Podcast "Kunst und Leben"

Die radikale Offenheit der Tracey Emin

Die Britin Tracey Emin hat die feministische Kunst geprägt - sieht ihr Werk aber nicht nur politisch. Im Monopol-Podcast erzählt sie von ihrem inneren Drang zum Schaffen und wie sie es schafft, durchlässig zu bleiben

Die Künstlerin Tracey Emin wurde in den 1980er-Jahren als Teil der Young British Artists bekannt und hat in vier Jahrzehnten ein beeindruckendes und vielfältiges Werk aus Malerei, Skulptur, Installationen und Videoarbeiten geschaffen. Dabei trafen sich stets das eigene Erleben und Einflüsse aus der Kunstgeschichte. 

Vor einigen Jahren wurde bei der heute 61-Jährigen Blasenkrebs diagnostiziert - und auch mit ihrer Krankheit ist sie radikal offen umgegangen. Sie hat sich der Welt zugemutet, genauso wie sie es in ihrer Kunst schon immer getan hat. Ihr Werk wurde oft als confessional art beschrieben. Emin stickte die Namen aller ihrer Sexpartner auf die Innenseite eines Zelts und machte ihr zerwühltes Bett, in dem sie in einer Liebeskummerphase tagelang gelebt hatte, zum chaotischen Readymade. Außerdem thematisierte sie ihre Abtreibungen und verwandelte intime Bekenntnisse in Neonskulpturen.

Obwohl sie ihre Finger und Gedanken immer am popkulturellen und feministischen Zeitgeist hatte, spricht aus Tracey Emins Kunst auch eine tiefe Liebe zur europäischen Moderne. Gerade in ihren neueren Malereien lässt sich die existenzielle Rohheit eines Edvard Munch oder Egon Schiele erkennen. Trotzdem ist ihr Blick auf Körper, auch auf die versehrten, stets ein liebevoller. Nach dem britischen Pavillon auf der Venedig-Biennale 2007 hat die Künstlerin nun ihren zweiten großen Auftritt in Italien. Unter dem Titel "Sex and Solitude" sind in Florenz bis Mitte Juli Werke aus allen Schaffensphasen zu sehen. 

"Man muss keine Sozialistin sein, um sich umeinander zu sorgen"

Aus diesem Anlass hat Monopol-Redakteurin Saskia Trebing mit der Künstlerin gesprochen. In dieser Folge des Monopol-Podcasts berichtet sie von dem Interview und lässt Tracey Emin auch selbst zu Wort kommen. Dabei geht es unter anderem um den anti-feministischen Backlash und die zunehmend autoritäre Politik, die gerade überall auf der Welt zu beobachten ist. Sie wolle Kunst machen, solange sie könne, sagt Emin, weil Kunst eines der friedlichsten Dinge sei, die es gebe. 

Inzwischen hat die ehemalige Wahl-Londonerin, der stets eine urbane Coolness attestiert wurde, eine Ateliergemeinschaft mit Kunstschule im Küstenort Margate gegründet. So richtig politisch will Emin das aber nicht sehen. "Man muss keine Sozialistin sein, um gütig zu sein und sich umeinander zu sorgen", sagt sie im Podcast. Und trotzdem ist die Community, so formuliert es Saskia Trebing, auch ein Beispiel, wie Kunstschaffende lokale Netzwerke nutzen können, wenn staatliche Unterstützung fehlt. 

"Kunst und Leben" ist ein Monopol-Podcast in Kooperation mit Detektor.FM. Zweimal im Monat geht es um alles, was die Kunstwelt bewegt – von Künstlerinnen und Kuratoren bis hin zu politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen. Sie finden "Kunst und Leben", moderiert von Sara-Marie Plekat, überall, wo es Podcasts gibt - und direkt hier: