Zwei Frauenfüße mit perfekt pedikürten Zehennägeln graben sich in einen Flokati-Teppich. Die Kamera ist so nah dran, dass man die Weichheit der pastellfarbenen Fasern zu spüren meint. Es ist ein vielsagender Beginn des Films "Priscilla" von Regisseurin Sofia Coppola, der wie eine Metapher für den weiteren Verlauf des Geschehens wirkt. Solange sich das Mädchen im Luxus ihres neuen Lebens einrichtet, geht es wie auf Wolken. Aber versuchen Sie mal, auf so einem Teppich mit dem nacktem Fuß aufzustampfen! Dann hört Sie nämlich keiner.
In ihrem neuesten Werk, das ab dem 1. März bei Mubi läuft, nimmt sich Sofia Coppola der Biografie von Priscilla Presley an, der zeitweiligen Ehefrau eines gewissen US-Musikers mit demselben Nachnamen. Die Handlung basiert auf dem Buch "Elvis and Me", in dem die heute 78-Jährige von ihrer Zeit mit dem "King of Rock'n'Roll" erzählt - und sich ein Stück Deutungshoheit über eine von Anfang an öffentlich geführte Beziehung zurückholt.
Formal ähnelt dieser Ansatz dem Aufbau von Coppolas Film "Marie Antoinette" von 2006. Eine weibliche Figur der Zeitgeschichte tummelt sich in dekadenter Umgebung (Elvis Presleys Anwesen Graceland ist so etwas wie das Versailles der US-amerikanischen Popkultur), während die Welt vor allem auf ihre Männer schaut. Die protzigen architektonischen Blasen sind gleichzeitig Orte des Exzesses, der Leere und der Melancholie. Michel Foucault würde sie vielleicht Heterotopien nennen: nicht ganz von dieser Welt, aber gleichzeitig Symptome für die Realität, in der sie existieren. Auch das Luxushotel in Tokio, in dem große Teile von Coppolas bekanntestem Werk "Lost in Translation" spielen, ist ein solcher Zwischenort.
Jegliches Interesse ergibt sich durch einen Mann
Anders als Marie Antoinette ist Priscilla Beaulieu Presley (Cailee Spaeny) jedoch keine Person mit realer Macht, die wie Marie Antoinette bereits in eine höfische Welt mit ihren eigenen Gesetzen und Ritualen hineingeboren wurde. Vielmehr geht es in Sofia Coppolas neuestem Film um eine Teenagerin, die durch die Aufmerksamkeit eines Weltstars selbst ins Rampenlicht gezerrt wird.
Jegliches Interesse der Öffentlichkeit an Priscilla ergibt sich durch einen Mann. Und es ist überraschend bis enttäuschend, dass die Regisseurin diesen Blick ziemlich ungebrochen übernimmt. Die Zuschauerinnen und Zuschauer erfahren nichts über die Hauptfigur, bevor sie Elvis als 14-Jährige auf einem Stützpunkt der US Army in Bad Nauheim kennenlernt. Und nichts über ihr Leben (das ist angesichts der historischen Fakten kein Spoiler), nachdem sie ihren offensichtlich drogensüchtigen und manipulativen Ehemann schließlich verlässt.
Auch der Film widmet sich ausschließlich dem Teil von Priscillas Leben, der von Elvis Presley überstrahlt wird. Wenn Priscilla ohne ihren Liebhaber in Graceland zu sehen ist, wartet sie meist sehnsüchtig auf die Rückkehr des Hausherrn und liest in Zeitschriften über seine angeblichen Liebschaften an verschiedenen Filmsets. Wenn sie mit anderen spricht, geht es ebenfalls um Elvis. Eine Solidarität unter den Frauen im Dunstkreis des Kings (die meisten arbeiten für ihn oder sind ihm ebenfalls verfallen) wird nicht etabliert.
Eigenwillige Romanze oder früher #MeToo-Fall
Die einzige Szene, in der sich Priscilla wirklich durchsetzt, spielt noch in Deutschland, wo ihr Vater beim Militär stationiert ist. Nachdem der ehemalige Rekrut Elvis Presley wieder in sein Popstar-Leben in die USA zurückgekehrt ist, hat er monatelang nichts von sich hören lassen. Doch dann genügt ein Anruf im Hause Beaulieu, und Priscilla setzt Himmel und Hölle in Bewegung, um gegen den Widerstand ihrer Eltern zu ihm nach Memphis zu reisen. Auch hier gilt ihr unbändiger Wille ausschließlich der Beziehung.
