Die Geschichte von Patti Smith, es ist eine von ungezügeltem künstlerischem Drang während einer der wildesten Zeiten in einer der elektrisierendsten Städte der Welt. Die New Yorker Autorin und Musikerin ist längst von einer amerikanischen Kultfigur zur weltweiten Kultur-Ikone geworden. Die Menschen, die sie am meisten liebte, starben früh. Smith jedoch steht noch immer auf der Bühne, das nächste Mal zu ihrem 75. Geburtstag am Donnerstag (30. Dezember).
"Heute war Montag; ich war an einem Montag geboren. Es war ein guter Tag, um in New York einzutreffen. Niemand erwartete mich. Alles wartete auf mich", schreibt Smith in ihrem autobiografischen Bestseller "Just Kids" über ihre Ankunft in New York im Jahr 1967. Gerade hatte sie in New Jersey ein Kind geboren, es zur Adoption freigegeben und war in einen Bus in die Metropole gestiegen, um als junge Schreiberin ihr Glück zu suchen.
Die 1946 in Chicago Geborene schlägt sich zunächst mit Gelegenheitsjobs durch und lernt ihre erste große Liebe kennen, dessen Name noch heute in einem Atemzug mit ihr ausgesprochen wird: Robert Mapplethorpe. Kennengelernt habe sie den Künstler per Zufall, als sie eigentlich auf der Suche nach Freunden an einer Wohnung klopfte, erinnert sich Smith.
Eine Welt aus einem Märchen
"Ich bin in einen Raum gegangen und da schlief ein Junge, auf einem kleinen Eisenbett, mit einer Masse dunkler Locken. Als ich reinkam, wachte er auf und lächelte mich an." Die beiden werden ein Paar, bis Mapplethorpe sich Männern zuwendet. Unzertrennlich blieben die beiden trotzdem, bis er 1989 an den Folgen von Aids starb.
In "Just Kids", Smiths Lobgesang auf ihre Freundschaft mit Mapplethorpe, zeichnet sie auch ein anderes Bild des Alltags am Existenzminimum in New York, als die Klischees von Woodstock und Hippietum es nahelegen können. Und trotzdem ist es eine Welt wie aus einem modernen Märchen, wenn Smith von ihrer - so sehr von Männern dominierten - Zeit im berühmten Chelsea Hotel in Manhattan erzählt, wo Schriftsteller wie Jack Kerouac oder Allen Ginsberg ein und aus gingen. Ein Leben in Unsicherheit. Aber ein Leben in Freiheit.
Smith versucht in dieser Zeit mit allen Mitteln, ihre Karriere als Künstlerin voranzutreiben, schreibt unermüdlich und gibt Lesungen. Eher zufällig kommt Musik zu den Auftritten dazu, und 1975 schafft Smith mit dem Album "Horses" den Durchbruch - auch wegen des heute weltberühmten Titelfotos, das der inzwischen weltberühmte Fotokünstler Mapplethorpe von ihr macht.
Im selben Jahr bekommt sie bei einem Konzert sogar Besuch von Bob Dylan, wie sie kürzlich dem "Guardian" erzählte: "Es war eine große Sache, weil Bob Dylan eigentlich nicht zu irgendjemandem ging, er war ziemlich rätselhaft." Die beiden freundeten sich an und gingen regelmäßig zusammen spazieren. Jahrzehnte später nahm Smith für ihn sogar den Literaturnobelpreis entgegen.
Keine Musikerin, sondern Performerin
Smiths Auftritte in den 70ern und danach galten als legendär energetisch - schon bald wurde sie als "Godmother of Punk" bekannt. Dabei sah sie sich, obwohl sie noch ein paar weitere Alben herausbrachte, selber nie als Musikerin. "Ich singe, aber das macht fast jeder. Ich bin Performer und wenn ich nicht auftrete, dann bin ich Mutter, ich habe eine Katze, ich bin Einzelgänger, ich schreibe jeden Tag. Ich sehe mich als Schreiberin", sagte sie einmal dazu.
In den 80ern und 90ern wurde es stiller um Smith, als sie mit Musiker Fred Smith in Detroit eine Familie mit zwei Kindern gründete. Er starb 1994 mit nur 45 Jahren an Herzversagen. Zu ihren Kindern hat sie eine enge Bindung - und lernte von Tochter Jesse ihr Bewusstsein für den Klimaschutz, wie Smith dem "Guardian" erzählte: "Sie hat mir sogar das Recycling beigebracht. Ich werde dieses Jahr 75 Jahre alt, ich habe viele Veränderungen in Bereichen gesehen, die einst schön waren. Es ist schon viel zerstört worden - und junge Leute werden da hineingeboren, sie sind wütend."
Und es gehört zu Smith, dass sie ständig weiter wächst und sich auf Neues einlässt. Mittlerweile ist sie aktiv auf Instagram. Auf ihre ganz eigene Art dokumentiert sie dort unter anderem ihren Schreibprozess in Versform: "Dies ist/nur ein Erwachen. Ich versuche/die Fäden eines Traums zu ergreifen/und alles aufzuschreiben. Ohne/Kaffee oder Haarbürste."