Diese Frage steht über den künstlerischen Beiträgen der Studierenden aus der Klasse von Mariana Castillo Deball von der Kunstakademie Münster. Aktuell bespielen sie den großen "Kinosaal" (der Name trügt – nur eine Videoarbeit ist hier zu sehen) und die darüberliegende Empore. Wenn die Kunsthalle Düsseldorf ein Körper ist, bildet ihr Archiv das Erinnerungsorgan, das über eine eigene Dynamik und Wahrnehmungsweise verfügt, so heißt es in der Einführung der teilnehmenden KünstlerInnen.
Angelika Rauf triggert die persönlichen Erinnerungen der BesucherInnen ganz explizit: Am Eingang zum Emporensaal fordert sie dazu auf, mit einem Klemmbrett, Papier und Stift gewappnet auf einem der Sitzsäcke Platz zu nehmen und ihren Soundarbeiten über Kopfhörer zu lauschen. Darin erzählen Menschen von den Räumen, in denen sie aufgewachsen sind, beschreiben Architektur, Fußböden, Fenster, während beim Zuhören im Kopf ein Bild entsteht. Die Notizen, die die Besucherinnen wie beim "Telefonkritzeln" zeichnen, werden an die Wand gepinnt und hinterher als eigenes kleines Archiv gesammelt. Jeder hört dasselbe, jede verknüpft es mit einem anderen Bild.
Auf persönliche Assoziationen und Erinnerungen der BesucherInnen hat es auch Donja Nasseri abgesehen. Angezogen von Stimmen, die hinter einem halb-blau-halb-rosafarbenen im Kreis gehängten Vorhang heraustönen, findet man sich vor einer Videoinstallation aus drei im Dreieck angeordneten Monitoren wieder. Aus dem Stimmengewirr lassen sich einzelne Satzfragmente heraushören, die um Geschlechterklischees und Rollenbilder kreisen, und die, wenn auch unbewusst, eine Reaktion oder persönliche Antwort provozieren. "Als erstes Kind möchte ich einen Jungen haben", oder. "Wieso wünscht man sich keine Brüste?"
Veronika Simmering treibt das Mittel der Partizipation noch ein Stück weiter: bei ihr wird der Ausstellungsraum zur Meditationsinsel. Hinter einem weißen Vorhang sind blaue Sitzkissen auf dem Boden verteilt, an 13 Tagen sind die BesucherInnen eingeladen, an einer Meditationsstunde teilzunehmen. Gegenwart ohne Archiv, heißt die "Arbeit", bei der Erinnerungen hervorgebracht werden sollen, ohne sie zu werten, einzuordnen oder aufzubewahren.
Text: Leonie Pfennig