurd durfte nur eines sein, die Qualität seiner eigenen Kunstsammlung.
Und hier wollte er viel davon sehen. Falckenberg selber, als eine Art hängengebliebenes Kind, sammelte pathologisch Gleichgesinnte: nicht Aussteiger, sondern vorzugsweise Künstlerinnen und Künstler, die niemals in eine Gesellschaft eingestiegen sind. Jonathan Meese und Jason Rhoades wären Paradebeispiele seines nordatlantischen Künstlermodells, die er allzu gerne in komplexen Installationen um sich hatte.
Arbeiten von Hanne Darboven oder Sarah Lucas wurden in Falckenbergs fünfstöckigen Ausstellungsräumen der Phoenix-Hallen in Hamburg-Harburg gerne mal durch spielfreudige Männlichkeit verklärt oder assimiliert, sehr zum Argwohn mancher, die seine Sammlung doch zu gerne in die weiß- männlich, brutal-ästhetische Ecke stellen wollten.
Alles wirkte eigen und verschroben
Hier führt der Trugschluss zum Ergebnis: Künstler und Werke neu oder in vollem Umfang zu sehen, hatte der Sammler erst möglich gemacht, denn mit allen Facetten der Kritik haben die Einzelschauen in den Phoenix-Hallen buchstäblich aufgeräumt. Keine retrospektiv westliche Werkschau-Romantik, sondern ein laboratorisches Spiel trieb die Einzelpräsentationen in andere Dimensionen. Dieses Spiel in den eigenen "vier Wänden" trug Früchte bis in die Deichtorhallen, die sich 2011 mit Falckenbergs Ausstellungshaus verbanden.
Ich persönlich erinnere mich noch gut an eine der ersten Ausstellungen, "Kuba, Bilder einer Revolution" im Jahr 2007, in denen die Innenarchitektur der Phoenix-Hallen eine besondere Verbindung mit den Werken einging. Milchige, schwarz-weiße Fotos eines Golf spielenden Che Guevaras entfalteten eine Art klimaintensive Präsenz in diesen weißen, aber rostdurchlässigen, fabrikartigen und hermetisch wirkenden Betrachtungsräumen, mit einer Treppenhausmixtur aus Dessauer Bauhaus, M.C. Escher und den Carringtons von der Fernsehserie "Dynasty".
Alles wirkte eigen und verschroben, aber zielgerichtet zu einer Aussage hin. Bis dato habe ich nirgendwo anders Ausstellungen gesehen, die alles so auf den Punkt gebracht haben wie dort. Wenn Harald Falckenberg selbst durch die Räume führte, dann wurde er schnell, überraschend schnell, in Motorik und Erzählung, fast so, als würde er in das glasklare Konzept der Räume eintauchen, die selbsterklärend den Exponaten zu seiner eigentlichen Bestimmung verhelfen.
Erkenntnisse so klar wie Wasser
"Das ist meine Hängung", fügte er gerne hinzu, und damit muss man an dieser Stelle den "Ausstellungsmacher" in Falckenbergs Tätigkeitsfeld aufnehmen. Keine Kunst ohne Umraum, kein Leben ohne Natur – oder was davon übrig blieb: eine riesige von Menschenhand umformatierte Installation.
Draußen hatte Harald Falckenberg mit allen üblichen gravitatorischen Kräften zu kämpfen, er hatte Familie, Freunde und eine bestimmte Körperlichkeit, mit der er manchmal durch die Welt wankte mit dem Ziel eines Steakhouses oder einer Bar, wo er seine Erkenntnisse so klar wie Wasser machen konnte. In Hamburg tauchte er ein, durchschwamm die ganze Welt, sammelte Treibgut und brütete in Harburg.
Das Ei ist gelegt, versaut es nicht.