Die Liaison zwischen einer anfangs Minderjährigen und einem zehn Jahre älteren Musik-Idol hinterlässt heute zumindest einen unangenehmen Beigeschmack. Doch die Frage, ob es sich bei Elvis' Avancen um eine eigenwillige Romanze oder einen frühen #MeToo-Fall handelt, will der Film nicht tiefer behandeln. Als der selbst schon tablettenabhängige Sänger seiner jungen neuen Freundin bei ihrem ersten Besuch in Graceland Schlafmittel verabreicht, ist das der Anfang einer ungesunden Symbiose, in der Drogen sowohl Glückslieferanten als auch Katalysator für übergriffiges Verhalten durch Elvis sind. Den Schluss, dass die ganze Beziehung der beiden in einer Umwelt stattfindet, in der gefügige Partnerinnen den Status eines prominenten Mannes nur stärken, muss man selbst ziehen. Eine pointierte (und ziemlich lustige) Analyse dieses Machtgefälles liefert übrigens die schwedische Comiczeichnerin Liv Strömquist in ihrem Buch "I'm every Woman".
Priscillas Dasein als engmaschig kontrollierte Trophäe im goldenen Käfig inszeniert Sofia Coppola als opulent ausgestattetes Kostümdrama. Wie immer in ihren Filmen spielen Kleider, Konsumobjekte und Dekors eine zentrale Rolle. Hoffnungen, Sehnsüchte, Zukunftsentwürfe und die Möglichkeit ihres Scheiterns spiegeln sich in Parfumflakons, pinken Milkshakes, dem perfekten Lidstrich oder Flugtickets. Auch der glitzernde Soundtrack mit Alice Coltrane, den Ramones und Brenda Lee tragen zur ästhetischen Opulenz bei.
Gefühlvoller, aber obsessiver King
"Priscilla" ist kein realistisches Drama, sondern ein melancholischer Versuch über Sehnsucht, Nähe und Entfremdung. Anders als in Baz Luhrmanns "Elvis" steht die Karriere des "King" nicht im Mittelpunkt. Jacob Elordi (bekannt aus der Serie "Euphoria") spielt diesen als gefühlvollen, aber auch obsessiven und oft gnadenlosen und kindlich fordernden Mann, dessen Energie am Ende nur noch für Auftritte reicht, nicht für Empathie mit seiner Partnerin. Im letzten Filmdrittel liegt er fast nur noch im Bett - dem plüschigen Epizentrum des Films, an dem sowohl die hellsten als auch die dunkelsten Momente des Paares angesiedelt sind.
Trotzdem drängt sich der Eindruck auf, dass dem labilen Künstler mehr Facettenreichtum zugestanden wird als der eigentlichen Hauptfigur. Priscilla erträgt die Demütigungen und Restriktionen im Quasi-Hofstaat von Graceland meist rehäugig ergeben. Ihre wenigen Gefühlsausbrüche wirken dagegen etwas hölzern und werden schnell wieder eingefangen. Der Rest ist Resignation. Zuweilen wünscht man sich, der Film würde sich mehr für das Innenleben seiner Protagonistin interessieren - oder ihr eine Form von Grenzüberschreitung erlauben, die nicht nur aus wilden Nächten mit Elvis und seinen Jungs besteht.
Seit einigen Jahren werden in der Popkultur immer wieder die Biografien prominenter Frauen beleuchtet, deren Leiden unter dem gnadenlosen Blick einer mysogynen Öffentlichkeit ignoriert wurden. Einige aktuelle Beispiele dafür sind die Filme und Serien über Jackie Kennedy, Prinzessin Diana und Kaiserin Sisi. Dabei besteht die Gefahr, dass die Partnerinnen mächtiger Männer zu Heldinnen oder feministischen Märtyrerinnen umgedeutet werden - was den Porträtierten wiederum eine riesige Bürde auflädt und Widersprüche in ihren Biografien glättet.
Zwischentöne gehen verloren
Sofia Coppola meidet dieses Terrain und macht aus "Priscilla" keine klassische Emanzipationsgeschichte. Als die inzwischen Mutter gewordene Hauptfigur schließlich Graceland verlässt, bleibt unklar, ob sie gerade die beste oder die törichtste Entscheidung ihres Lebens trifft.
Doch es bleibt der Eindruck, dass die Regisseurin unbedingt die visuellen Verführungen und den Retro-Schick der Elvis-Mania einfangen wollte. Dabei übernimmt sie ein wenig zu oft den Fangirl-Blick auf das wohl glamouröseste Musik-Paar der 1960er-Jahre. Im Königreich des Rock'n'Roll gehen die Zwischentöne leicht verloren.